Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
des Glücks« als Teufelskreis schildert.
Während in der Befriedigung von Grundbedürfnissen der Vergleich entfällt, werden die Accessoires des gehobenen Lebensstandards nicht nur gekauft, weil sie dem Geschmack und Komfortwünschen entsprechen. In der Annahme, ich bin, womit ich mich umgebe, dienen Antiquitäten, Designerstücke, Markenartikel und Schlemmereien auch dazu, sich hervorzuheben aus der Masse, die Zugehörigkeit zu einer arrivierten Gesellschaftsschicht zu bekunden und andere zu beeindrucken. Der subjektive Wert der mit Diamanten besetzten Cartier-Uhr erhöht sich, wenn sie nicht am Arm der Nachbarin funkelt. Steigt das nationale Einkommensniveau, können sich immer mehr Menschen Luxusgüter leisten, kann der Abstand nur durch ein noch höheres Einkommen verteidigt werden. »Es handelt sich hier um einen dynamischen Prozess, bei dem niemand ausruhen kann«, bilanziert Binswanger den permanenten Konkurrenzdruck zu Lasten der Zufriedenheit, auf den eine Studie aus den USA ein Schlaglicht wirft: »In einer Untersuchung der Harvard Universität wurden Studenten befragt, in welcher Welt sie lieber leben möchten. In einer Welt, in der sie selbst 50 000 Dollar verdienen und alle anderen 25 000 oder in einer Welt, in der sie selbst 100 000 Dollar verdienen und alle anderen 250 000 Dollar? Eine Mehrheit zog die erste Welt vor.« 21
Zwar rufen die Dachwohnung, das neue Auto, das teure Kleid durchaus Freude hervor. Doch sie nutzt sich geschwinder ab als wir vermuten. Egal, ob beim beruflichen Aufstieg, bei materiellen Anschaffungen oder bei Versorgungsleistungen– die Gewöhnungseffekte lassen das Hochgefühl über Verbesserungen schnell verpuffen. »Ich stelle mich ans Fenster, blicke auf den See und sage mir: Nun sei glücklich!«, schilderte ein Freund einmal die vergebliche Selbstaufforderung, als sein Ferienhaus in paradiesischer Lage fertig war. Statt Erreichtes zu genießen und uns auf unseren Lorbeeren auszuruhen, kurbelt der neue Status quo unsere Ansprüche an, beschreibt Mathias Binswanger die »Statustretmühle«, in der insbesondere erfolgreiche Menschen gefangen seien. Auch die Flut der Konsumangebote und die oft nicht bewusste Übersättigung untergrabe unsere Zufriedenheit. »Multioptionstretmühle« nennt der Volkswirtschaftler die unüberschaubaren Wahlmöglichkeiten, die immer mehr zur Qual werden. Statt unter 40 Fernsehkanälen ein Programm auszusuchen, zappen wir durch den Bildersalat. Aus Angst, etwas zu verpassen, versäumen wir den Filmanfang. Das Ziel, unter dem Güter- und Dienstleistungsangebot das Optimum oder Schnäppchen herauszufischen, führt dazu, dass wir uns immer verzetteln. Ähnlich wie die Mangelwirtschaft verhindere der Warenüberfluss, dass Menschen eine auf sie zugeschnittene Entscheidung treffen. Mit dem Unterschied, dass nun das eigene Unvermögen, alle Optionen überblicken oder nutzen zu können, das schlechte Gefühl hervorrufe, Verzicht zu leisten. 22
Ganze drei Monate, fand der amerikanische Psychologie-Professor Martin Seligman heraus, schwimmen Gewinner hoher Summen auf einer Wolke der Seligkeit. Danach sind sie wieder so glücklich oder unglücklich wie sie es vorher waren. Noch ernüchternder ist die Bilanz des Briten Andrew Oswald. Nach kurzer Euphorie verflog bei den befragten Lottokönigen die Sonntagsstimmung; drei Jahre nach dem Geldregen wurden überdurchschnittlich viele von Trübsinn und Depression heimgesucht. Zum einen, weil sich der frischgebackene Krösus hurtig an den neuen Lebensstandard gewöhnt, zum anderen, weil neue Belastungen erwachsen und Freundschaften in die Brüche gehen, flaut die Euphorie schnell ab oder dreht sich gar zum Absturz um. 23 Dass Saturiertheit zu letztlich öder Bequemlichkeit verleitet, lässt sich allenthalben beobachten. Wer auf einen Sechser im Lotto oder eine fette Erbschaft vergeblich hofft, den mag es trösten, dass diese ihm zwar den Swimmingpool neben der Hausbar bescheren könnte, nicht aber das dauerhafte Gefühl, in Luxus zu baden.
Meist aber relativiere sich der Traum vom großen Los schon, wenn man genauer überlegt, was man mit all dem Mammon anstellen will, erläutert der Berliner Psychotherapeut Wolfgang Krüger: »Meine Beobachtung ist: Die meisten Menschen werden richtig fiebrig bei dem Gedanken, sie könnten im Lotto 50 Millionen gewinnen. Wenn man sie fragt: ›Was machen Sie denn mit dem Geld?‹, antworten zwei Drittel: ›Ich will ein Häuschen im Grünen, eine große Reise machen, den Rest
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