Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
Humor zur Begrüßung an einem Ort, der unter Umständen sehr düstere Erfahrungen bereithalten konnte.
»Ob du es glaubst oder nicht, Tony«, flüsterte Maggie, »so hart es hier manchmal sein kann, ist das doch eines der inspirierendsten, wunderbarsten Krankenhäuser, in dem ich je gearbeitet habe. Mein bislang bester Job.«
»Wenn du es sagst«, lautete sein Kommentar. Es überraschte ihn, wie offen und luftig die Eingangshalle war, gut beleuchtet und sauber. Zur Linken gab es Spielhäuser für Kinder und sogar ein Starbucks mit der üblichen Schlange Kaffeesüchtiger. Maggie betrat einen vollen Aufzug und drückte die Taste für den zehnten Stock.
»10 Süd, pediatrische Onkologie«, erklärte sie Tony laut. Zu spät merkte sie, wie befremdlich das auf die anderen Leute im Aufzug wirken musste. Auf ein paar Blicke und Lächeln in ihre Richtung folgte während der restlichen Fahrt ein unangenehmes Schweigen. Die Mitfahrer schienen so schnell wie möglich auszusteigen.
Maggie verließ beim »Seepferdchen« den Aufzug. Jede Etage und Abteilung trug einen Tier- oder Märchennamen. Sie kamen an der nicht onkologischen Normalpflegestation vorbei, von dort ging es über die »Sanddollar« genannte Klinikzone weiter zum »Seestern«, der Hämatologie/Onkologie. Bevor sie eintrat, flüsterte Maggie: »Das sind meine Freunde. Also benimm dich, bitte.«
»Aye, aye«, antwortete Tony. »Maggie«, sein Tonfall veränderte sich, »ich danke dir!«
»Gern geschehen.« Maggie schob die Tür auf.
»Maggie!«
»Hallo, Misty!«
Am Empfangstisch wurde Maggie von einer Brünetten umarmt, die deutlich größer war als sie. Maggie verkniff sich gerade noch den sonst üblichen Wangenkuss. Die Dinge waren auch so kompliziert genug.
»Hast du heute Dienst?«
»Nein. Ich wollte nur kurz bei Lindsay vorbeischauen.«
Verschiedene Kolleginnen und Kollegen, die gerade telefonierten oder anderweitig beschäftigt waren, begrüßten Maggie lächelnd und freundlich winkend.
»Sprich doch mit Heidi. Sie war erst vor ein paar Minuten bei ihr. Ich war vollauf mit der Regelung des Besucherverkehrs beschäftigt, wie immer. Ah, da kommt sie ja.«
Maggie drehte sich um und wurde von einer kessen, sympathisch lächelnden Blondine umarmt. »Hey, Maggs. Willst du Lindsay besuchen?«
Maggie nickte, und Heidi fuhrt fort: »Sie hat heute ein paar Stunden gespielt, und jetzt ist sie rechtschaffen müde. Vielleicht schläft sie schon, wenn du auf ihr Zimmer kommst. Sie ist eine Kämpferin und so bezaubernd. Ich würde sie mit zu mir nach Hause nehmen, wenn ich dürfte.«
»Ich würde sie auch gerne nach Hause holen«, stimmte Maggie zu. Tony konnte das Ziehen in ihrem Herzen spüren. »Ich schaue nur kurz herein und setze mich ein paar Minuten zu ihr. Eigentlich bin ich unterwegs in die Neuro.«
Heidi hob die Augenbraue. »Ist da etwas, weswegen ich mir Sorgen machen muss?«, fragte sie.
»Bist du etwa krank?«, fragte Misty.
»Oh nein, aber dort liegt ein … Freund.«
»Ich muss weiter. Es geht hier mal wieder rund«, sagte Heidi und umarmte Maggie wieder. »Viele von uns hier beten für Lindsay, Maggie.«
»Danke«, antwortete Maggie. »Das ist das beste Geschenk, das ihr uns im Moment machen könnt.«
Tony schwieg. Die Emotionen und der fürsorgliche Umgang der Kolleginnen miteinander berührten ihn. Maggie kannte den Weg über den Flur zu Zimmer 9.
»Deine Freundinnen sind lieb«, sagte Tony, »und echt süß.«
»Hah!« Maggie kicherte leise. »Die Leute hier sind einfach super. Aber unterschätze die beiden nicht! Die Ananas-Prinzessin, also Misty, ist der Wachhund der Station. Wenn du versuchst, etwas an ihr vorbeizuschmuggeln, wird sie dir den Kopf abreißen und ihn erst wieder herausrücken, wenn du das Krankenhaus verlässt. Und mit Heidi, der Kammerzofe, solltest du es dir besser auch nicht verscherzen. Sie ist hier als das blonde Dynamit bekannt, denn sobald du Ärger machst, wird sie ziemlich explosiv.« Sie lachte wieder still in sich hinein, ehe sie fortfuhr: »Und komm bloß nicht auf die Idee, meinen Freundinnen nachzustellen, wenn du wieder gesund bist! Ich habe dich gegoogelt. Du hast ja einen wirklich schlechten Ruf, was Frauen angeht.«
Leise öffnete Maggie die Tür zu dem Krankenzimmer. Ein fragil aussehendes Mädchen lag dort im Bett und schlief fest. Ihr kahler Kopf verstärkte noch die Aura kindlicher Schönheit und Unschuld, die es umgab. Sie hielt einen Plüschdinosaurier im Arm. Nach den Stachelschuppen
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