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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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höhnisch zum Zweikampf ein. «Bleibt im Wall!», rief Leofric.
    |465| «Achtet nicht auf sie!», brüllte Osric.
    Reiter kamen aus der Festung, wohl an die hundert, und sammelten sich hinter der
Skjaldborg
, die von Sveins Kämpfern und Wulfheres Sachsen gebildet wurde. Svein ritt zu ihnen. Deutlich sah ich sein weißes Pferd, den
     weißen Mantel und den Helmschmuck aus weißem Rosshaar. Die Aufstellung der Reiter bedeutete, dass Svein erwartete, unsere
     Reihen würden nicht lange standhalten, und dass er flüchtende Männer unseres Heeres niederreiten und erschlagen lassen wollte,
     so wie er es mit Peredurs Britonen bei Dreyndynas getan hatte. Die Dänen waren voller Zuversicht, und dazu hatten sie auch
     allen Grund. Sie waren uns zahlenmäßig überlegen und hatten die besseren Kämpfer, denn in unseren Reihen standen mehr Männer,
     die zwar mit einem Pflug umzugehen wussten, nicht aber mit einem Schwert.
    «Vorwärts!», brüllte Osric, doch seine Männer rückten nur einen zaghaften Schritt weiter vor.
    Vom Rand meines Helms tropfte Regenwasser, lief innen an der Gesichtsplatte hinunter, sickerte durch das Kettenhemd und rann
     kalt über meine Brust und meinen Bauch.
    «Zerschlage sie, o Herr!», rief Beocca. «Zerschlage den Feind ohn’ all Erbarmen!»
    Pyrlig betete. Jedenfalls schien es mir, als betete er, denn er sprach in seiner Muttersprache, aus der ich immer wieder das
     Wort
duw
heraushörte, und ich wusste von Iseult, dass
duw
das britonische Wort für Gott war. Hinter Pyrlig stand Æthelwold, der eigentlich hinter mir hätte stehen sollen, aber Eadric
     hatte darauf bestanden, meine Rückendeckung zu übernehmen, also sollte Æthelwold nun Pyrlig schützen. Æthelwold redete unablässig
     und versuchte so, seine Angst zu verstecken. Ich wandte mich zu ihm. «Und halt immer deinen Schild hoch.»
    |466| «Ich weiß, ich weiß.»
    «Du musst Pyrligs Kopf schützen, verstehst du?»
    «Ich weiß.» Es ärgerte ihn, dass ich ihm Ratschläge gab. «Ich weiß!», wiederholte er trotzig noch einmal.
    «Vorwärts!», rief Osric, der wie Alfred im Sattel saß und mit gezogenem Schwert hinter seinen Reihen auf und ab trabte. Fast
     hatte es den Anschein, als wollte er seine Männer mit der Schwertspitze anstacheln. Wieder ging es ein paar Schritte nach
     vorn, und wieder hoben die Dänen ihre Schilde. Wieder krachte Lindenholz aufeinander, als sich die
Skjaldborg
schloss, und wieder zögerten unsere Reihen. Svein und seine Reiter waren jetzt ganz am Ende der Linie, aber Osric hatte dort
     eine Gruppe Männer mit Piken aufgestellt, die bereit waren, unsere offene Flanke zu verteidigen.
    «Für Gott! Für Wiltunscir!», rief Osric. «Vorwärts!»
    Alfreds Kämpfer standen links von Osrics Fyrd und um ein Stück zurückversetzt, weil dort mit einem Angriff von der Festung
     zu rechnen war. Unsere Gruppe rückte willig vor, doch wir waren fast alle Krieger und wussten, dass wir in einer Reihe mit
     Osrics zögerlichen Truppen bleiben mussten. Dann stolperte ich fast an einem Erdloch, in das sich drei zitternde Junghasen
     duckten. Ich weiß nicht, warum Hasen ihre Jungen auf freiem Feld zur Welt bringen, aber sie tun es, und so lagen sie da, drei
     kleine schutzlose Tiere. Die Männer hinter mir würden sie tot trampeln, und damit wären sie die Ersten, die an diesem windigen
     Regentag sterben mussten.
    «Brüllt etwas!», rief Osric. «Nennt sie Bastarde! Sagt ihnen, sie sind Hurensöhne! Scheiße aus dem Norden! Brüllt!» Er wusste,
     dass man die Männer auf diese Weise in Bewegung setzen konnte. Die Dänen schrien uns zu, dass wir Weiber seien und keinen
     Mut hätten. Jetzt wurden |467| auch in Osrics Reihen die ersten Stimmen laut, und der regnerische Morgen war vom Lärm der Holztrommeln und von Schmährufen
     erfüllt.
    Ich hatte mein Schwert auf den Rücken gehängt. Im Schlachtengedränge lässt es sich leichter über die Schulter ziehen als aus
     dem Gurt an der Hüfte, und der erste Schlag kann so wuchtig sein wie ein Axthieb. In der rechten Hand hielt ich den Wespenstachel,
     meine Saxe. Das Kurzschwert mit der breiten Klinge war gut geeignet, um aus kurzer Distanz zuzustechen. Im engen Schildwall
     lässt sich besser mit ihr kämpfen als mit einer langen Waffe. Meinen eisenbeschlagenen Schild hielt ich mit dem linken Unterarm,
     der in zwei Lederschlaufen steckte. Der Schild hatte einen schweren Eisenbuckel von der Größe eines Männerkopfes und war damit
     selber eine Waffe. Steapa, der

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