Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
das Wartezimmer. Maggie blieb stehen und ließ den Blick über die Besucher schweifen, die sich entweder unterhielten oder in Zeitschriften blätterten.
»Da ist sie«, sagte Tony sehr bedrückt. »Die schöne Brünette, die dort in der Ecke gerade eine SMS schreibt. Ich habe immer wieder vorgehabt, mich mit ihr zu versöhnen, aber wenn eine Gelegenheit für eine Aussprache zwischen uns gewesen wäre, war ich meistens zu betrunken und setzte es nie in die Tat um. Jetzt weiß ich nicht, was ich sagen soll …« Seine Stimme drohte zu brechen. »… was ich überhaupt noch zu ihr sagen soll.«
»Dann, Tony, sei jetzt einfach still und höre gut zu.«
Maggie ging zu der blühend schönen jungen Frau, die heftig in ihr Handy tippte. Sie hatte rotgeweinte Augen, und jetzt blickte sie auf, neigte den Kopf zur Seite. »Ja?«
»Hallo, mein Name ist Maggie Saunders. Ich arbeite als Krankenschwester hier in der OHSU. Sie sind Angela Spencer, nicht wahr?«
Die junge Frau nickte. »Also, Ms. Spencer, ich arbeite nicht nur hier, ich kenne Ihren Vater auch persönlich.«
»Ah!« Angela setzte sich auf und ließ das Handy in ihre Handtasche fallen. »Wie kommt es, dass Sie ihn kennen?«
Maggie überlegte fieberhaft, wie sie es ihr erklären sollte. »Wir sind uns in der Kirche begegnet.«
»Moment!« Angela war sichtlich überrascht. »Mein Vater? In der Kirche? Sind Sie sicher, dass wir von dem gleichen Mann sprechen?«
»Ja. Anthony Spencer ist doch Ihr Vater, oder nicht?«
Angela betrachtete Maggie prüfend. »Ja – aber Sie scheinen mir überhaupt nicht sein Typ zu sein.«
Maggie lachte. »Sie meinen: Ich bin nicht schlank, klein und fügsam.«
Angela erwiderte das Lachen. »Nein, entschuldigen Sie, ich meinte nur … es überrascht mich ganz einfach.«
Maggie kicherte leise und setzte sich neben Angela. »Nur damit Sie es wissen: Ihr Vater und ich sind kein Paar, sondern einfach so befreundet, und wir haben uns vor Kurzem in einer Kirche kennengelernt.«
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass mein Vater sich in eine Kirche verirrt haben soll. Er ist gar nicht gut auf die Religion zu sprechen, wissen Sie.«
»Vielleicht sind wir ja deswegen ins Gespräch gekommen. Ich habe ähnliche Probleme. Die Religion hat ihren Wert und Sinn, aber manchmal verliert man das zwischen all den Zwängen des Alltags aus den Augen.«
»Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Angela.
»Ms. Spencer«, begann Maggie.
»Bitte, nennen Sie mich Angela.« Sie lächelte.
»Und ich bin Maggie.« Sie schüttelten sich die Hand wie bei einer förmlichen Vorstellung. »Also, Angela, ich habe mit deiner Mutter gesprochen, und sie sagte mir, dass du und dein Vater euch zerstritten habt.«
Angela senkte den Blick, kämpfte sichtlich mit ihren Gefühlen. Dann schaute sie Maggie wieder in die Augen. »Hat sie dir erzählt, was ich ihm bei unserem letzten Telefonat gesagt habe? Ich habe ihn angeschrien. Ich habe ihm gesagt, dass ich wünschte, er wäre tot. Und ein paar Tage später erfahren wir, dass er im Koma liegt und vielleicht sterben wird. Und jetzt kann ich ihm nicht sagen, wie leid es mir tut und …«
Maggie legte ihr die Hand auf die Schulter und reichte ihr ein Papiertaschentuch, das sie aus ihrer Handtasche geholt hatte. Angela nahm es dankbar. »Jetzt hör mir gut zu, Angela: Du bist nicht schuld. Ich möchte, dass du dir das wirklich klarmachst. Für jeden kommt irgendwann die Zeit. Darüber haben wir keine Kontrolle. Du kannst es ihm immer noch sagen.«
Angela blickte wieder auf. »Wie meinst du das?«
»Ich bin Krankenschwester und habe schon viel erlebt. Ich weiß, dass Menschen oft sogar im Koma hören können, was um sie herum vorgeht. Du kannst ihm auch jetzt sagen, was du ihm gerne sagen möchtest, und ich glaube, er wird dich hören.«
»Das glaubst du wirklich?« Hoffnung schimmerte in Angelas Augen.
»Oh ja«, sagte Maggie nachdrücklich. »Und wenn du möchtest, dass dort an seinem Bett jemand bei dir ist – ich habe Jake meine Telefonnummer gegeben. Ruf mich an, dann begleite ich dich, und zwar jederzeit, am Tag oder in der Nacht.«
»Danke, Maggie.« Angela ließ ihren Tränen freien Lauf. »Ich bin so dankbar, dass du hier bist, obwohl wir uns kaum kennen! Es tut so gut, dass du mir das gesagt hast. Ich hatte solche Angst, dass …«
Maggie nahm Angela in die Arme, und in Maggie weinte Tony, das Gesicht gegen das Fenster des Lichts gepresst, durch das er sehen, aber nicht gesehen werden
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