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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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‹Großmächtiger König›, würde ich sagen, ‹warum stürzt
     Ihr Euch nicht von einer hohen Klippe und bittet Gott, dass er Euch Flügel verleihe?›» Er schob mir einen Teller Schweinerippchen
     hin. «Ich bin hier, damit man mich im Auge behalten kann. Sie wollen sicherstellen, dass ich keinen Verrat plane.»
    «Tust du’s denn?»
    «Natürlich.» Er grinste. «Willst du dich mir anschließen? Du schuldest mir einen Gefallen.»
    «Mein Schwert zu deinen Diensten?», sagte ich.
    «Ja.» Er meinte es ernst.
    «Wir zwei gegen Wessex?», fragte ich. «Oder fällt dir noch jemand ein, der mit uns kämpfen würde?»
    Er zog die Stirn in Falten und dachte nach, konnte aber keinen einzigen Namen nennen. Er tat mir leid, wie er so |56| dahockte und auf den Tisch starrte. Ich hatte Æthelwold immer gemocht, doch niemand würde ihm vertrauen, denn er war leichtsinnig
     und hatte keinen Funken Verantwortungsgefühl. Alfred hatte ihn wohl richtig eingeschätzt. Æthelwold würde sich, saufend und
     hurend, ganz allein in die Bedeutungslosigkeit verabschieden. «Vielleicht sollte ich mich Guthrum anschließen», sagte er.
    «Was hält dich davon ab?»
    Er sah mich an, blieb aber eine Antwort schuldig. Womöglich war ihm klar, dass Guthrum ihn mit offenen Armen empfangen, ihn
     dann für seine Zwecke benutzen und anschließend töten würde. Andererseits war das vielleicht immer noch besser als sein jetziges
     Dasein. Æthelwold zuckte mit den Achseln, lehnte sich zurück und schob sich die Haare aus der Stirn. Er war ein sehr gut aussehender
     junger Mann, doch das beförderte nur seinen Leichtsinn, denn die Mädchen fühlten sich von ihm genauso magisch angezogen wie
     die Priester vom Gold. Seine Zunge war vom vielen Bier schon träge, als er sagte: «Wulfhere glaubt, dass Guthrum zurückkommen
     und uns alle umbringen wird.»
    «Mag sein», entgegnete ich.
    «Und wenn mein Onkel stirbt», lallte er, ungeachtet der anderen Gäste, die ihn hören konnten, «wäre sein Sohn noch viel zu
     jung, um König zu werden.»
    «So ist es.»
    «Also wäre ich an der Reihe.» Er lächelte.
    «Oder Guthrum», entgegnete ich.
    «Tja, mein Freund, wir stecken eben alle in derselben Jauchegrube», sagte er, «lass uns darauf anstoßen.» Er grinste mir auf
     seine unwiderstehliche Art zu. «Wenn du nicht für mich kämpfen willst», fragte er, «wie gedenkst du mir dann den Gefallen
     zurückzugeben?»
    |57| «Wie hättest du es denn gern?»
    «Du könntest Abt Hewald umbringen. Ganz langsam und möglichst grausam. Wie wär’s damit?»
    «Das könnte ich», antwortete ich. Hewald war der Abt von Winburnan und berüchtigt für seine Strenge, mit der er seinen Schülern
     das Lesen beibrachte.
    «Allerdings», fuhr Æthelwold fort, «würde ich dieses dürre Miststück lieber selbst massakrieren. Also lass es bleiben. Ich
     denke mir etwas anderes aus, etwas, das meinem Onkel weh tut. Du kannst ihn doch auch nicht leiden, oder?»
    «So ist es.»
    «Dann lassen wir uns eine schöne Gemeinheit einfallen. Oh, verdammt   …», fluchte Æthelwold, weil plötzlich Wulfheres Stimme vor der Tür zu hören war. «Er ist sauer auf mich.»
    «Warum?»
    «Eine seiner Kuhmägde ist schwanger. Wahrscheinlich wollte er sie selbst, aber ich habe sie zuerst genagelt.» Er leerte seinen
     Krug. «Ich gehe in die Drei Glocken. Kommst du mit?»
    «Ich muss mit Wulfhere sprechen.»
    Æthelwold verschwand durch den Hinterausgang, als der Aldermann zur Tür hereinkam. Wulfhere war in Begleitung von zehn oder
     zwölf Thegn, sah mich sofort und kam auf mich zu. «Die Bischofskirche wird gerade neu geweiht», knurrte er. «Stunde um Stunde
     nichts als Liturgie und Gebete, um den Geruch der Dänen zu vertreiben. Es ist nicht auszuhalten.» Er ließ sich neben mir auf
     einen Hocker fallen. «Habt Ihr Æthelwold hier gesehen?»
    «Ja.»
    «Wollte er, dass Ihr Euch seinen Umsturzplänen anschließt?»
    |58| «Ja.»
    «Verdammter Narr. Was hat Euch hierhergeführt? Wollt Ihr mir Euer Schwert andienen?» Ihm lag daran, dass ich mich ihm als
     Kämpfer zur Seite stellte.
    «Ich bin gekommen, um eine der Geiseln zu sehen, und ersuche Euch um Erlaubnis.»
    Er schnippte mit den Fingern nach einem Krug Bier. «Diese verfluchten Geiseln. Ich musste neue Häuser bauen, um sie unterzubringen.
     Und wer bezahlt dafür?»
    «Ihr?»
    «Natürlich. Und wer füttert sie durch? Wer schließt sie ein, wer lässt sie bewachen? Kommt etwa Alfred für irgendetwas

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