Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
Kastellan sie wirklich hatte schinden können.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass es dem Jungen gut ging, an dem ihm mehr lag, als an seinem Leben, machte sich der Alte auf den Weg zu Menno, um zu erfahren, was dieser bei der Befragung der Gefangenen herausgefunden hatte. Er ließ Ragnor, auf dessen eigenen Wunsch hin, bei dem Mädchen zurück und freute sich still über die Fürsorge des Jungen, und seinem Vorsatz für einen wehrlosen Mitmenschen Verantwortung übernehmen zu wollen.
Als er am vereinbarten Treffpunkt, der Wachstube am Eingang des Palais, angelangt war, wo Hauptmann Kufur seinen Kommandostand eingerichtet hatte, war Menno noch nicht zurück von seiner Befragung. Geduldig ließ sich der Alte auf einem Stuhl nieder, den ihm der Bursche des Hauptmanns als Sitzgelegenheit anbot. Er nahm dankbar eine große Tonschale mit heißem Kallatee in Empfang, die ihm der Junge diensteifrig gereicht hatte, nachdem er sich gesetzt hatte. Dabei beobachtete er das rege Treiben in der Amtsstube, während er auf Menno oder irgendeine Nachricht von ihm wartete.
Hauptmann Kufur ließ derweil alle Wagen und Lasttiere, die man auf der Burg gefunden hatte, mit allem Verwertbaren beladen, was in der weitläufigen Festung zu finden war. Das konnten sie sich nun erlauben, da mit der Rückkehr des Kastellans frühestens in sechs bis sieben Tagen zu rechnen war. Gleichzeitig bereiteten seine Männer alles vor für die möglichst effiziente Entfachung einer Feuersbrunst, um so viel wie möglich von Burg Monstein durch Brand zu zerstören. Das Feuer würde entzündet werden, wenn sie, vermutlich gegen Mittag, des gerade herauf dämmernden Tages aufbrechen würden. Auch wurden hier in der Stube die Wertgegenstände, welche in der Burg und bei den Gefangenen gefunden worden waren, zentral registriert und in einer großen Kiste verwahrt. Lars konnte dabei über die Disziplin der Milizionäre nur staunen, die immer wieder hier auftauchten und meist Schmuck und Münzen abgaben. Das Selbstverständnis der Bauern, die hier Dienst taten, und die drakonischen Strafen für Plünderer im Kaarborger Militärrecht kombiniert mit einem fairen Beuteanteil für die Soldaten, der immer in Kaarborger Münzen mit dem Sold ausbezahlt wurde, schienen ein hohes Maß an Ehrlichkeit zur Folge zu haben.
Er hatte gerade seine Teeschale geleert, als Menno eintrat. Lars stellte sie beiseite und fragte, innerlich bebend, und nur scheinbar ruhig: "Nun, was hast du erfahren?"Menno antwortete traurig und sichtlich erschüttert: "Ich habe sie gefunden. Tana lag in einem kleinen, kalten Keller unterhalb des Torhauses. Ich habe sie gleich erkannt und sofort veranlasst, sie in weißes Leinen kleiden zu lassen für ein würdiges Begräbnis. Es wird eine Stunde nach Sonnenaufgang stattfinden. Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich die Mutter des kleinen Mädchens neben Tana begraben. Ich werde nachher gleich eine schöne Stelle außerhalb der Burg dafür aussuchen. Möchtest du nicht mitkommen, um mir dabei zu helfen?"Lars stand auf und sagte mit Tränen in den Augen, aber gefasst: "Ja! Ich werde mitkommen und die Mutter des Mädchens wird mir willkommen sein. Dann hat Tana eine Gefährtin auf ihrem Weg zu Ama. Komm, lasse uns gleich aufbrechen."
Am Burgtor erwarteten sie bereits zwei Milizionäre mit Schaufeln aus Eisenholz, die sie begleiten würden, um dann, an der gewählten Stelle, die Gräber auszuheben. Menno und Lars schritten vorne weg, über einen kleinen Nebenweg, in den Wald hinab, und Menno berichtete, was er über das Mädchen und seine unglückliche Mutter erfahren hatte: "Sie muss eine Frau von Adel gewesen sein, die verschleppt worden ist, weil sie und ihr Kind einem Mächtigen im Weg waren. Sie ist bereits drei Jahre hier und das Mädchen war gerade mal drei Jahre alt, als sie hierher gebracht wurden. Lange Zeit wurden sie nur gefangen gehalten und musste dem Kastellan zu Willen sein, dem es gefiel, sie zu erniedrigen und zu missbrauchen. Aber vor etwa sechs Wochen erschien ein Bote mit einer versiegelten Schriftrolle, offensichtlich ein Mann aus Lorca, wie mir glaubhaft versichert wurde. Am selben Tag wurden Mutter und Tochter ins Verließ gesperrt, und die Folterei begann, an der sie schließlich auch gestorben ist. Soweit meine Gefangenen berichten konnten, sollte sie ein Versteck verraten, an dem irgendwelche wertvollen Insignien versteckt sein sollen. Wie ich in Erfahrung bringen konnte, soll sie beharrlich haben, trotz der
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