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Der weibliche Weg Gottes

Der weibliche Weg Gottes

Titel: Der weibliche Weg Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Gerland
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was mit Verheißung, mit Leben, mit Hoffnung zu tun hat, wird mit dieser unglückseligen Schuld-Sünde-Vergebung-Kette in Verbindung gebracht.
    Dabei scheint Jesus doch ein recht lebensfroher Mensch gewesen zu sein, verwandelte Wasser in Wein, sorgte dafür, dass seine Anhänger genug zu essen hatten. Er ließ sich auch mit Leuten ein, die außerhalb der Gesellschaft standen: gestrauchelten Frauen, Zöllnern, armen Leuten. Was hat die Institution nur aus der Lehre gemacht, die sein Leben uns vermitteln sollte?
    Die Weihnachtsgeschichte ist wunderschön, sie ist das Prinzip der Hoffnung und Liebe, so, wie es sein ganzes Leben war. Nur kann ich mich nicht daran erinnern, sie auch nur einmal ohne die weitere unglückselige Verkettung von „Schuld und Vergebung“ gehört zu haben. Ostern ist es dann ganz schlimm, dann wird die Verkettung erweitert: Sünde — Schuld — Vergebung. Dieses: Du bist voller Schuld, begehst immer wieder Sünden. Wie kannst du dich jetzt einfach freuen, nur aus dir heraus? Du darfst dich nur freuen, wenn dir jederzeit bewusst ist, dass einer für deine Sünden gestorben ist, und zwar auf ziemlich brutale Art und Weise.
    Ein junges Mädchen, mit einem freudigen, mitreißenden, lauten Lachen, bekam noch vor zwanzig Jahren von einer Nonne gesagt: Dieses Lachen kommt vom Teufel. Peng! Damit bekommt jedes gute Gefühl gleich einen schuldigen Beigeschmack. Freude am Leben, Spaß, Tanzen, will im Augenblick des Glücks nicht an Schuld erinnert werden.
    Die christliche Terminologie spricht von der Liebe Gottes, weil er seinen Sohn geschickt hat, der uns zu ihm führt. Das ist nicht die Liebe, die ich mir wünsche. Du wirst geliebt, weil... Und nun zeig dich würdig und liebe Gott. Liebe ist nicht einklagbar, nicht provozierbar. Liebe ist freiwillig, ein Geschenk, das aus Vertrauen erwächst, und Vertrauen entsteht durch Offenheit. Alles andere ist Abhängigkeit.
    Zugegeben, es fällt mir schwer, Institution und Glauben voneinander zu trennen. Dieses: Du bist sündig, voller Schuld, verdammt in der Hölle zu leben. Und wenn du dann am Boden liegst und nach Luft schnappst, dich klein und hilflos fühlst, dann kommt die Hand und sagt: Wenn du an mich glaubst, mich liebst, wirst du gerettet. Nur dann wirst du tiefen Frieden finden, erlöst werden. Du warst schlecht, bist schlecht, wirst es immer sein, außer du glaubst an mich und tust, was ich dir sage.
    Dies ist ein Konzept, das Abhängigkeiten schafft. Ich bin nur ein guter Mensch, wenn ich ein guter Christ bin. Dann glaube ich, halte die Gebote ein und akzeptiere damit die Ordnung und Hierarchie der Kirche. Nun gut, das haben andere Religionen auch. Ich sage nicht, das Christentum ist schlechter als andere. Es ist die Religion meiner Kindheit, mein Kinderherz hat die Botschaft so aufgenommen und behalten, aber nun bin ich erwachsen und erkenne die Regeln dieses Spiels um Macht, das mit Abhängigkeiten operiert.
    Abhängigkeit ist ein Teil des Vater-Kind-Prinzips, das es in vielen Bereichen des Lebens gibt, es hat immer zwei Seiten. Einer stellt die Regeln auf, der andere hat zu akzeptieren. Auf der einen Seite Experten, Theologen, Gurus: Du hast keine Ahnung, wie es richtig geht, deshalb hast du Probleme, und wenn du es nicht einsehen willst, dann beweise ich es dir, verstricke dich in Diskussionen, ziehe dir erst den Boden unter den Füßen weg, mache dich klein, dann baue ich dich wieder auf und mache dich damit abhängig. Und nun geh' hinaus in die Welt und verkünde, wie toll ich bin — oder meine Lehre, und wie gut es dir mit mir und deinem neuen Wissen geht.
    Auf der anderen Seite Suchende, Gläubige, Jünger: Ich habe so viele Probleme. Du bist so toll, weißt alles, machst alles besser als ich. Sag mir bitte, was ich tun soll, damit ich so werde wie du?
    Dieses Konzept ist seelischer Missbrauch — von beiden Seiten. Beide brauchen sich, um sich gut zu fühlen. Die Erfahrung zeigt, dass jene, die sich besonders damit hervortun, Regeln zu vermitteln, selbst die größten Schwierigkeiten mit ihren eigenen Regeln haben. Also werden diese auf andere projiziert: Du sollst schaffen, wozu ich zu schwach bin, es mir aber nicht eingestehen will. Versagt der andere, wird er mit Strafen belegt, die der eigenen Person gelten sollten.
    Religion beruft sich auf die höchste Instanz menschlichen Denkens, die Dimension des Unsichtbaren, nicht Fassbaren. Etwas, was nicht zu widerlegen ist, weil es um Gott geht. Die abgeleiteten Regeln sind aber von Menschen

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