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Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Paul Young
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weiter.
    Nur einer Sache war sich Tony sicher – es war richtig, hierhergekommen zu sein. Einer dieser bösen Geister hatte gesagt, Tony selbst würde hier seine Religion praktizieren und hätte diesen Tempel gebaut. Wenn das zutraf, musste er auch wissen, wie man hineingelangte. Er stemmte sich gegen die Sturmböen und barg sein Gesicht in der Armbeuge, um sich trotz der Sandkörner konzentrieren zu können, die auf ihn einprasselten wie Nadelstiche. Wo in seiner inneren Welt konnte ein solcher Ort existieren? Ein Ort der religiösen Anbetung! Es musste sich um etwas handeln, was er in den Mittelpunkt seines Lebens gestellt hatte. Erfolg? Nein, der war zu wenig greifbar. Macht? Auch das erschien ihm nicht wesentlich genug.
    »Jesus, bitte hilf mir«, keuchte er. Ob es sich dabei nun um eine Antwort auf sein Gebet handelte oder nicht, jedenfalls kam ihm sofort ein Gedanke in den Sinn. Es war wie die Stille des Morgens, die von Ferne herannahte und sich allmählich ausbreitete. Aber ihre Klarheit brachte eine tiefe Verzweiflung. Er wusste plötzlich, was dieser Ort war. Er war jene Last, die ihn von innen verzehrte und die Mitte seines Seins verdüsterte. Es war ein Grabmal, eine Totengedenkstätte.
    Er hob sein Gesicht und presste es gegen die Wand. Aus dem tiefsten, kostbarsten Ort in seinem Inneren brachen seine Sorge und Trauer hervor. Er legte die Lippen auf den glatten, kalten Stein, küsste ihn und flüsterte: »Gabriel!«
    Ein Blitz schlug neben ihm ein und ließ die Wand zerspringen wie Glas. Tony wurde zu Boden geschleudert. Aber das Loch in der Wand gab den Weg in einen Korridor frei, und Tony kroch in diesen dunklen Gang hinein. Drinnen legte sich das ganze Unwetter viel schneller, als es gekommen war. Tony richtete sich mühelos auf und tastete sich an der Wand entlang. Vorsichtig schob er einen Fuß vor den anderen, aus Angst, ein Abgrund könnte sich plötzlich vor ihm auftun. Nach ein paar Biegungen gelangte er zu einem Tor. Es war durch einen Riegel verschlossen, ähnlich dem, der ihm vor ein paar Tagen den Weg durch das Bollwerk seiner Seele versperrt hatte, damals, vor seiner ersten Begegnung mit Jack aus Irland.
    Diese Tür öffnete sich lautlos. Er trat ein und musste erst einmal seine Augen schützen, bis sie sich an das helle Licht gewöhnt hatten, das diesen Raum durchflutete.
    Tony stand am Eingang einer kleinen Kathedrale, deren Architektur ihn zutiefst beeindruckte. Sie war reich an Ornamenten und doch schlicht. Staubkörner schwebten in den Lichtstrahlen, die von draußen hereinfielen, leuchteten auf und tanzten wie von einem Atem bewegt. Aber der Geruch, der hier herrschte, stand im Widerspruch zum Glanz dieses Bauwerks. Er war antiseptisch, steril.
    Es gab keine Stühle oder Kirchenbänke, nur leeren Raum, und in der Ferne stand ein Altar, in so helles Licht getaucht, dass Tony keine Details erkennen konnte. Er ging einen Schritt in diese Richtung und flüsterte: »Ich bin nicht allein.« Seine Worte hallten von den Marmorsäulen und dem Steinboden wider. »Ich bin nicht allein«, wiederholte er, diesmal lauter, und fing an, auf das helle Licht zuzugehen.
    Plötzlich sah er in dem Licht eine Bewegung und erstarrte. Furcht packte ihn. »Gabriel?« Er konnte nicht glauben, was er sah. Was er am meisten fürchtete und am meisten herbeisehnte, hier erschien es vor seinen Augen. Es war kein Altar, sondern ein Krankenhausbett, umgeben von Lampen und Apparaten. Und von dort schaute ihn sein fünfjähriger Gabriel an. Tony rannte auf ihn zu.
    »Stopp!«, rief der Junge. Seine Stimme hallte flehend durch den Tempel. »Daddy, du musst damit aufhören.«
    Tony erstarrte, drei Meter von seinem Sohn entfernt. Gabriel sah genau so aus, wie er ihn in Erinnerung behalten hatte: den blühend gesunden Sohn am Anfang seines Lebensabenteuers. So stand Gabriel nun vor ihm. Doch er war durch Schläuche an ein Bett und lebenserhaltende Apparate gefesselt.
    »Bist du das? Gabriel, bist du es wirklich?«
    »Ja, Daddy, ich bin es. Aber du siehst mich nur so, wie du dich an mich erinnerst. Du musst damit aufhören. Stopp!«
    Tony war verwirrt. Er spürte den unwiderstehlichen Drang, zu seinem Sohn zu laufen und ihn in seine Arme zu schließen. Doch Gabriel hatte Stopp gesagt. Warum? Das ergab keinen Sinn. Panik überfiel Tony.
    »Gabriel, ich will dich nicht noch einmal verlieren. Das kann ich nicht!«
    »Daddy, ich bin nicht verloren. Du hast dich selbst verloren, nicht mich.«
    »Nein«, stöhnte Tony. »Das

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