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Der weibliche Weg Gottes

Der weibliche Weg Gottes

Titel: Der weibliche Weg Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Gerland
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bedenkt.
    Innere Unschuld hat etwas zu tun mit Hingabe, ohne Wenn und Aber, mit Neugier und dem Sehen, was ist. Das ist die Weisheit der Kinder. Wir verlieren diese Unschuld, wenn wir älter werden, glauben zu wissen, wie die Dinge wirklich sind, und halten diese Vorurteile für die Wahrheit, vertrauen auf die Regeln der anderen. Wir lernen, uns anzupassen, zu taktieren, wollen einen akzeptieren Platz im Leben, manche einen noch besseren im Himmel.
    Genies und Kinder missachten Regeln und Vorurteile, stellen neue auf. Wir können viel von ihnen lernen— wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. (Matt. 18,3)
    Nach heutigen Gesichtspunkten war Maria noch fast ein Kind, und aus dieser Unschuld heraus konnte sie bedingungslos ja sagen, unbefleckt empfangen — ihrem Gott bedingungslos vertrauen. Heidnische Göttinnen werden in der Mythologie oft als jungfräulich bezeichnet, obwohl sie durchaus Liebhaber hatten. Es war ein Zeichen von Selbstbestimmung. Sie verschmähten die Männer nicht, aber die dauerhafte Gemeinschaft mit einem. Dadurch blieben sie unabhängig, lebten ihr göttliches Leben, ohne sich anzupassen, folgten ihrer eigenen Mission. Das eint sie mit dem Kind Maria. Und so wird aus der Jungfrau eine junge Frau. Alles eine Sache der Übersetzung, sagen die einen, und nennen dafür Belege in der Urschrift. Die anderen glauben.

Ein Fenster öffnet sich

    Am siebten Tage aber sollst du ruhn. Es wird auch Zeit, Regen und Matsch haben mich zermürbt, und ich möchte mal wieder für mich allein sein. Somit scheiden Refugios aus, denn in denen kann man immer nur für eine Nacht sein. Walther und ich wählen ein Hotel in der Null-Sterne-Kategorie mit Ausblick auf desolate Hinterhöfe im Regen. Das Bett ähnelt einer Hängematte. Geheizt wird am Morgen und am Abend für jeweils eine Stunde. Aber es ist ein Einzelzimmer, und der Rucksack bleibt für einen Tag in der Ecke stehen.
    Am nächsten Tag betrete ich die Kirche mit Provianttüten, will nur schauen, wie es hier drinnen aussieht, und sofort schlägt mir warme Luft entgegen. Eine beheizte Kirche, wunderbar, nach meinem klammen und kalten Hotelzimmer. Sie ist schön, wird bewohnt, das ist spürbar. Es gibt frische Blumen in riesigen Vasen, und ihr Duft steigt mir süß und frisch zugleich in die Nase. Viel Gold, ein Triptychon im Mittelteil, an den Seiten die Heiligen, eine holdselig lächelnde Maria auf der rechten Seite, das Übliche.
    Die Messe hat gerade begonnen. Warum sich nicht einfach hinsetzen, dabei sein? So tun, als gäbe es irgendetwas, zu dem ich gehöre. Es ist die Zeit zwischen Mittag und Abend. Die Kirche ist gut besucht. Ich verstehe nicht, was der Priester vorne sagt. Wahrscheinlich ist das auch besser so. Irgendwann geht es doch in jeder Predigt um Sünde und Schuld, Buße und Vergebung. Was habe ich getan, dass ein Mensch dafür so brutal am Kreuz sterben musste? Ich bin kein Engel, weiß Gott nicht, aber wie groß ist meine Schuld? Groß genug für dieses Opfer? Da stirbt ein Mensch für mich, damit mein Sündenkonto getilgt wird, das habe ich nicht gewollt. Weder seinen Tod, noch das Abtragen meines Sündenberges. Es gibt Dinge, die sind nun einmal geschehen. Ich kann es auch gut so stehen lassen und mit der Erinnerung daran weiter leben. Vergebung am Kreuz ist keine Gnade, mehr ein Druckmittel. Ich habe mich klein zu fühlen, schuldig und dankbar.
    Das Kreuz lässt mich immer wieder zurückschrecken. Es ist das Symbol für Qualen. Wie viele Menschen sind am Kreuz und im Zeichen des Kreuzes gestorben? Noch vor dreihundert Jahren wären Frauen als Hexen verbrannt worden, weil sie etwas taten, was heute ganz normal ist: Heilen, Wahrsagen, mit einer schwarzen Katze allein zusammenleben. Für solche Gedanken, wie ich sie gerade habe, ganz sicher auch.
    Welch eine Symbolik: hier das Kreuz mit dem Leid, dort der lächelnde Buddha. Hier die düsteren Christus-Skulpturen mit realistischen Zeichen der Folter am Körper, dort ein dicker, glücklicher meditierender Buddha. Hier die Dornenkrone und Blutspuren, dort Gelassenheit und Ruhe. Und doch ist ihre Botschaft die gleiche: Liebe ist die stärkste Macht auf Erden. Schwer zu glauben. Was hat die Institution Kirche aus dieser Botschaft gemacht?! Woher mag das Gold stammen, das hier verarbeitet worden ist, von welchen Beutezügen der Konquistadoren in welchem Teil Südamerikas? Im Namen von Krone und Kreuz haben sie zusammengerafft, was nur eben ging. Und zu allem

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