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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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meine Armreifen. «Und wem dienst du?»
    |214| «Svein vom Weißen Pferd.»
    «Svein? Der war aber nicht in Readingum. Und in Werham auch nicht.»
    «Nein, er war in Dyflin», sagte ich, «damals war ich mit Ragnar dem Älteren zusammen.»
    «Ah, Ragnar. Armer Hund.»
    «Sein Sohn ist wohl tot, was?», fragte ich.
    «Was sonst?», entgegnete der Mann. «Als Geisel, die er war.» Er schien nachzudenken und runzelte erneut die Stirn. «Wieso
     ist Svein hier? Ich dachte, er wäre mit dem Schiff unterwegs.»
    «So ist es auch», antwortete ich. «Wir sind hier, um mit Guthrum zu reden.»
    «Svein schickt einen Stummen, um mit Guthrum zu reden?»
    «Zum Reden hat er mich geschickt», sagte ich. «Der da», und ich zeigte mit dem Daumen auf Leofric, «hat den Auftrag, Leute
     kaltzumachen, die zu viele Fragen stellen.»
    «Schon gut, schon gut.» Der Mann hob beschwichtigend beide Hände.
    Wir schliefen im Stall, von Stroh gewärmt, und brachen schon vor Sonnenaufgang auf, und in diesem Moment hätten fünfzig Westsachsen
     ausgereicht, um Cippanhamm zurückzuerobern. Die Dänen waren betrunken, schliefen ihren Rausch aus und hatten alles um sich
     herum vergessen. Leofric nahm einem Mann, der im Schrankraum lag und schnarchte, Schwert, Axt und Schild ab. Unbehelligt verließen
     wir durch das Westtor die Stadt und fanden auf einem Feld in der Nähe über hundert Pferde. Die beiden Posten, die zu ihrer
     Bewachung abgestellt waren, schliefen in einem Unterstand. Wir hätten die ganze Herde stehlen können, doch uns fehlten Sättel
     und Zaumzeug, sodass wir |215| uns unwillig entschließen mussten, zu Fuß weiterzuziehen. Wir waren jetzt zu viert, denn Eanflæd hatte beschlossen, mit uns
     zu gehen. Sie hatte Iseult in zwei dicke Umhänge eingemummt, doch das britonische Mädchen zitterte nach wie vor.
    Wir gingen nach Südwesten, über eine Straße, die sich zwischen sanften Hügeln hinschlängelte. Wir wollten nach Baðum. Von
     dort konnte ich mich weiter Richtung Süden nach Defnascir zu meinem Sohn wenden, doch es war klar, dass uns die Dänen voraus
     waren. Einige von ihnen mussten am Tag zuvor hier entlanggeritten sein, denn schon im ersten Dorf, das wir erreichten, krähte
     kein Hahn mehr, überhaupt herrschte völlige Stille, und was ich zunächst für Morgennebel gehalten hatte, war Rauch, der über
     ausgebrannten Hütten schwebte. Noch dichter war der Rauch, den wir in einiger Entfernung vor uns sahen und der vermuten ließ,
     dass die Dänen auch Baðum schon eingenommen hatten, eine Stadt, die sie gut kannten, denn dort hatten sie einen der Friedensverträge
     mit Alfred ausgehandelt. Als am Nachmittag eine dänische Reiterschar auf der Straße hinter uns auftauchte, wichen wir in die
     Hügel aus, um uns zu verstecken.
    Wir wanderten eine Woche lang und rasteten in Hütten, von denen die meisten verlassen waren. Nur vereinzelt trafen wir auf
     verängstigte Bewohner, und es verging keiner dieser kurzen Wintertage, ohne dass dunkle Rauchwolken anzeigten, wo die Dänen
     ihre Verwüstung von Wessex fortsetzten. Eines Tages entdeckten wir eine Kuh, die im Stall eines verwaisten Bauernhofes gefangen
     war, eine trächtige Kuh, die vor Hunger brüllte. In dieser Nacht aßen wir uns an frischem Fleisch satt. Am nächsten Morgen
     fegte ein bitterkalter Ostwind mit peitschendem Regen übers Land, und die Bäume bogen sich wie unter Qualen, und in |216| das Gebäude, in dem wir Unterschlupf gefunden hatten, regnete es hinein, und der Rauch unseres Feuers erstickte uns fast,
     und Iseult saß einfach nur mit weit aufgerissenen, leeren Augen da und starrte in die Flammen.
    «Willst du nach Cornwalum zurück?», fragte ich sie.
    Aufgeschreckt von meiner Stimme, musste sie sich erst einmal sammeln, dann zuckte sie nur mit den Achseln und fragte: «Was
     soll ich dort?»
    «Es ist dein Zuhause», sagte Eanflæd.
    «Mein Zuhause ist bei Uhtred.»
    «Uhtred ist verheiratet», sagte Eanflæd ruppig.
    Iseult ging nicht darauf ein. «Uhtred wird ein großes Heer führen», sagte sie und schaukelte dabei vor und zurück. «Hunderte
     von Männern. Ein strahlendes Heer, und das will ich mit eigenen Augen sehen.»
    «Ach was. Er führt dich in Versuchung, mehr nicht», entgegnete Eanflæd. «Geh nach Hause, Kind, sprich deine Gebete und hoffe,
     dass die Dänen nicht kommen.»
    Wir schlugen uns weiter nach Süden durch, kamen jedoch nur langsam voran, denn die bitterkalten Tage waren kurz, und die Dänen
     schienen überall

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