Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
Münchener Interviewpartnerin Elke Rieß selbstkritisch das überwiegend weibliche Bestreben, den Partner zu formen und seine Gefühlswelt zu verfeinern, bis die Erkenntnis dämmert, dass aus dem Frosch kein Prinz mehr schlüpft. Die Mehrzahl der im Buch zu Wort kommenden Frauen lebt nach einer Trennung allein. Ein Zufall? Die bekundete Aufgeschlossenheit für eine neue Beziehung korrespondiert auffällig mit dem Wunsch, die innere und äußere Selbständigkeit nicht mehr aufzugeben, die sie sich erst nach dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung und in wachsendem Maße nach der Kindererziehungsphase erobern.
Sich inmitten des tobenden Familienlebens abzugrenzen, scheint für Männer hingegen kein Problem zu sein. Nicht weil sie ihre Unterstützung aus Egoismus verweigern, sondern weil Männer oft jene pragmatische Selbstbezogenheit beherrschen, die Amadeus Flößner im Interview als Basis seiner guten Ehe bezeichnet: »Ob meine Frau glücklich ist, frage ich sie alle paar Tage, wobei ich davon ausgehe, dass sie nur glücklich sein kann, wenn sie mich noch liebt, und ich nur glücklich bin, wenn ich sie weiter lieben darf. Ich frage sie allerdings nicht danach, was sie unter Glück versteht. Wir würden uns an unseren verschiedenen Definitionen reiben und die knappe gemeinsame Zeit weniger genießen können. Wenn ich mich danach richte, ihr Glück zu steigern, werde ich unglücklich, und davon hätte dann auch sie nichts.«
Für das Glück in der Partnerschaft gibt es in der Tat kein größeres Hindernis als die Furcht, die Liebe des anderen nicht zu verdienen. Während Menschen mit gesundem Selbstvertrauen Zuwendung und Zärtlichkeit des anderen als natürlich empfinden, weil sie selbst aus vollem Herzen geben und sich verströmen können, wehren Menschen mit geringem Selbstbewusstsein das Wohlwollen anderer ab. Weil sie sich selbst nicht für liebenswert halten, sabotieren sie die Erfüllung ihres Liebeswunsches. Indem sie Nähe als Vereinnahmung und Kontrolle entwerten und ihrem Partner unlautere Absichten unterstellen, bestätigen sie sich ihr negatives Selbstbild. »Liebe ist wie der Versuch, ein Sieb zu füllen«, beschreibt der amerikanische Psychotherapeut Nathaniel Branden eine neurotische Ambivalenz, deren Ursprung frühe Beziehungsstörungen sind. 14 Übermäßige Eifersucht, Misstrauen und das permanente Schwanken zwischen den widersprüchlichen Botschaften »Ich brauche dich«– »Bleib mir vom Leibe« zersetzen die Beziehung und zermürben à la longue auch Partner, die davon ausgehen, dass ihre Wärme, Geduld und Zuversicht für zwei reicht. Während für glückliche Paare das Sprichwort gilt: »Glück verdoppelt sich, indem man es teilt«, und sie einander und anderen zeigen, wie wohl sie sich in der Gegenwart des anderen fühlen, haben emotional verarmte Menschen schnell das Gefühl, zu kurz zu kommen. Im Beisein anderer zeigen sie ihrem Partner oft die kalte Schulter.
»Zu gut durfte es nicht sein.« Im Rückblick auf ihre Ehe erkennt meine Gesprächspartnerin Lieselotte Thoma die Angst ihres geschiedenen Mannes vor Glück, die sie nicht besiegen konnte. Die Aussicht, Menschen zu kurieren von der Furcht vor Liebe, die sie gleichzeitig ersehnen, sei gering, bilanziert Nathaniel Branden. Denn in neurotischer Spaltung handeln sie gemäß einer fatalen Logik, der zufolge die erreichbare Liebe stets die falsche ist: »Jeder kennt den berühmten Witz von Groucho Marx, dass er nie in einen Club eintreten würde, dessen Mitglied er sei. Und das ist genau das Motto, nach dem manche Personen mit einem geringen Selbstwertgefühl in ihrem Liebesleben verfahren. Wenn du mich liebst, dann bist du offensichtlich nicht gut genug für mich. Nur jemand, der mich zurückweist, ist als Objekt meiner Begierde akzeptabel.« 15
Freunde
Außer der Liebe sind Freundschaften die wichtigsten Säulen des Glücklichseins. Glückliche Menschen sind eingebettet in ein soziales Netz und pflegen Freundschaften. Auch wenn sie gut allein sein können und Rückzug brauchen, um sich zu sammeln, aufzutanken und Pläne auszubrüten, schöpfen sie Kraft, Geborgenheit, Fröhlichkeit aus der Gemeinschaft mit anderen und aus gemeinschaftlichen Unternehmungen. Dabei ist es oft gar nicht so wichtig, was man unternimmt. Vorrangig ist das harmonische Beisammensein. Eindrücke teilen und mitteilen zu können, verdoppelt den Reiz vieler Freizeitbeschäftigungen.
Wie meine Interviews widerspiegeln, haben Frauen mehr Freundschaften als Männer.
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