Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
los.
Mein Studium absolvierte ich mit der Einstellung, dass es nicht zu anstrengend sein darf. Nach dem neunten Semester setzten meine Eltern mir die Pistole auf die Brust: Wenn ich nicht sofort in ihrer Nähe mein Studium ordentlich zu Ende brächte, würden sie mein Lotterleben nicht länger finanzieren. Als sie ihre Drohung wahr machten, hielt ich mich mit diversen Filmjobs über Wasser. Es machte mir Spaß, mich schnell in fremde Bereiche einzuarbeiten, was auch immer gelang. Deshalb bedauere ich heute, dass ich mich früher selbst nicht stärker herausgefordert habe. Ich hätte viel mehr aus meinen Fähigkeiten machen können als ich es letztlich getan habe, weil ich den Anspruch hegte, dass mir Großartiges zufliegt. Mich haben stets Tritte von anderen vorwärtsgebracht. Nach dem Studium und meinem Umzug nach Berlin 1980 hatte ich Honorarverträge als Familienhelferin. Meine Ausbildung zur Krankengymnastik begann ich, als ich merkte, dass es mit Zeitverträgen schwieriger wurde. Eine Angestellte des Arbeitsamtes schlug mir die Zweitausbildung vor, die vom Staat finanziert wurde. Erst fand ich die Ausbildung langweilig, dann begann mich die sensomotorische Entwicklung von Kleinkindern zu fesseln, der Bereich, der auch heute mein beruflicher Schwerpunkt ist.
Meine glücklichste Lebensphase war zwischen 35 und 45 . In dieser Zeit bekam ich meine eigenen Wünsche nah zusammen mit dem, was meine Eltern von mir erwarteten. Ich eröffnete mit einer Kollegin eine Praxis, und ich hatte eine Liebesbeziehung, die fast so war, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Zumindest mein Vater fand meinen beruflichen Werdegang gut, meine Mutter bedauerte, dass ich keine akademische Laufbahn eingeschlagen hatte. Wenn ich die viele Arbeit erwähnte, zuckte sie mit den Schultern und sagte: »Das hättest du doch nicht nötig gehabt.« Das hat mich gekränkt, aber diskutieren, streiten kann man mit meiner Mutter nicht. Meist wurde sie ausfallend, schmollte oder weinte. Heute erkenne ich, wie sehr ich mein Gefühl, mir ihre Liebe verdienen zu müssen, auf Männerbeziehungen übertragen habe.
Glücklich war ich in meinen Partnerschaften in kurzen Momenten der absoluten Nähe. Ich wollte keinen Prinzen, der alles für mich tut. Was ich mir wünschte, war ein Partner, der zu mir steht, mit am selben Strang zieht, der bei mir bleibt. Ich hatte die Vorstellung, Männer und Frauen fühlen in der Liebe gleich. Als ich mit 17 zum ersten Mal mit einem Mann ins Bett ging, war ich sehr enttäuscht. Meine Mutter hatte mir ja immer verklickert, dass das Wichtigste für eine Frau ein wunderbarer Mann sei, ohne mir allerdings dessen Eigenschaften zu verraten. Ich merkte bald, ich sitze da einer Fehlinformation auf. Das fing schon bei der Sexualität an. Ich dachte: Mist, ich bin frigide. Mit einer Tante, die unverheiratet war und viel unkonventioneller lebte als meine Eltern, konnte ich alles bereden. Sie sagte mir: »Wenige Männer wissen, was Frauen gefällt.« Das hat mich ein bisschen getröstet, aber ihr Ausspruch hat mich später auch an falsche Männer gebracht, nämlich an die, die angeblich viel über Frauen wissen. Erotik, Sexualität war für mich lange ein Buch mit sieben Siegeln. Später habe ich mich durch Sex in eine Intimität, in eine Nähe hineingesteigert, die es vielleicht gar nicht gab.
Hingezogen fühlte ich mich zu Männern, die den Eindruck vermittelten, dass man sie »knacken« muss. Ich habe sie als unkonventionell eingeordnet und erwartete aus diesem Grund eine spannende Beziehung. Letztlich habe ich wohl stets Männer erobern wollen, von denen ich gar nicht wusste, ob sie mit mir zusammen sein wollten. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ich nie das Schätzchen meiner Mutter war und unbewusst davon ausging, das ich mir das, was zu mir gehört, erkämpfen muss. Ich habe mich nicht dem Gefühl hingegeben: Oh, er liebt mich. Wie schön! Ich lasse mich lieben, sondern habe mich an Macken abgearbeitet, wobei ich mein Muster lange nicht durchschaut habe. Meine vitalsten und glücklichsten Momente waren, wenn ich mit meinem jeweiligen »Schätzchen« auf Reisen, in der Fremde war und wir morgens nicht wussten, wo wir abends sein würden. Glück war nicht im Alltag, sondern immer fern vom Alltag: Zu zweit am Meer zu sitzen mit einer Flasche Wein, Tomaten, einem Baguette und einer Zigarette.
Lange habe ich für Enttäuschungen Erklärungen gesucht, die den Frust abmilderten, später habe ich auf Enttäuschungen mit Flucht
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