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Der Weg Nach Tanelorn

Der Weg Nach Tanelorn

Titel: Der Weg Nach Tanelorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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hast du getan.«
    »Jawohl, mein Lord.« Voisin zögerte. »Soll ich sagen, dass Euer Gesundheitszustand nicht erlaubt …«
    Falkenmond wollte nicken, doch dann änderte er seinen Entschluss. Er stützte sich aufs Bett und erhob sich. »Nein, ich werde den Besuch empfangen. In der Halle.«
    »Möchtet Ihr Euch erst – frisch machen, mein Lord? Heißes Wasser …«
    »Nein, ich werde den Gast in einigen Minuten begrüßen.«
    »Ich richte es aus.« Ein wenig hastig verließ Voisin Falkenmonds Gemach, ganz offensichtlich verstört über Falkenmonds Entschluss.
     
    Mit voller Absicht, um zu schockieren, machte Falkenmond keine Anstalten, etwas zur Verschönerung seines Aussehens zu unternehmen. Sollte der Besuch ihn nur so sehen, wie er war.
    Außerdem war er ganz bestimmt wahnsinnig. Selbst der Gast konnte eine seiner Phantasievorstellungen sein. Er mochte sich irgendwo und überall befinden – im Bett, an seinen Tischen, ja selbst auf einem Ritt durch die Marschen –, und sich nur einbilden, dass jemand ihn zu sprechen bat. Als er sein Schlafgemach verließ und durch den Raum mit seinen Tischen schritt, streifte er mit seinen schmutzigen Ärmeln ganze Reihen von Zinnsoldaten, dann warf er absichtlich ein paar Türme von Londra um, und stieß mit dem Fuß so wild gegen ein Tischbein, dass die ganze Stadt Köln erbebte.
    Das Licht der farbigen Fenster an beiden Enden des Korridors blendete ihn, und er blinzelte.
    Dann schritt er zum Treppenaufgang, der zur großen Halle hinunterführte. Er fühlte sich so schwindlig, dass er sich ans Geländer klammern musste. Seine Schwäche amüsierte ihn. Er freute sich auf den Schock seines Besuchers, wenn er ihn erblickte.
    Ein Diener eilte herbei, um ihm zu helfen, und Falkenmond stützte sich schwer auf den Arm des jungen Mannes, als sie ganz langsam hinunterstiegen.
    Und endlich hatte Falkenmond die Halle erreicht.
    Eine Gestalt in Rüstung bewunderte gerade eine von Graf Brass’ Schlachttrophäen – eine Lanze und einen verbeulten Schild, die er vor vielen Jahren während der- Stadtkriege am Rhein von Orson Kach erobert hatte.
    Falkenmond erkannte die Gestalt nicht. Sie war nicht sonderlich groß, war untersetzt, und ihre Haltung und Bewegungen wirkten ein wenig herausfordernd. Sicher einer von Graf Brass’ alten Kriegskameraden, als er noch Söldnergeneral gewesen war.
    »Seid gegrüßt«, krächzte Falkenmond. »Ich bin der gegenwärtige Hüter von Burg Brass.«
    Die Gestalt drehte sich um. Kühle graue Augen musterten Falkenmond von oben bis unten. Ihr Gesicht verriet keinen Schock, ja war absolut unbewegt, als sie auf ihn zutrat und ihm die Hand entgegenstreckte.
    Es war im Gegenteil nun Falkenmonds Gesicht, das Überraschung verriet.
    Denn sein Besucher, der in einer eisernen Rüstung steckte, war eine Frau von mittleren Jahren.
    »Herzog Dorian?« sagte sie. »Ich bin Katinka van Bak. Ich bin seit vielen Nächten unterwegs.«

 
4. Neuigkeiten von hinter den Bulgarbergen
     
    »Ich bin in dem jetzt von der See bedeckten Hollandien geboren«, erklärte Katinka van Bak. »Meine Eltern waren allerdings Kaufleute aus Moskovia. In den Kämpfen zwischen unserem Land und den Belgischen Staaten wurden Vater und Mutter getötet und ich gefangen genommen. Eine Weile diente ich im Gefolge des Prinzen von Berlin. Er hatte die Belgier in ihrem Krieg unterstützt, und ich gehörte zu seinem Beutegut.« Sie hielt inne, um sich noch eine Scheibe kalten Bratens auf ihren Teller zu legen. Ihre Rüstung hatte sie abgelegt und trug nun ein einfaches Seidenhemd und eine blaue Baumwollkniehose. Und obgleich sie ihre Ellbogen auf den Tisch stützte und sich ungezwungen und ganz unladylike benahm, war sie doch nicht unfeminin, und Falkenmond stellte bald fest, dass sie ihm sehr gefiel.
    »Ich verbrachte fast die ganze Zeit mit Kriegern, und so erwuchs in mir bald das Bedürfnis, es ihnen gleichzutun. Es machte ihnen Spaß, mir beizubringen, mit Schwert und Bogen umzugehen, und sie amüsierten sich, wenn ich mich absichtlich selbst dann noch dumm stellte, als ich schon lange gut damit umzugehen verstand. Dadurch erweckte ich ihren Argwohn nicht, was meine Pläne betraf.«
    »Ihr beabsichtigtet zu fliehen?«
    »Ein wenig mehr als das.« Katinka van Bak lächelte und wischte sich über die Lippen. »Der Zeitpunkt kam, da Prinz Lobkowitz von meiner Exzentrizität erfuhr. Ich erinnere mich an sein Gelächter, als man ihn zu dem Platz außerhalb der Mädchenunterkünfte führte. Der Soldat,

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