Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
Glücksforschung mit so viel Zahlen gefüttert wie die Korrelation von Einkommen, Lebensstandard und Zufriedenheit. Auch die antiken Philosophen erörtern ausgiebig den Einfluss irdischer Güter auf die menschliche Seelenlage.
Keine Frage: In reichen und politisch stabilen Ländern haben Menschen ein schöneres Leben als in armen und unruhigen Ländern. Laut Umfragen sind Dänen, Isländer und Schweizer die glücklichsten Völker 16 . Was ihre Daseinsfreude betrifft, liegen Deutsche unter den Industrienationen im Mittelfeld, vor Spanien, hinter Italien, etwa gleichrangig mit Österreich. Die US -Amerikaner, in deren Unabhängigkeitserklärung ein Recht auf das Streben nach Glück verankert ist, übertreffen Deutschland, erreichen aber keinen Spitzenplatz. Nur relativ wohlhabende Länder verfügen über genügend Ressourcen für Bildung, Gesundheit, medizinische Hilfe. Ob eine Demokratie oder Diktatur die Heimat ist, durchdringt auch dann das Lebensgefühl, wenn man nicht selbst zum Opfer politischer Verfolgung wird. Armut stresst und grenzt aus, Existenzängste verengen Horizont und Herz. »In einem Rolls-Royce weint es sich angenehmer als in der Straßenbahn«, spitzt der Hollywoodstar Zsa Zsa Gabor die Nuance zwischen einem üppigen oder kargen Daseinspolster zu. 17
Wie 154 internationale große Befragungen ermittelten, steigert Wohlstand jedoch nicht in dem Maße die Lebenslust, wie es unser Streben nach Besitz vermuten lässt. Die umfassendsten Erhebungen liegen für die USA und Japan vor, wo Glück-Befragungen seit dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt werden. Sie erbringen im Kern ein übereinstimmendes Ergebnis: Verfügen Menschen über wenig Geld, wirkt sich ein höheres Einkommen schnell auf die Zufriedenheit aus. Ist die Grundversorgung gewährleistet, färbt es jedoch kaum auf das Lebensgefühl ab, ob man jährlich 35 000 oder 65 000 Dollar verdient. In den USA hat sich das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in den letzten 60 Jahren verdreifacht. Doch der Anteil derjenigen, die sich als »very happy« bezeichnen, bleibt über die Jahrzehnte mit geringen Schwankungen bei 30 Prozent praktisch gleich. 18 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine demographische Untersuchung hierzulande. Im Wirtschaftswunder, nach Krieg und Entbehrung, stockte jede Lebensverbesserung und Anschaffung das individuelle Glücksempfinden auf. Trotz größerer Kaufkraft pendelte sich zwischen 1954 und 1998 das Glücksempfinden der (West-)Deutschen auf ein ziemlich konstantes Niveau ein. 19
Berechtigterweise beargwöhnt der Berliner Philosoph Wilhelm Schmid den Aussagegehalt internationaler Vergleiche, da sie nicht berücksichtigen, dass ein Fischer auf den Fiji-Inseln etwas anderes unter Glück versteht als eine Börsenmaklerin in New York. Wenn schon Geschwister Glück anders definieren, wie groß ist dann die Kluft in unterschiedlichen Kulturen? Nicht nur Religion, Mentalität, Klima, soziales Umfeld und politische Strukturen prägen das Bild vom Glück. Auch die aktuelle Gefühlsverfassung spielt bei Befragungen hinein. Gleichwohl erhellt die Glücksdatenbank, in der Ruut Veenhoven, Professor an der Erasmus-Universität in Rotterdam, seit Jahren weltweite Erhebungen zusammenfasst, dass die Maxime »Mehr Wirtschaftswachstum, mehr Wohlstand, mehr Zufriedenheit« nur bedingt auf Fakten beruht. So sehr Geld auch beruhigt, Zufriedenheit lässt sich vom Konto sehr viel schwerer abheben, als uns Warenproduzenten weismachen wollen.
Wie Stefan Klein im Buch »Die Glücksformel« erläutert, haben Menschen die Eigenschaft, ihr Hab und Gut zum Besitz anderer in Relation zu setzen. Die gesellschaftliche Vermögensverteilung beeinflusst nicht nur das Lebensgefühl, sie verlängert oder verkürzt auch die Lebenserwartung. Je größer die Schere zwischen arm und reich ist, desto geringer ist die Aussicht, alt zu werden, und zwar nicht nur für Habenichtse und Hungerleider. Denn Gesellschaften mit starken Gegensätzen produzieren mehr Stress. Die Kluft verletzt das Gerechtigkeitsempfinden, erzeugt Wut, provoziert Neid. Die Unzufriedenheit wiederum wirkt sich auf die Gesundheit aus. 20 Der Raubtierkapitalismus pflügt die Rechte und Würde von Menschen unter, die beim Run aufs große Geld bloß Zuträger sind. Das Gefühl der Wertlosigkeit macht krank.
Aber auch diejenigen, die Besitz anhäufen, bleiben eingespannt in einen Mechanismus, den Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre in der Schweiz, in seinem Buch »Die Tretmühlen
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