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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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Junge, der seinen verlorenen Spaniel im Tierasyl wiederfindet. Er lachte vor Freude, als er sah, daß der Cortexclavus in Sicherheit war, doch dann wartete er voller Entsetzen ab, welchen Zweck der Käfer erfüllen sollte.
    Die Frau zog den Käfig über Gras und nackte Haut, ließ ihn auf Burnes Hinterteil stehen. Sie öffnete ihn, griff nach dem stummen, hungrigen Bewohner. Während seine Beine durch die Luft ruderten und seine Antennen sich auf und ab bewegten und der Rüssel bereits rotierte, wurde der Korkenzieherkäfer von festen Fingern geleitet und dann auf einem köstlichen Fleischpudding freigelassen.
    Ein Schrei durchschnitt die Stille, schrill und spitz, laut genug, um die Toten zu erschrecken, die er geweckt haben mußte. Es muß ein anderes Gefühl sein, erstochen zu werden, als, durchbohrt zu werden, dachte Francis. Es muß anders sein, wenn das Fleisch aus einem herausgeschraubt wird wie Holz aus einem Brett. Das Blut schoß wie eine Fontäne.
    Er erhob sich, hoffte irgendwie, den Freund noch zu retten, hämmerte gegen das unnachgiebige Glas. Er wandte sich nach links, dann nach rechts, und da sah er, daß die Wand nicht den ganzen Korridor versperrte, sondern sich noch vor dessen Wand um neunzig Grad bog. Das Transpervium bildete keine Barriere, sondern eine Struktur, ein…
    Und plötzlich wußte er, wo er war. Vor drei Opochen hatten sich Francis und seine Freunde durch Erdreich und Schlamm gegraben und waren auf der anderen Seite einer solchen Wand aufgetaucht – auf der blinden Seite, in einem leeren Raum – in einem Raum, so hohl, daß das Machskop des Magnumautos getäuscht worden war und behauptet hatte, sie würden da oben ins Freie gelangen…
    Er raste nach links, zwängte sich zwischen dem Transpervium und der Steinwand hindurch. Mit donnerndem Herzen, das Gesicht zu dem kalten Fenster gewandt, die Augen auf den Sterbenden gerichtet, hörte er, wie das Summen des Tempels lauter wurde. Das Transpervium drehte sich, und als Francis um die nächste Ecke bog, drehte es sich erneut – und dann wurde ihm alles klar…
    Zunächst entdeckte er eine surrende Maschine – hier, in diesen heiligen Korridoren, in dieser verborgenen Kapelle herrschte das Verbotene, ein Obelisk der Technologie, so groß wie ein Magnumauto, wenn es sich auf den hinteren Gleitflächen aufrichtete. Francis hatte eine solche Maschine schon einmal gesehen – keine wirkliche, sondern ein Bild davon, in einem Nerdenbuch, betitelt »Das Morgen von Gestern«. Der Obelisk war ein altmodischer Holovisionsprojektor.
    Die Raumarchen Eden Zwei und Eden Drei waren bis zu den Schandeckeln mit diesen Dingern vollgestopft gewesen. Sie boten Schutz vor der Langeweile, vor den Neurosen, die jeden befallen, wenn er weiß, welches Schicksal ihn erwartet – in einer großen Blechkiste, die durch das Nichts flog, heranzureifen und zu sterben.
    Zum Glück waren die Bilder, die sie produzierten, nur Phantasie, längst nicht so aktuell wie »Stellvertretend« oder »Der Planet der austauschbaren Genitalien«. Die Transpervium-Struktur, in die sich das Magnumauto hineingebohrt hatte, war gar kein Raum, sondern ein dreidimensionaler Bildschirm – ein Holovisionsschirm. Burne war also gar nicht abgeschlachtet worden! Der Holovisionsschirm enthielt Bilder, schrecklich reale, schrecklich dimensionale Bilder – aber es waren eben nur Bilder. Erleichterung und Dankbarkeit Schossen aus Francis’ Seele wie Sperma.
    Aus einem blauen Kegel an der Spitze des Projektors drang ein dichter, kontinuierlicher Lichtstrahl. Und dieser Strahl beinhaltete offenbar nicht Burnes Ermordung, sondern den Gedanken an Burnes Ermordung, einen Gedanken, der säuberlich auf eine Billion biophotonischer Partikel verteilt war, auf winzige Lebensstückchen, die unsichtbar dahinrasten, bis sie in den Holovisionsschirm eingedrungen waren, um sich in einer lebhaften Bilderflut erneut zu vereinen.
    Aber wo hatte der Gedanke seinen Ursprung? Da war kein Film zu sehen, kein Band – nichts, womit der Holojektor gefüttert wurde.
    Francis wandte sich von dem Bildschirm ab, der nun einen Mann zeigte, der sich in einer Blutlache wälzte, während eine grinsende Frau über ihm stand und sich nackt auszog. Er folgte dem Lichtstrahl bis zu seiner Quelle, blickte hinab auf blinkende Lichter – und da entdeckte er eine Gestalt, die in den Schatten am Sockel des Holojektors kauerte. Es war die atemberaubend schöne Frau – Burnes Opfer und seine Mörderin.
    Ticoma saß auf einem dicken

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