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Der Weg zurück

Der Weg zurück

Titel: Der Weg zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.M. Remarque
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–!«
    Kosole springt auf. Ich ebenfalls. Wir blicken uns an. Narrt uns ein Spuk? Was soll das heißen?
    Da bricht es auch schon vor uns aus den Büschen, rennt an den Waldrand, wirft sich nieder auf den Boden. – »Visier vierhundert!«, knarrt die Stimme von vorhin – »Schützenfeuer!«
    Es tackt und knattert. Eine lange Reihe von fünfzehn- bis siebzehnjährigen Jungen liegt ausgeschwärmt nebeneinander am Waldrand. Sie tragen Windjacken und haben Ledergürtel wie Koppel darüber geschnallt. Alle sind gleichmäßig gekleidet, mit grauen Jacken, Wickelgamaschen und Kappen mit Abzeichen – das Uniformmäßige ist absichtlich betont. Jeder hat einen Spazierstock mit Bergspitze bei sich, mit dem er gegen die Bäume klappert, um das Gewehrfeuer nachzuahmen.
    Unter den kriegerischen Kappen aber sehen junge, rotwangige Kindergesichter hervor. Aufmerksam und erregt spähen sie nach der von rechts anreitenden Kavallerie aus. Sie sehen nicht das zarte Wunder der Veilchen unter dem braunen Laub – nicht den violetten Dunst des Werdens über den Äckern – nicht das flaumig pelzige Fell des Junghasen, der durch die Furchen hoppelt. Doch, den Hasen sehen sie – aber sie zielen nur mit ihren Stöcken danach, und heftiger schwillt das Klappern gegen die Stämme an. Hinter ihnen steht ein kräftiger Mann mit etwas Bauch, ebenfalls in Windjacke und Wickelgamaschen, und gibt ihnen energische Befehle. »Ruhiger feuern! Visier zweihundert!« Er hat einen Feldstecher bei sich und beobachtet den Feind.
    »Himmel, Herrgott!«, sage ich erschüttert.
    Kosole hat sich von seinem Staunen erholt. »Was ist denn das für ein verdammter Blödsinn?«, schimpft er wütend.
    Aber er kommt schlecht an. Der Führer, zu dem sich noch zwei andere gesellen, blitzt und donnert. Die weiche Frühlingsluft schwirrt nur so von markigen Worten. »Schnauze halten, Drückeberger! Vaterlandsfeinde! Schlappes Verräterpack!«
    Die Jungen stimmen eifrig mit ein. Einer schüttelt seine schmale Faust. »Wir müssen euch wohl mal auf die Rolle nehmen, was?«, schreit er mit heller Stimme. »Feiglinge!«, fällt ein anderer ein. »Pazifisten!« ein Dritter. »Diese Bolschewiken müssen alle erledigt werden, eher wird Deutschland nicht frei«, ruft rasch und eingelernt ein Vierter.
    »Recht so!« Der Führer klopft ihm auf die Schulter und rückt vor. »Jagt sie weg, Jungens!«
    In diesem Augenblick wacht Willy auf. Er hat bis jetzt geschlafen. Darin ist er noch immer altes Militär – wenn er langliegt, schläft er gleich ein.
    Er richtet sich auf. Der Führer bleibt sofort stehen. Willy sieht mit großen Augen um sich und bricht in ein Gelächter aus. »Ist hier Maskenball?«, fragt er. Dann begreift er die Situation. »So ist’s richtig«, knurrt er zu dem Führer herüber, »ihr habt uns wahrhaftig schon lange wieder gefehlt! Ja, ja, Vaterland – das habt ihr allein in Erbpacht, was? Die andern sind alle Verräter, was? Komisch, dass dann drei Viertel des deutschen Heeres Verräter waren! Macht, dass ihr wegkommt, ihr Gespenster! Könnt ihr den Jungens die paar Jahre nicht lassen, wo sie noch nichts davon wissen?«
    Der Führer hat seine Armee zurückgezogen. Aber der Wald ist uns verleidet. Wir gehen zum Dorf zurück. Hinter uns schallt es rhythmisch und abgehackt: »Frontheil! Frontheil! Frontheil!«
    »Frontheil? –« Willy greift sich in die Haare. »Wenn man das einem Muskoten im Felde gesagt hätte!«
    »Ja«, sagt Kosole ärgerlich, »so geht es wieder los.«
    Vor dem Dorfe finden wir einen kleinen Wirtsgarten, in dem bereits ein paar Tische draußen stehen. Obwohl Valentin schon in einer Stunde wieder bei seiner Schiffschaukel sein muss, setzen wir uns noch rasch etwas hin, um die Zeit auszunützen – wer weiß, wann wir wieder einmal zusammen sind. –
    Ein blasses Abendrot färbt den Himmel. Ich muss immer noch an die Szene vorhin im Walde denken. »Mein Gott, Willy«, sage ich, »wir leben doch alle noch und sind kaum erst raus – wie ist es da möglich, dass es schon wieder Menschen gibt, die so etwas machen?«
    »Die wird’s immer geben«, erwidert Willy ungewöhnlich ernst und nachdenklich, »aber uns gibt’s ja auch noch. Und so wie wir denken eine ganze Masse Leute. Die allermeisten, das könnt ihr wohl glauben. Mir ist seit damals – ihr wisst ja, seit Ludwig und Albert – so allerhand durch den Schädel gegangen, und ich finde, dass jeder auf seine Weise irgendwas tun kann, selbst wenn er eine Kohlrübe als Kopf hat. Nächste

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