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Der Weihnachtsverrat: Roman (German Edition)

Der Weihnachtsverrat: Roman (German Edition)

Titel: Der Weihnachtsverrat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sah ihn mit verhaltener Abneigung an. »Sind Sie der Offizier, der Tallis verteidigt?«
    »Einer muss es ja tun«, erwiderte Narraway.
    »Sie sind neu hier, stimmt’s?« Nach einem kurzen Zögern fügte er noch ein »Sir« hinzu. Das war zwar nicht direkt unverschämt, aber kurz davor.
    »Seit fast einem Jahr bin ich in Indien, in Kanpur erst ein paar Wochen. Warum fragen Sie? Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«
    Peterson bemühte sich, ein freundliches Gesicht aufzusetzen.
    »Das hab ich mir schon gedacht. Sie würden Tallis nicht verteidigen, wenn Sie länger hier wären.«
    »Warum nicht? Finden Sie denn nicht, dass er vor Gericht gestellt werden sollte?«
    Peterson schwieg.
    »Oder soll er ohne Prozess gehängt werden?«, fragte Narraway. »Sie haben recht, ich bin noch nicht lange hier, noch nicht lange genug, um gleich zu bemerken, wie tief wir bereits gesunken sind. Wenn wir schon dabei sind – sollen wir vielleicht sonst noch jemanden hängen?«
    Peterson wurde rot. »Nein, Sir. Ich dachte nur … ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie Sie diesen Kerl verteidigen wollen. Die ganze Patrouille ist aufgerieben worden – alle außer Tierney, und der wird womöglich auch nicht durchkommen. An alldem ist Tallis schuld. Wäre Dhuleep nicht entkommen, hätte man sie nicht aus dem Hinterhalt überfallen können. Auf offenem Gelände hätte es wenigstens einen fairen Kampf gegeben.«
    »Nichts im Krieg ist fair, Gefreiter Peterson. Das müssten Sie nach drei Jahren Erfahrung eigentlich wissen. Aber ein Prozess muss fair sein. Darum geht es nämlich: Gerechtigkeit und nicht Rache. Wir sollten darüber erhaben sein, einen Menschen einfach zu hängen, auf Verdacht, weil er vielleicht etwas getan haben könnte, mit dem wir nicht einverstanden sind.«
    Mit stechendem Blick drehte sich Peterson zu Narraway um. »Nicht einverstanden?« Er brachte die Worte kaum heraus. »Er tötete Chuttur Singh mit einem Säbel, ließ Dhuleep entkommen, verriet die Patrouille, so dass alle aus dem Hinterhalt abgeschlachtet werden konnten. Ich denke, ›nicht einverstanden‹ ist ein etwas schwacher Ausdruck dafür – Sir!«
    »Ja, das stimmt«, bekräftigte Narraway. »Und wenn wir überzeugt sind, dass er der Verantwortliche ist, werden wir ihn am stärksten Ast aufhängen und da baumeln lassen. Aber erst nach einem Prozess – nicht ohne.«
    »Er ist der Einzige, der für die Tat infrage kommt. Hauptmann Busby hat alle befragt. Niemand anderer kann es getan haben.«
    »Dann wird das auch ohne Mühe vor Gericht bewiesen«, erwiderte Narraway. Er war erstaunt, dass er immer noch nicht alle Hoffnung aufgegeben hatte, eine andere Antwort zu bekommen. »Erzählen Sie, was geschah, als Sie den Alarm hörten und zum Gefängnis eilten.«
    Im Wesentlichen sagte Peterson dasselbe wie Grant und Attwood. In seinem Dialekt wählte er etwas andere Worte, aber die Tatsachen und seine Betroffenheit über die Tat waren dieselben wie bei den beiden anderen. Als er fertig war, ließ er den Blick nach vorne schweifen, wo zwei junge Frauen mit ihren Kindern zu Fuß unterwegs waren. Narraway dachte an die Frau, die er getroffen hatte, an die Kinder mit ihren bunten Papierketten, an Helenas Lächeln.
    »Wir müssen das hinter uns bringen«, sagte Peterson kaum hörbar. Er atmete tief ein und aus. Er sprach mit leiser, eindringlicher Stimme, eindeutig zu Narraway, auch wenn er ihn dabei nicht ansah. »Alles, wovon wir glaubten, dass es sicher ist, hat sich in Luft aufgelöst. Leute, denen wir vertrauten, haben sich gegen uns gewandt und uns getötet. Überall ist so etwas passiert. Selbst Frauen und Kindern erging es so. Aber Weihnachten ist Weihnachten, überall auf der Welt. Wir müssen uns darauf besinnen, wer wir sind. Wie es zu Hause ist. An was wir glauben …« Endlich wandte er sich Narraway zu und blickte ihm direkt in die Augen. »… wenn Sie verstehen, was ich meine, Sir?«
    »Ich weiß genau, was Sie meinen, Gefreiter Peterson.« Er wurde von den Gefühlen überwältigt, die in ihm hochkamen. Peterson war ihm so oberflächlich, ja fast verschlossen vorgekommen, und nun hatte ausgerechnet er den Kern der ganzen Angelegenheit besser ausgedrückt als die Offiziere. »Ich werde mein Bestes geben.« Es klang wie ein Schwur. Dann stand er auf, Peterson erhob sich ebenfalls und salutierte.
    Narraway begab sich schließlich ins Krankenhaus, um mit dem Stabsarzt zu reden.
    Eigentlich gab es überhaupt nur einen Grund, um mit Rawlins zu

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