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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Geschenke zukommen?»
    Pater Mardoc wusste immer noch nicht, wie ich hieß, und fürchtete sich offenbar, danach zu fragen. Er war von Männern in Leder
     und Kettenhemden umringt, von Männern mit Schwertern, Äxten und Speeren, und er hielt uns alle für Dänen, denn ich hatte allen,
     die Kreuze oder Kruzifixe trugen, befohlen, diese unter ihren Kleidern zu verbergen. Um ihn in diesem Glauben zu lassen, sprachen
     nur Haesten und ich mit ihm, und falls ihn das wunderte, sagte er nichts dazu. Stattdessen erzählte er mir, dass sein Herr,
     König Peredur, von einem Nachbarn namens Callyn |81| hinterhältig angegriffen worden sei und dass Callyns Streitkräfte eine Festung am Meer eingenommen hätten. Peredur würde uns
     großzügig entlohnen, wenn wir an seiner Seite kämpften und ihm halfen, die Festung Dreyndynas zurückzuerobern.
    Ich forderte Pater Mardoc auf, sich in den Bug zu setzen, damit wir uns ungestört beraten konnten. Es gab einiges zu bedenken.
     Dem Versprechen großzügiger Entlohnung war nicht zu trauen. Womöglich würde Peredur versuchen, uns mit ein paar wertlosen
     Münzen abzuspeisen. Und es konnte gut sein, dass er sich auch die noch zurückholen wollte, indem er uns allesamt umbringen
     ließ. «Ich finde», sagte Leofric, «wir sollten diesen Callyn aufsuchen und fragen, wie viel er uns bietet.»
    Ein vernünftiger Rat, nur wusste keiner von uns, wo Callyn zu finden war. Wir erfuhren erst später, dass auch er sich König
     nannte, was allerdings nicht viel bedeutete, denn in Cornwalum bezeichnete sich jeder Mann, dem mehr als fünfzig bewaffnete
     Männer unterstanden, als König. Ich ging also zu Pater Mardoc in den Bug, und wir unterhielten uns erneut. Er berichtete mir,
     dass Dreyndynas, eine vor langer Zeit errichtete Burg, den Weg nach Osten bewachte, sodass nun, da Callyn sie besetzt halte,
     Peredurs Volk vom Rest der Welt abgeschnitten sei.
    «Aber Ihr habt doch Schiffe», sagte ich.
    «Die hat auch Callyn», entgegnete er. «Außerdem eignen sich unsere Schiffe nicht für den Transport von Vieh.»
    «Vieh?»
    «Wir leben vom Viehhandel.»
    Callyn hatte Peredur also in der Hand, und wir sollten in diesem kleinen Krieg das Zünglein an der Waage spielen. «Wie viel
     wird uns Euer König zahlen?», fragte ich.
    |82| «Hundert Silberstücke», antwortete er.
    Ich zog mein Schwert Schlangenhauch. «Ich verehre die wahren Götter», sagte ich, «allen voran Hoder, der Blutopfer verlangt,
     und damit habe ich ihm schon viele Tage nicht mehr dienen können.»
    Pater Mardoc zeigte sich entsetzt, und das war sehr vernünftig. Er war noch jung, obwohl das schwer einzuschätzen war, denn
     von seinem Gesicht war vor lauter Bart und Haaren nicht viel zu erkennen: nur eine gebrochene Nase und zwei von struppigen
     schwarzen Brauen überschattete Augen. Dänisch habe er, wie er mir sagte, als Sklave eines gewissen Godfred gelernt, eines
     dänischen Kriegsherrn, vor dem er hatte fliehen können, als dieser ausgezogen war, um die Sillans, eine Inselgruppe im Westen,
     zu plündern. «Sind diese Inseln reich?», fragte ich. Ich hatte schon von ihnen gehört, doch meinten manche, dass es sie nur
     in der Welt der Legenden gebe. Andere behaupteten, diese Inseln tauchten mit dem Mond auf und ab. Nun versicherte mir Pater
     Mardoc, dass es sie tatsächlich gab und dass sie die Inseln des Todes genannt wurden.
    «Also lebt dort niemand?», fragte ich.
    «Doch, es gibt ein paar kleine Siedlungen», antwortete er. «Aber vor allem haben dort die Toten ihre Häuser.»
    «Sind sie reich?»
    «Eure Schiffe haben alles geraubt.» Und dann beteuerte er noch einmal, dass sich Peredur uns gegenüber als großzügig erweisen
     würde und für unsere Hilfe womöglich weit mehr als hundert Silberstücke zu geben bereit wäre. Also forderte ich Pater Mardoc
     auf, seinen Männern im Boot zuzurufen, dass sie uns zur Siedlung Peredurs vorausfahren sollten. Den Priester hielt ich als
     Geisel zurück für den Fall, dass er uns belogen hatte und versuchte, uns in einen Hinterhalt Peredurs zu locken.
    |83| Doch so war es nicht. Peredurs Königreich bestand aus einer kleinen Ansammlung von Hütten, die, am Hang eines steilen Hügels
     gelegen, eine Bucht überblickte und von einer Hecke aus Dornbüschen umfriedet war. Seine Untertanen hinter diesem Dornwall
     lebten vom Fischfang und von der Viehzucht. Vermögend war niemand, ausgenommen der König selbst, der einen durchaus stattlichen
     Palas bewohnte, in dem er

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