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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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beharrlich – ein metallisches Kreischen aus den Wolken herabrauschte. Wie eine große Schauspielerin, deren Auftritt das Publikum in erwartungsvolles Schweigen versetzt, brach die Darwin über die Abenddämmerung herein.
    Die Quetzalianer, die zum ersten Mal in ihrem Leben ein Raumschiff sahen, sperrten Mund und Nase auf.
    Der Kurier rannte davon, nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte. Die Türsteherin ging zur Winde. Fünfzig Meter vom Fluß entfernt hielt die Darwin an, schwebte in der Luft, während sich die Brücke knirschend hinabsenkte.
    Francis kam sich vor wie ein Patient, der gerade erfährt, daß er nun doch nicht sterben muß. Das Kriegsziel war erreicht! Die Noctus-Droge berechenbar, kontrollierbar. Die Injektion konnte Tez keinen Schaden zugefügt haben.
    Als Francis erkannte, wo Burne landen wollte, erfüllte ihn grenzenlose Bewunderung für das diplomatische Geschick seines Freundes. Die Darwin steuerte nicht in die Wüste. Kleiner als eine Durchschnittsdüne, hätte sie einen mitleiderregenden Kontrast zu alldem Blut gebildet, daß sie gekostet hatte. Aber die Darwin nahm auch nicht Kurs auf die andere Seite der Mauer. Sie wäre mit ihren dröhnenden Maschinen eine schwere Beleidigung für das quetzalianische Technologie-Tabu gewesen.
    Als das Seil der Winde abgespult war, flog die Darwin auf das Tor zu und landete direkt auf der Zugbrücke.
     
    Die Holzplanken stöhnten zwar unter dem ungewohnten Tonnengewicht, brachen aber wunderbarerweise nicht, als Francis über den schmalen Rand zwischen dem Schiff und dem Burggraben lief. Er nahm den Schlüssel von der Kette, die um seinen Hals hing. Dann erstarb sein Lächeln, als er die Luke aufgeschlossen hatte, auf den Anblick von Burne Newmans muskulöser Gestalt und seines zerfurchten Gesichts vorbereitet, und nur einen leeren Rahmen vor sich sah. Er hängte sich die Kette wieder um den Hals und erschauerte, als das kalte Metall durch seine Robe drang, ging anBord, raste vorbei an den Sauerstoffröhren, die wie Organe aussahen und zum Kontrolldeck führten.
    Als Burne die Schritte hörte, drehte er seinen Stuhl herum und setzte ein Grinsen auf. »Tut mir leid, daß ich nicht an die Tür gekommen bin«, sagte er und deutete nach unten. Eine Bandage umschloß seinen linken Schenkel. Das weiße Leinen hatte einen häßlichen gelben Fleck.
    Francis schnappte nach Luft. Er konnte es nicht ertragen, in der Nähe eines Menschen zu sein, der Schmerz litt. Lieber wäre er selbst verletzt worden. »Wir bringen dich zu Dr. Mool.«
    »Nein«, erwiderte Burne mit einem makabren Zwinkern. »Es ist wirklich nur so schlimm, wie es aussieht.«
    Francis schälte sich aus seinem Umhang. Großer Gott, der Bastard hatte sich diese Wunde mit Absicht zugezogen.»Das ist sicher passiert, als du irgend jemand das Leben gerettet hast, was?«
    Burne grunzte und nickte. Er hatte keine Lust, zuzugeben, daß dieses Mißgeschick überhaupt nichts mit dem Krieg zu tun hatte.
    Zögernd schüttelte Francis die Hand seines Freundes, als würde er glauben, daß Kriegsverletzungen wie Krankheiten übertragen werden konnten. Aber seine Stimme war voller Zuneigung.
    »Ich hob den Kopf und entdeckte die alte Darwin, und das war der schönste Anblick seit Ollie Cortexclavus.«
    »Hast du an meinem Sieg gezweifelt?«
    »Ich sehe keine Überlebenden.«
    Burne erklärte, daß die Erste Armee von Aca zwei Tage spätereintreffen würde – schmutzig, aber glücklich. »Eigentlich müßten sie fünf TageVerspätung haben, aber weil ich Fieber hatte und ein bißchen benebelt war, dauerte es ewig lange, bis ich diesem verdammten Polluzit einen Tank voll Cäsium abgeschmeichelt hatte.«
    »Wollten die Quetzalianer dir nicht helfen?«
    »Meine Leutnants haben mich zum Schiff getragen, aber ihre verrückte religiöse Überzeugung verbot es ihnen, an Bord zu kommen. Sie wollten nicht einmal ihre Toten und Verwundeten hereinbringen.«
    »Wie viele sind es denn?«
    »Dreiundvierzig Quetzalianer sind tot, dreißig verwundet.« Burne strich über den Langbogen, der unpassenderweise an der Computereinheit L-17 lehnte.
    »Und die Neurovoren?«
    Jetzt grinste Burne zum erstenmal wirklich. »Was für Neurovoren?« krähte er.
    Francis begann zu tanzen. »Dr. N., du bist ein Wunder.«
     
    Burne fand, daß es Zeit fürs Dinner war, Francis ging in die Kombüse und kam mit zwei Konservenbüchsen voll scheußlicher Fleischbällchen zurück, erhitzte sie mit Kelvin-Hüllen. Wenn man sich vorstellte,

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