Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg zurück

Der Weg zurück

Titel: Der Weg zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.M. Remarque
Vom Netzwerk:
jetzt holt er sich ein Glas und lässt sich von Tjaden, der früher wie eine Laus vor ihm war, duzen und auf die Schulter kloppen. Verdammt, wie sich die Welt gedreht hat!
    Willy stößt Kosole aufmunternd in die Rippen. »Na?«
    »Ich weiß nicht, Willy«, sagt Ferdinand verstört, »soll ich dem da nun in die Fresse schlagen oder nicht? So hatte ich mir das doch nicht gedacht. Sieh dir an, wie er herumdienert, dieser Schleimscheißer. Da hat man doch gar keine Lust mehr.«
    Tjaden bestellt und bestellt. Es macht ihm einen Heidenspaß, seinen Vorgesetzten für sich springen zu sehen.
    Seelig hat nun auch schon allerhand hinter sich. Sein Bulldoggenschädel glüht, teils von Alkohol, teils von Geschäftsfreude.
    »Wollen uns wieder vertragen«, schlägt er vor, »ich spendiere auch eine Runde Friedensrum.«
    »Was?«, sagt Kosole und richtet sich auf.
    »Rum. Ich habe da noch eine Pulle im Schrank stehen«, sagt Seelig harmlos und geht sie holen. Kosole ist wie vor den Kopf geschlagen und starrt ihm nach.
    »Der weiß nichts mehr davon, Ferdinand«, vermutet Willy, »sonst hätte er das nicht riskiert.«
    Seelig kommt zurück und schenkt ein. Kosole faucht ihn an. »Weißt du denn nicht mehr, wie du Rum gesoffen hast vor Angst? Kannst ja Nachtwächter im Leichenschauhaus werden, du!«
    Seelig macht eine versöhnliche Handbewegung. »Ist doch schon lange her«, sagt er, »ist ja schon nicht mehr wahr.«
    Ferdinand schweigt wieder. Wenn Seelig einmal scharf antworten würde, wäre der Krach sofort da. Aber dieses ungewohnte Nachgeben verblüfft Kosole und macht ihn unentschlossen.
    Tjaden schnuppert, und auch wir heben die Nasen. Der Rum ist gut.
    Kosole schmeißt sein Glas um. »Ich lasse mir nichts spendieren.«
    »Mensch«, ruft Tjaden, »dann hättest du’s mir doch geben können!« Er versucht mit den Fingern zu retten, was zu retten ist. Nicht viel.
    Das Lokal leert sich allmählich. »Feierabend«, ruft Seelig und lässt die Rollläden herunter. Wir stehen auf.
    »Na, Ferdinand?«, frage ich. Er schüttelt den Kopf. Er ist mit sich nicht zu Rande. Das ist nicht mehr der richtige Seelig, dieser Kellner da.
    Der Wirt macht uns die Tür los. »Wiedersehen, die Herren, angenehme Ruhe.«
    »Herren«, kichert Tjaden, »Herren – früher sagte er Schweine. –«
    Kosole ist schon fast draußen, da wirft er zufällig einen Blick auf den Fußboden und sieht Seeligs Beine, die noch in den altbekannten Gamaschen stecken. Auch die Hosen haben noch Biese und Militärschnitt. Oben ist er Wirt, unten jedoch noch Feldwebel. Das entscheidet.
    Mit einem Ruck dreht Ferdinand sich um. Seelig weicht zurück. Kosole geht ihm nach. »Pass mal auf«, knurrt er, »Schröder! Schröder! Schröder! Kennst du den noch, Hund, verfluchter? Da hast du was für Schröder! Schönen Gruß vom Massengrab.« Er schlägt zu. Der Wirt kippt, springt hinter die Theke und greift nach einem Holzhammer. Er trifft Kosole auf die Schulter und ins Gesicht. Aber Ferdinand weicht überhaupt nicht aus, so wild ist er plötzlich. Er schnappt Seelig, drückt ihm den Kopf auf die Theke, dass es klirrt, und lässt alle Hähne los. »Da, sauf, du Rumbock! Ersticken sollst du, ersaufen in deinem Sauzeug!«, knirscht er.
    Das Bier strömt Seelig in den Nacken und schießt ihm durch das Hemd in die Hose, die gleich absteht wie ein Luftballon. Er brüllt vor Wut, denn es ist schwer, heutzutage so gutes Bier wiederzukriegen. Dann gelingt es ihm, sich hochzuwerfen und ein Glas zu fassen. Er stößt es Kosole von unten gegen das Kinn.
    »Falsch«, sagt Willy, der interessiert in der Tür steht, »er hätte mit dem Kopf stoßen und ihm dann die Knie wegreißen müssen.« Keiner von uns greift ein. Dies ist Kosoles Sache. Auch wenn er zuschanden geschlagen würde, dürften wir ihm nicht helfen. Wir sind nur dazu da, die andern zurückzuhalten, wenn sie Seelig beistehen wollen. Aber niemand will es mehr, denn Tjaden hat mit drei Worten die Sache erklärt.
    Ferdinands Gesicht blutet heftig; er wird jetzt richtig wütend und macht Seelig rasch fertig. Mit einem Schlag gegen die Kehle bringt er ihn herunter, kollert über ihn hinweg und haut seinen Schädel ein paarmal auf den Boden, bis er genug hat.
    Dann gehen wir. Lina steht käsebleich vor ihrem gurgelnden Chef. »Am besten, ihr bringt ihn ins Krankenhaus«, ruft Willy zurück, »wird ungefähr zwei bis drei Wochen dauern. Keine schlimme Kiste!«
    Draußen lächelt Kosole befreit wie ein Kind, denn Schröder ist jetzt

Weitere Kostenlose Bücher