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Der Weg Nach Tanelorn

Der Weg Nach Tanelorn

Titel: Der Weg Nach Tanelorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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den Helm von seinem Kopf und stellte sich Saka Gerden ohne ihn zum Kampf. Und schon hieben die beiden aufeinander ein.
    Falkenmond war nun schon ganz nahe. Und während er sich automatisch gegen seinen eigenen Angreifer wehrte, kannte er nur ein Ziel: zu Graf Brass zu gelangen.
    Da sah Falkenmond einen Reiter vom Ziegenorden mit der Lanze in der Hand von hinten auf Graf Brass einstürmen. Falkenmond schrie, gab seinem Pferd die Sporen und stach das Schwert der Morgenröte tief in die Kehle des Ziegenreiters, gerade als Graf Brass Saka Gerdens Schädel spaltete.
    Falkenmond schob den toten Ziegenkrieger aus dem Sattel und rief:
    »Ein Pferd für Euch, Graf Brass.«
    Der Graf grinste Falkenmond dankbar an und schwang sich auf den Rücken des Rosses. Sein Spiegelhelm blieb vergessen im Schlamm liegen.
    »Danke!« brüllte er nun durch den Schlachtenlärm. »Wir müssen zusehen, dass wir uns für den Endkampf neu formieren.«
    Ein irgendwie merkwürdiges Echo hing seiner Stimme nach. Falkenmond schwankte im Sattel, als der Schmerz durch das Schwarze Juwel immer schlimmer wurde. Er hielt in dem Getümmel Ausschau nach Yisselda, ohne sie jedoch zu finden.
    Sein Pferd galoppierte immer schneller, und der Schlachtenlärm blieb hinter ihm zurück-. Und dann saß er überhaupt nicht länger auf seinem Rücken. Der Wind hatte ihn erfasst. Ein kräftiger, kalter Wind, wie der Mistral der Kamarg.
    Der Himmel verdunkelte sich. Das Schlachtfeld lag weit zurück. Er fiel durch die Nacht. Wo zuvor Männer um ihr Leben gefochten hatten, wiegte sich jetzt das Rohr im Wind. Glitzernde Lagunen dehnten sich unter ihm aus und weite Marschen. Er hörte das traurige Heulen des Marschfuchses und hielt es für Graf Brass’ Stimme.
    Und mit einemmal hatte der Wind nachgelassen.
    Er versuchte, sich mit eigener Hilfe zu bewegen, aber etwas zerrte an ihm. Er trug nicht länger den Spiegelhelm und hielt auch das Schwert nicht mehr in der Hand. Er begann wieder klarer zu sehen, als der grauenvolle Schmerz in seinem Kopf nachließ.
    Er steckte bis zum Hals im Sumpf. Es war Nacht. Das Moor wollte ihn immer weiter schlucken. Vor sich sah er ein Pferd. Er griff danach, aber er konnte nur einen Arm freibekommen. Jemand rief seinen Namen, doch er glaubte, es wäre ein Vogelschrei.
    »Yisselda«, flüsterte er. »O Yisselda!«

 
5. Einem Traum gleich
     
    Ihm war, als wäre er bereits tot. Erinnerung und Phantasie vermischten sich als er darauf wartete, dass die Marsch ihn verschluckte. Gesichter zeichneten sich ab. Er sah plötzlich das vertraute Gesicht Graf Brass’, das, während er es beobachtete, älter zu werden schien. Er sah Oladahns, Bowgentles, d’Avercs, Yisseldas; er sah Kalan von Vitalls und Taragorms Palast der Zeit. Tiermasken starrten ihn von allen Seiten an. Er sah Rinal vom Geistvolk, Orland Fank vom Runenstab und seinen Bruder, den Ritter in Schwarz und Gold. Wieder sah er Yisselda. Aber sollten da nicht auch noch andere Gesichter sein? Kindergesichter? Und weshalb verwechselte er sie mit dem von Graf Brass? Graf Brass als Kind? Er hatte ihn doch damals gar nicht gekannt. Er war zu dieser Zeit ja noch nicht einmal auf der Welt gewesen.
    Graf Brass’ Gesicht wirkte besorgt. Es öffnete die Lippen. Es sprach.
    »Seid Ihr es, Freund Falkenmond?«
    »Ja, Graf Brass. Ich bin es, Falkenmond. Werden wir zusammen sterben?«
    Er lächelte die Vision an.
    »Er spricht immer noch im Wahn«, sagte eine betrübt klingende Stimme, die nicht Graf Brass gehörte. »Es tut mir leid, mein Lord. Ich hätte ihn zurückhalten sollen.«
    Falkenmond erkannte Hauptmann Vedlas Stimme.
    »Hauptmann Vedla? Seid Ihr gekommen, um mich ein zweites Mal aus dem Moor zu ziehen?«
    Ein Strick landete neben Falkenmonds freiem Arm. Automatisch schlüpfte er mit dem Handgelenk durch die Schlinge. Jemand zerrte an dem Seil. Langsam wurde er aus dem Sumpf gezogen.
    Sein Kopf schmerzte noch entsetzlich, als wäre das schwarze Juwel nie entfernt worden. Doch allmählich schwand der Schmerz, und er konnte etwas klarer denken. Weshalb sollte er ein verhältnismäßig unbedeutendes Ereignis – auch wenn er dabei fast den Tod gefunden hätte – ein zweites Mal erleben?
    »Yisselda?« Er suchte unter denen, die sich zu ihm herabbeugten, nach ihrem Gesicht. Aber seine so lebhafte Phantasie hielt immer noch an. Statt ihrer sah er Graf Brass, umgeben von seinen kamarganischen Kriegern. Es war überhaupt keine Frau unter ihnen.
    »Yisselda?« fragte er erneut.
    »Kommt, Junge«,

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