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Der Weg zur Hölle

Der Weg zur Hölle

Titel: Der Weg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaspar Dornfeld
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zwischen ihn und die von unten herauf blickende Meute.
    Als ich ein paar Minuten später weit genug bei Verstand war, die Unsinnigkeit meiner Handlung zu begreifen, wandte ich mich der Wohnung zu, zu der der Balkon gehörte.
    Ich wollte mir den Toten nicht noch einmal ansehen, zumindest so lange nicht, bis der Geist sich abgelöst hatte. Ich erlebte gerade zum ersten Mal das Gefühl, jemanden als Leiche zu sehen, den ich vor kurzem noch als Lebenden beobachtet hatte: Der Tote war der junge Herr Medchenwunder, nunmehr ehemaliger Redaktionschef der ehemaligen Sendung des ebenso ehemaligen Eduard Koss.
    Warum war bisher keiner der Beamten auf dem Balkon und machte dem grausamen Bild ein Ende? Ich wagte einen raschen Blick in die Wohnung.
    Mitten im Zimmer lag ein toter Hund, der Körperform nach zu urteilen, ein Pitbull. Von seinem Gesicht war nicht mehr viel übrig, denn da war ihm mitten hinein geschossen worden.
    Direkt daneben lag ein uniformierter Beamter, der heftig aus dem Bein blutete und vor Schmerz wimmerte. Mehrere Leute in weißen Kitteln machten sich an ihm zu schaffen.
    Ein zweiter Uniformierter saß in sich zusammen gesunken auf einem Stuhl. Seine Dienstwaffe lag neben ihm. Er brabbelte in einem fort, und mir war sofort klar, was hier passiert sein musste.
    Die beiden Polizisten waren als Erste am Tatort eingetroffen und hatten beherzt die Tür eingerannt, nur um sich einem gefährlich kläffenden Hund gegenüberzusehen. Einer der beiden war in Panik geraten, hatte seine Waffe gezogen und das Tier erschossen, nicht ohne dabei eine weitere Kugel im Bein seines Kollegen zu versenken.
    Vor der Eingangstür wartete das Einsatzteam auf Zutritt zur Wohnung, während eine Gruppe Hausbewohner versuchte, den Beamten ihre Sicht auf das Geschehen streitig zu machen.
    Ich hingegen war durch einen viel kurioseren Anblick gefesselt: dem Geist des toten Hundes. Der schien nicht im Mindesten begriffen zu haben, was mit ihm geschehen war. Er knurrte die Leute an, die die Wohnung betreten wollten. Nur dass er dabei kopfunter an der Decke stand, ohne sich das Geringste daraus zu machen.
    Als das Einsatzteam ein paar Minuten später die Wohnung betrat, und sich niemand für den Geist des Tieres zu interessieren schien, wurde ihm allmählich etwas mulmig. Er klemmte den Schwanz, der in der Geistervariante nicht gekürzt war, zwischen die Hinterbeine, begann zu winseln und rannte weiter an der Decke auf den Balkon hinaus, einfach durch die Wand und dann, als wäre es ein Waldweg, die Fassade hinab. Ich schüttelte den Kopf über die Wunderwelt der Tiere und wandte mich wieder den Ermittlungen zu.
    Ich vermied den Blick nach draußen, da ich Medchenwunders Geist immernoch in seinem Kopf hängend wusste. Dafür gaben sich Wedelbeck und seine Kollegin Weilandt ausgiebig diesem Anblick hin, zumindest dem Teil, den sie sehen konnten. Neben Ihnen stand der junge Herr Nöhl.
    »Mein Gott«, flüsterte Wedelbeck, der den Toten offenbar erkannt hatte.
    »Beschreien Sie hier nichts, der kommt sonst wirklich«, sagte Reemund.
    Wedelbeck fuhr herum.
    »Was machen Sie denn hier?«
    »Ich bin wieder im Dienst.«
    »Gott sei Dank.«
    »Ich freu mich auch, Sie zu sehen.«
    Die beiden anderen Mitarbeiter begrüßten ihren Wiederchef erheblich schlichter.
    »Der Tote hieß Medchenwunder mit 'e'«, sagte Wedelbeck, und Reemund sah ihn an, als hätte er ihm so viel Humor garnicht zugetraut.
    »Er hieß wirklich so. Wir haben vorgestern erst mit ihm gesprochen. Er war Koss' rechte Hand.«
    »Endlich auch mal im Rampenlicht.«
    Jemand von der Spurensicherung stieß gegen den abgetrennten Kopf, der daraufhin zur Seite sackte. Die Zunge rutschte etwas weiter aus dem Mund heraus.
    »Iiih«, sagte der junge Herr Nöhl. Die älteren Kollegen nickten zustimmend.
    »Ein Serienmörder mit einer Fixierung auf Fernsehleute?«
    »Kann sein, kann nicht sein«, murmelte Bella Weilandt und schlürfte missmutig an ihrem Kaffee.
    Reemund schüttelte den Kopf. »Nöhl hat recht. Ich bin mir sicher, dass das weiter gehen wird, wenn wir ihn nicht fassen. Das habe ich Ihnen schon beim ersten Opfer zu sagen versucht, Wedelbeck.«
    Der nickte.
    »Hierher«, rief jemand von der Spurensicherung und winkte die Leute von der Mordkommission heran.
    Wir gingen in die Küche.
    Wedelbeck stieß einen Pfiff aus. Der Raum war in eine Art Labor verwandelt worden. Glaskolben, bauchige Flaschen, dreckverkrustete Messbecher, Spirituskocher, Waagen, eine Unmenge an kleinen, wieder

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