Der Weg zur Heilung - der Weg zu dir selbst - Heilenergie freisetzen durch die Kraft des Bewusstseins
dürfen, was er zu Hause nie hatte tun können. Der Arzt ließ daraufhin einen Stapel Zeichentrickfilme und einen Fernseher mit einem sehr großen Bildschirm besorgen und beauftragte ein Kindermädchen, dem Jungen immer wieder neue Filme einzulegen, so viele er eben wollte.
Der Arzt war, so oft es ging, bei dem Jungen. Erschüttert beobachtete er, dass dieser anfangs überhaupt nicht über die
Filme lachen konnte; wohl deshalb, weil er in seinem Leben noch nie viel zu lachen gehabt hatte. Heiterkeit schien für ihn ein vollkommen fremdes Gefühl zu sein. Sein bisheriges Leben war offensichtlich bis zu diesem tragischen Höhepunkt nur freudlos verlaufen: Er wuchs als eines von vielen Kindern in einer großen Familie auf, sein Vater war ein zur Gewalttätigkeit neigender Trinker, zwischen den Geschwistern gab es viel Streit, finanzielle Probleme waren an der Tagesordnung, und der Junge musste in der eigenen Familie eine Art Überlebenskampf führen, um nicht zu kurz zu kommen. Liebe, Zuneigung, Zärtlichkeit oder auch einfach nur eine Stimmung von Ruhe und Harmonie hatte er nie erfahren dürfen.
Überrascht stellte der Arzt dann aber nach wenigen Tagen fest, dass der Junge die Filme zunehmend lustiger fand. Er konnte sich immer mehr in diese für ihn neue Welt einfühlen. Seine Mundwinkel gingen immer weiter nach oben. Irgendwann begann er zu lächeln, und ein paar Tage später konnte er richtig herzlich lachen. Aber das war noch nicht alles. Er erholte sich immer mehr, und nach etwa drei Monaten war er wieder gesund. Vollständig geheilt. Für den Arzt war das ein Wunder, berührend und unerklärlich, denn er wusste ja, dass er für den Jungen medizinisch nichts getan hatte. Offensichtlich hatte sich der Junge selbst geheilt - einfach, indem er sich freute. Für den Arzt wurde durch diese Heilung klar: Freude und Gesundheit beziehungsweise Freude und Heilung gehören zusammen.
Aber nicht nur das. Eine weitere wichtige Erkenntnis war: Das, worüber sich der Junge gefreut hatte, nämlich die Zeichentrickfilme, war zwar etwas, was ihn erfreut und zum Lachen gebracht hatte, aber für sein Leben waren sie bedeutungslos. Sie vermittelten keine Erkenntnisse, ermöglichten kein
Aufarbeiten der Vergangenheit, stimulierten keine konkreten Visionen. Alles, worauf übliche Therapien abgezielt hätten, erfüllten sie nicht. Wichtig war offensichtlich nur gewesen, dass er sich freute, aber nicht, worüber .
Als der Arzt mir diese Geschichte erzählte, beeindruckte sie mich sehr. Aber wenn ich sie an Menschen weitergebe, die krank zu mir kommen, verhalten sie sich oft gar nicht begeistert und geben mir Antworten wie: »Was soll ich damit anfangen, warum erzählen Sie mir das? Ich habe keinen Grund, mich zu freuen! Worüber auch?« Der Junge hatte auch keinen Grund, sich zu freuen. Er war körperlich ein Wrack, seine Familie war eine Katastrophe, er war kurz davor zu sterben, und das im Haus eines fremden Mannes. Ist es vorstellbar, dass man noch weniger Grund haben kann, sich zu freuen? Trotzdem hat er sich gefreut; einerseits vielleicht, weil ihm schon alles egal war und er keine Erwartungen mehr an sein Leben hatte, aber andererseits sicher, weil er sich innerlich völlig auf die Videos konzentrierte und alles andere ausblendete. Seine ganze Wahrnehmung war auf etwas gerichtet, das ihn freute, und dadurch konnte er seine Situation vergessen.
Heutzutage scheinen viele Menschen den Wert der Freude überhaupt nicht mehr schätzen zu können. Vielleicht weil uns der Weg zur Freude oft schon als Kind verbaut wurde, indem man uns sagte, nicht sich zu freuen sei wichtig, sondern erfolgreich zu sein, geliebt zu werden, für das Alter vorzusorgen und sich allgemein um ein größtmögliches Maß an Sicherheit in seinem Leben zu kümmern. Entsprechend glauben wir vor allem darauf achten zu müssen, dass wir möglichst wenig Probleme im Leben haben. Aber dabei übersehen wir völlig, dass wenig Probleme zu haben nicht das Gleiche ist wie viel Freude zu empfinden. Statt nach Freude
zu suchen, wollen wir nur noch sagen können: »Ich bin mit meinem Leben zufrieden.«
Ob wir dabei ein langweiliges Leben führen und immer häufiger Angstentscheidungen fällen oder in Sicherheitsstrategien und alten Gewohnheiten zu ersticken drohen, hinterfragen wir gar nicht erst.
Kinder wissen noch, was es heißt, sich zu freuen oder sich nicht zu freuen. Sie kämpfen begeistert für ihre Sehnsüchte und lassen sich kaum aufhalten. Wir Erwachsenen kennen
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