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Der Weihnachtsfluch - Roman

Der Weihnachtsfluch - Roman

Titel: Der Weihnachtsfluch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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tut mir wirklich leid. Vielleicht ist es gut, dass es seine Mutter nie erfahren hat. Sie war so glücklich, als Mr. Ross ihr mitteilte, dass Connor den Schiffbruch überlebt hatte. So viele Männer sind dabei ertrunken. Das Meer ist ein strenger Herr, aber man muss sich ja irgendwie ernähren. Das Festland kann auch seine Tücken haben. Also, was kann ich tun, um der armen Mrs. Ross zu helfen?«
    Emily war in Gedanken immer wieder durchgegangen, was sie fragen wollte. Sie war sich auch jetzt nicht sicher, aber nun hatte sie keine Zeit mehr zum Grübeln. Sie blickte in die müden Augen der Frau und auf die knotigen Hände in ihrem Schoß. Sie hatte sicher auch
schon einiges mitgemacht. Welche Frau würde ihr Kind in ein Waisenhaus geben, um es dort großziehen zu lassen? Emily dachte an ihre eigenen Kinder zu Hause, und plötzlich vermisste sie sie so sehnlichst, als wären sie von ihr gerissen worden. Sie konnte ihre Haut riechen, ihre Stimmen hören und das strahlende Vertrauen in ihren Augen sehen. Es gab nur eine Antwort: Es muss eine verzweifelte Frau sein, die keinerlei Kraft mehr hat, eine getriebene Frau oder eine, die im Sterben liegt.
    »Connor Riordan wurde umgebracht«, sagte sie geradeheraus und merkte, wie die Schwester aufseufzte, als ob ihr auch dieser Schmerz vertraut wäre. »Wir haben nie herausgefunden, wer ihn getötet hat, aber ich glaube, ich weiß, warum es geschah. Ich habe große Angst, dass es noch einmal passieren könnte, wenn wir es nicht verhindern. Diesmal könnte es Daniel treffen. Ich glaube, Hugo Ross hat hier etwas erfahren und wusste deshalb, wer der Verantwortliche war. Und weil er seine Mitmenschen liebte, entschloss er sich, nichts zu sagen. Kurz darauf starb er selbst. Er ahnte nicht, dass das Gift der Schuld und der Angst das Dorf langsam sterben lassen würde. Aber seine Witwe weiß es, und sie möchte vor ihrem Tod mehr als alles andere, dass die Dinge wieder in Ordnung gebracht werden. Vielleicht dem Dorf zuliebe, aber ich glaube, mehr noch für Hugo selbst.«
    »Eine gute Frau.« Die Schwester nickte und bekreuzigte sich mit tiefer Inbrunst. »Ich selber kann Ihnen nicht viel erzählen, aber ich erinnere mich, dass er sich eine Weile mit Mrs. Riordan unterhielt und dass er einiges über Mrs. Yorke wissen wollte. Das schien ihm große
Sorgen zu machen. Ich fragte ihn, ob ich ihm irgendwie helfen könnte, und er verneinte. Mrs. Riordan schien auch aufgewühlt zu sein, aber als ich mit ihr sprach, wusste sie anscheinend kaum etwas, oder sie wollte mir nicht sagen, um was es ging.«
    »Mrs. Yorke?«, fragte Emily verwirrt.
    »Nun, wir haben zwar ›Mrs.‹ zu ihr gesagt«, erklärte die Schwester mit einer kleinen Geste, als ob sie etwas Unbedeutendes abtun wollte. »Aber sie war eigentlich nicht verheiratet. Sie hat viele Jahre hier gearbeitet, dann ist sie auch gestorben. Aber sie war damals ja schon sehr alt und bereit, die Reise zu Gott anzutreten.«
    »Alt?« Emily war erstaunt. War sie Padraics Schwester? Dann müsste sie wesentlich älter als er gewesen sein. Oder vielleicht waren die beiden gar nicht verwandt. Es war kein gewöhnlicher Name, kam aber auch nicht so selten vor. »Könnte sie vielleicht eine Verwandte von Padraic Yorke gewesen sein? Er lebt im selben Dorf wie Mrs. Ross.«
    »Ja, ja.« Die Schwester seufzte. »In der Tat. Obwohl alles schon so lange her ist. Die arme Seele.«
    »Schon lange her? Aber sie sagten doch, dass sie schon alt war!«
    »Ja, das war sie. Fast schon achtzig, als sie starb. Muss wohl fünfzehn Jahre her sein, vielleicht sogar mehr.«
    Plötzlich fror Emily stärker, als es durch die kühle Temperatur im Raum zu erklären gewesen wäre. In ihrem Kopf mehrten sich hässliche Gedanken, die sich noch nicht zu einem Ganzen gefügt hatten. »Dann war sie gar nicht seine Schwester.«

    »Nein, meine Liebe, sie war seine Mutter«, sagte die Oberschwester erstaunt. »Sie war zu uns gekommen, bevor er auf die Welt kam. Zuerst sagte sie, sie sei Witwe, mit einem Kind schwanger, aber später war sie ehrlich zu uns. Sie war nie verheiratet gewesen. Zunächst war sie ein anständiges Mädchen gewesen, Dienstmädchen bei einer Familie in Holyhead in England. Als der Herr des Hauses sie schwängerte, nahm sie das Schiff nach Irland. Sie ging zunächst nach Dublin, aber als sie die Schwangerschaft nicht mehr verbergen konnte, wurde sie entlassen und kam dann in den Westen, nach Galway, wo wir sie aufnahmen. Sie war glücklich hier und blieb bei uns,

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