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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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aufzustehen und mit Schlangenhauch zuzustechen, und auf meiner Linken stieß Leofric einen gellenden Schrei aus,
     und ich sah Blut ins Gras strömen, das aber sogleich vom Regen weggespült wurde. Wieder hallte ein Donnerschlag, als ich in
     den Graben zurückrutschte.
    Der Hang war von unseren Versuchen hinaufzukommen vollkommen aufgewühlt, und der weiße Kalkfelsen |498| trat unter der nassen, zerstörten Grasschicht zum Vorschein. Wir waren kläglich gescheitert und mussten uns von den Dänen
     verhöhnen lassen. Dann rannte spritzend der nächste Ansturm von Männern durch den Graben, und das Krachen von Schwertern und
     Schilden begann aufs Neue. Erneut versuchte ich hinaufzukommen und bohrte meine Stiefel so fest es ging in die Kalkwand. Meinen
     Schild hatte ich gehoben, also sah ich nicht, wann mir der Gegner von oben entgegenkam. Doch dann spürte ich den wuchtigen
     Aufprall einer Axt, die meinen Schild splittern ließ. Ein zweiter Hieb streifte meinen Helm und warf mich zurück, und ohne
     Iseults Haarsträhne ums Handgelenk hätte ich Schlangenhauch verloren. Steapa bekam einen dänischen Speer zu fassen und zerrte
     dessen Träger über die Böschung nach unten, wo er von einem halben Dutzend Sachsen blindwütig zerhackt wurde. Das aufgewühlte
     Wasser im Graben schlug Blasen und färbte sich rot. Und da rief uns jemand zu einem neuen Angriff, und ich sah, es war Alfred,
     der aus dem Sattel gestiegen war und den Graben durchqueren wollte. Ich brüllte meinen Männern zu, ihn zu beschützen.
    Pyrlig und ich stellten uns vor den König, und so versuchten wir ein drittes Mal, die blutdurchtränkte Böschung zu erklimmen.
     Pyrlig schrie in seiner Muttersprache, ich fluchte auf Dänisch, und irgendwie schafften wir es bis zur Hälfte des Walls, auf
     den Füßen zu bleiben, und von hinten stieß mich jemand weiter, vielleicht war es Alfred. Unablässig prasselte Regen auf uns
     nieder, Donner erschütterten den Himmel, und ich schwang mein Schwert, versuchte, die Schilde der Dänen zu treffen, schwang
     erneut herum und traf dabei so wuchtig auf einen der eisernen Buckel, dass es mir den Arm aus der Schulter zu reißen schien.
     Ein Däne, ganz Bart und aufgerissene Augen, zielte mit |499| seinem Speer auf mich. Ich stach mit dem Schwert nach ihm, schrie Iseults Namen und kletterte weiter. Wieder stieß der Däne
     mit dem Speer zu und kratzte mit der Spitze über meinen Helm. Mein Kopf wurde davon in den Nacken zurückgeworfen, während
     mich ein anderer Däne zugleich seitlich am Kopf traf. Da wurde die ganze Welt verschwommen und schwarz. Ich glitt aus, und
     wie im Traum erlebte ich, dass ich erneut in den Graben fiel. Jemand zog mich aus dem Wasser und an der anderen Seite aus
     dem Graben. Dort versuchte ich aufzustehen, doch ich fiel wieder zu Boden.
    Der König. Der König. Er musste geschützt werden, und das letzte Mal hatte ich ihn im Graben gesehen, und ich wusste, dass
     Alfred kein Krieger war. Er war mutig und tapfer, doch ihm fehlte die Lust am Kampf, die einen Krieger ausmacht. Diesmal gelang
     es mir, aufzustehen und stehen zu bleiben. Mein rechter Fuß stand in Blut, das über den Stiefelrand sickerte, als ich auftrat.
     Der Graben lag inzwischen voller Toter und Sterbender. Wer noch lebte, flüchtete aus dem Graben und wurde von den Dänen ausgelacht.
     «Her zu mir!», brüllte ich. Noch durften wir uns nicht geschlagen geben. Steapa und Pyrlig waren schnell zur Stelle, und auch
     Eadric kam. Mein Schädel dröhnte, mein Arm wollte mir kaum mehr gehorchen, doch es musste noch eine letzte Kraftanstrengung
     möglich sein. «Wo ist der König?», fragte ich.
    «Ich habe ihn aus dem Graben geworfen», antwortete Pyrlig.
    «Ist er in Sicherheit?»
    «Ich habe den Priestern gesagt, sie sollen ihn zurückhalten. Sie sollen ihn niederschlagen, wenn er noch einmal versucht,
     zum Graben zu kommen.»
    «Ein Angriff noch», sagte ich. Ich wollte diesen Angriff |500| nicht. Ich wollte nicht über die Leichen im Graben steigen und das Unmögliche versuchen, nämlich diesen Wall zu erklimmen,
     und ich wusste, dass es dumm war, wusste, dass ich bei diesem Versuch wahrscheinlich sterben würde, aber wir waren Krieger,
     und Krieger wollen sich nicht geschlagen geben. Das macht ihr Ansehen aus. Das macht ihren Stolz aus. Das macht den Wahnsinn
     der Schlacht aus. Ich trommelte mit meinem Schwert auf meinen halbgebrochenen Schild. Und die anderen taten es mir nach, und
     die Dänen luden uns zum

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