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Der Weg Nach Tanelorn

Der Weg Nach Tanelorn

Titel: Der Weg Nach Tanelorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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verharrte.
     
    DAMIT ENDET DIE ZWEITE CHRONIK
    VON BURG BRASS



 
ERSTES BUCH
     
    Welt im Wahnsinn – Ein Held der Träume

 
1. Ein alter Freund auf Burg Brass
     
    »Verloren?«
    »Ja.«
    »Aber nur Träume, Falkenmond. Verlorene Träume?« Der Ton war fast pathetisch.
    »Ich fürchte, nein.«
    Die kräftige Gestalt des Grafen Brass trat vom Fenster zurück, so dass plötzlich Licht auf Falkenmonds hageres Gesicht fiel. »Ich wollte, ich hätte zwei Enkel! Wie sehr ich mir das wünschte! Vielleicht, eines Tages …«
    Es war ein bereits so oft wiederholtes Gespräch, dass es schon fast zum Ritual geworden war. Graf Brass mochte keine Rätsel und Unklarheiten. Sie waren seinem offenen Charakter zuwider.
    »Es waren ein Junge und ein Mädchen.« Falkenmond war noch immer müde, aber es steckte kein Wahnsinn mehr in ihm. »Manfred und Yarmila. Der Junge war dir sehr ähnlich.«
    »Wir haben es dir gesagt, Vater.« Yisellda trat mit den Händen unter der Brust verschränkt aus dem Schatten am Kamin. Ihr grünes Gewand war am Hals und an den Ärmeln mit Hermelin besetzt. Seit ihrer Rückkehr mit Falkenmond vor einem Monat war sie sehr blass. »Wir sagten es dir – und wir müssen sie finden.«
    Graf Brass fuhr sich durch das graumelierte rote Haar und zog die roten Brauen zusammen. »Ich glaubte Falkenmond nicht – aber euch beiden glaube ich jetzt, wider meinen Willen.«
    »Deshalb auch dein ständiges Argumentieren, Vater.« Yisselda legte ihre Hand auf seinen Brokatärmel.
    »Bowgentle könnte möglicherweise diese Paradoxa erklären«, murmelte Graf Brass. »Doch einen anderen gibt es nicht, der die richtigen Worte fände, damit ein einfach denkender Krieger wie ich sie versteht. Ihr seid der Meinung, ich wäre aus dem Tod zurückgeholt worden, aber ich habe keine Erinnerung an das Sterben. Und Yisselda wurde aus dem Nichts befreit, dabei war ich überzeugt, dass sie in der Schlacht von Londra fiel. Nun sprecht ihr von Kindern, die auch irgendwo im Nichts sein sollen. Ein grauenvoller Gedanke! Kinder, die solche Schrecken erdulden müssen! Nein, diese Möglichkeit will ich nicht in Betracht ziehen.«
    »Aber wir müssen es.« Falkenmond sprach mit der Entschlossenheit eines Mannes, der viele einsame Stunden mit seinen düstersten Gedanken gekämpft hat. »Nichts wird uns daran hindern, alles zu tun, um sie zu finden. Deshalb brechen wir heute nach Londra auf, in der Hoffnung, dass vielleicht Königin Flanas Wissenschaftler imstande sind, uns zu helfen.«
    Graf Brass zupfte an seinem dicken roten Schnurrbart. Die Erwähnung Londras weckte andere Gedanken in ihm. Eine Spur von Verlegenheit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Er räusperte sich.
    Yisselda lächelte voll gütigen Humors. »Hast du eine Botschaft an Königin Flana?«
    Ihr Vater zuckte die Schultern. »Die üblichen freundschaftlichen Wünsche und Grüße. Ich habe vor, ihr zu schreiben. Vielleicht reicht mir die Zeit für einen Brief, ehe ihr abreist. «
    »Sie würde sich bestimmt mehr freuen, wenn du selbst mitkämst.« Sie warf Falkenmond, der sich den Nacken rieb, einen verschwörerischen Blick zu. »In ihrem letzten Brief an mich schrieb sie, wie glücklich sie über deinen Besuch gewesen ist. Sie erwähnte deine weisen Ratschläge und deinen gesunden Menschenverstand in Staatsangelegenheiten. Sie ließ durchblicken, dass sie dir eine hohe Stellung auf dem Hof von Londra anbieten möchte.«
    Graf Brass’ ohnedies dunkles Gesicht färbte sich noch tiefer rot. »Sie erwähnte etwas Ähnliches. Aber sie braucht mich nicht in Londra.«
    »Vielleicht nicht der Ratschläge wegen«, meinte Yisselda. »Aber möglicherweise deine Freundschaft. Sie war den Männern früher nicht abgeneigt. Aber seit d’Avercs schrecklichem Ende … Ich habe gehört, dass sie keine Gedanken an eine Heirat hegt, doch hörte ich auch, dass sie Überlegungen wegen der Erbfolge anstellt. Nun gibt es ihrer Meinung nach lediglich einen einzigen Mann, der ihr vielleicht soviel bedeuten könnte wie Huillam d’Averc. Ich fürchte, ich drücke mich ein wenig unbeholfen aus …«
    »Das tust du allerdings, Tochter. Aber es ist verständlich, denn andere Gedanken beschäftigen dich. Ich bin jedoch gerührt von deiner Bereitschaft, dich mit meinen so unbedeutenden Angelegenheiten zu befassen.« Graf Brass lächelte und legte einen Arm um Yisselda. Der Brokatärmel fiel zurück und offenbarte seinen bronzefarbigen muskulösen Unterarm. »Aber ich bin zu alt, mich noch einmal zu

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