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Der weiße Bikini

Der weiße Bikini

Titel: Der weiße Bikini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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direkt unter die linke Kniescheibe trat. Er schrie,
als das Bein unter ihm nachgab, hörte aber auf, als ihn meine rechte Faust
zwischen beiden Augen traf.
    Ich zog seine Geldscheintasche
aus einer Innentasche seiner Jacke und nahm meine zweihundert Dollar zurück.
Die Wagenschlüssel waren in einer Seitentasche, also nahm ich sie auch und ging
aus der Hütte zu dem Wagen, der draußen stand. Wenn Joe Kirk wieder zu sich
kam, so überlegte ich, so hatte er die Wahl, entweder die dreißig Kilometer zur
Stadt zu Fuß zu laufen oder in der Hütte zu bleiben und die Zeit dazu zu
benutzen, sich ein Telefon zu basteln, damit er ein Taxi anrufen konnte.

VIERTES KAPITEL
     
    V on der blutroten Neonschrift
über der Tür bis zum verrauchten, engen, fast dunklen Inneren machte das Katzenjammer seinem Namen alle Ehre. Ich fand einen Tisch an der Wand von der Größe einer
Serviette und bestellte Kaffee bei einer Kellnerin in einem gewürfelten
Gingham, der hübsch ausgesehen haben würde, wenn sie dreißig Pfund weniger
gewogen hätte.
    Nach einiger Zeit hatten sich
meine Augen an die herrschende Atmosphäre gewöhnt, und ich konnte sogar die
Farbe des Espressos vor mir sehen, der sanft in seiner Tasse brodelte. Er sah
irgendwie embryonal aus. Meine Uhr zeigte fünf nach elf, und ich vermutete, daß
es erneut eine lange Nacht werden würde. Ich war mit einer Frühmaschine von Las
Vegas zurückgeflogen, hatte wunderbare acht Stunden geschlafen und war dann mit
dem Wagen nach Venice hinuntergefahren.
    Das Lokal war ziemlich besetzt,
und um mich herum zeigte sich in den Gesichtern der wenigen überlebenden
bärtigen Beatniks und in den lebendigeren Gesichtern der Studenten und
Studentinnen ein Ausdruck von Erwartung. Ich fragte mich träge, ob beim ersten
Schlag von Mitternacht ein Blitz aufzucken und sich alle die Espressotassen in
Rieseneier verwandeln würden, aus denen sofort eine auf marschierende Reihe von
Revuegirls ausgebrütet werden würde.
    Fünf Minuten später richtete
sich ein flackernder gelber Scheinwerfer auf einen Fleck in der Mitte des
Lokals und rief spasmodisch rieselnden Beifall hervor, der in ein
ohrenbetäubendes Getöse überging, als ein Mädchen mit einer Gitarre erschien.
Sie schlug einen einzigen Akkord auf ihrer Gitarre an, und sofort stellte sich
im Raum Stille ein. Ihre Stimme war voll, eindringlich und voller Vibrato und
wurde beinahe unerträglich melancholisch, als sie das klassische Stück Barbara Allen sang.
    Als der Applaus sich endlich
etwas gelegt hatte, fing sie erneut zu singen an. Ich beobachtete sie völlig
fasziniert und hörte die Kadenzen der wie eine Glocke tönenden Stimme, nicht
aber die Worte. Sie war groß und schlank, mit sehr, sehr langem weizenblondem
Haar, das ihr wie ein Wasserfall fast bis auf die Taille hinunterfiel. Im
Gesicht trug sie nicht das geringste Make-up, was die makellos weiße Haut über
den Backenknochen wie durchsichtig erscheinen ließ. Ihre Augen waren von
mediterraner Bläue und glitzerten wie Weihnachtsfrost auf einer Tanne. Sie trug
einen leichten Pullover, der eine Andeutung von kleinen, aber voll gerundeten
Brüsten sehen ließ, und einen weiten Rock, der eindeutig unter Beweis stellte,
daß sie gute Beine hatte.
    Und sie sang. Die klassischen
Balladen, ein paar Seemannslieder. Die Zeit hielt inne, um der mühelosen
Reinheit der Töne in ihrer Stimme zu lauschen. Ihr letztes Lied war ein altes
englisches klassisches Stück — so sagte sie — mit dem Titel Mother, Mother Make My Bed . Die
traurige Geschichte eines jungen Mannes, der mit wilder Leidenschaft seine
Geliebte suchte. Aber das Unvermeidliche geschieht :
     
    »He rode, he rode till he met six young men
    With a corpse all dressed in white .«
     
    Mir schien, als hätte ich die
Ballade schon mal irgendwo gehört, aber so wie sie sie sang, spielten Worte
keine Rolle. Als das Lied zu Ende war, blieb sie einen Augenblick mit gesenktem
Kopf stehen, dann trat sie rasch aus dem Scheinwerferlicht, während der
donnernde Applaus noch für zwei, drei Minuten anhielt, nachdem sie gegangen
war.
    Im Lokal wurde es wieder
normal, die Geräusche angeregter Unterhaltung standen im Wettbewerb mit nachdrücklichem
Klirren von Küchengeschirr und dem Zischen der Espressomaschine. Meine leiblich
gewichtige Kellnerin erschien wieder und blickte mich anklagend an.
    »Sie haben Ihren Kaffee nicht
getrunken, und jetzt ist er kalt«, sagte sie scheltend. »Wollen Sie frischen ?«
    Ich schauderte. »Jack

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