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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Westen der Marschen zu meiden, um nicht Svein herauszufordern,
     dessen Männer an der Küste lagerten. Er hatte uns bislang in Ruhe gelassen, was töricht von ihm war, denn er hätte mit seinen
     Schiffen ungehindert flussaufwärts rudern können. Doch dass er uns schließlich angreifen würde, wusste ich genau, also musste
     ich so schnell wie möglich für unsere Verteidigung sorgen. Und dazu brauchte ich Æthelingæg.
    Alfred erholte sich. Er kränkelte zwar noch, schöpfte aber neue Hoffnung und sah in der Genesung seines Sohnes ein Zeichen
     für Gottes Gunst. Den Gedanken, dass heidnische Magie diese Heilung bewirkt haben mochte, vermied er sorgfältig. Sogar Ælswith
     zeigte sich inzwischen gnädig. Meiner Bitte um die Leihgabe ihres Silberfuchsmantels und ihrer wenigen Schmuckstücke kam sie |259| bereitwillig nach. Der Mantel war verschmutzt, doch Eanflæd bürstete und kämmte ihn aus.
    Auf unserer Insel hatten sich inzwischen über zwanzig Männer eingefunden, wahrscheinlich genug, um Æthelingæg einzunehmen
     und sein bärbeißiges Oberhaupt abzusetzen, doch Alfred wollte es nicht zum Kampf kommen lassen. Die Marschleute seien seine
     Untertanen, sagte er; sie würden vielleicht doch an unserer Seite kämpfen, falls die Dänen angriffen. Uns blieb also nur,
     die große Insel und ihre Siedlung mit einer List einzunehmen. Eine Woche nach Edwards Wiedergeburt nahm ich Leofric und Iseult
     mit zum Haus von Haswold. Iseult trug den Silberfuchs, eine silberne Kette im Haar und eine große Granatbrosche an der Brust.
     Ich hatte ihr Haar gebürstet, bis es glänzte, sodass Iseult in der winterlichen Düsternis aussah wie eine aus dem strahlenden
     Himmel herabgestiegene Prinzessin.
    Gewappnet mit Kettenhemd und Helm, taten Leofric und ich nichts weiter, als mit Iseult in unserer Mitte in Æthelingæg herumzulaufen.
     Doch nach einer Weile kam ein Bote von Haswold zu uns und sagte, sein Herr wolle mit uns sprechen. Vermutlich erwartete Haswold,
     dass wir in seine stinkige Hütte kämen, doch ich verlangte, dass er zu uns kommen solle. Zweifelsohne hätte er mit uns machen
     können, was er wollte, denn wir waren ja nur zu dritt und seinen Männern, zu denen auch Eofer der Bogenschütze zählte, bei
     weitem unterlegen. Doch Haswold schien endlich verstanden zu haben, dass in der Welt jenseits der Sümpfe beunruhigende Dinge
     geschahen, Vorgänge, die sich auch auf sein wässriges Reich auswirken mochten. Also beschloss er, mit uns zu reden. Wir trafen
     uns am Nordtor der Siedlung, das nichts weiter war als ein zwischen zwei verrottenden Fischreusen aufgestelltes |260| Schafsgatter. Wie ich erwartet hatte, begaffte er Iseult, als habe er in seinem ganzen Leben noch keine Frau gesehen. Seine
     kleinen, durchtriebenen Augen zuckten zu mir und wieder zu ihr. «Wer ist sie?», fragte er.
    «Eine Gefährtin», sagte ich lässig und wandte mich dem steilen Hügel jenseits des Flusses zu, auf dem ich die Festung errichten
     wollte.
    «Eure Frau?», fragte Haswold.
    «Eine Gefährtin», wiederholte ich. «Ich habe etliche Frauen ihresgleichen.»
    «Ich wäre bereit, für sie zu zahlen», sagte Haswold. Er hatte zwei Dutzend Männer in seinem Gefolge, doch nur Eofer trug eine
     Waffe, die gefährlicher aussah als ein Aalspieß.
    Ich stellte mich hinter Iseult, griff mit meinen Händen über ihre Schulter hinweg und löste die Brosche. Sie zitterte ein
     wenig, und ich flüsterte ihr zu, dass sie keine Angst zu haben brauche. Dann öffnete ich ihren Pelz und zeigte Haswold ihre
     Blöße. Er sabberte in seinen mit Fischschuppen verklebten Bart, und seine dreckigen Finger zuckten unter den stinkenden Otterfellen.
     Schließlich zog ich den Pelz wieder zusammen und ließ Iseult die Brosche feststecken. «Wie viel zahlt Ihr mir für sie?», fragte
     ich.
    «Ich kann Sie mir auch einfach so nehmen», sagte Haswold und nickte in Richtung seiner Männer.
    Ich lächelte. «Das könntet Ihr», sagte ich. «Aber bevor wir sterben, müssen viele Eurer Männer dran glauben, und dann kommen
     unsere Geister zurück, um Eure Frauen zu töten und Eure Kinder das Entsetzen zu lehren. Ist Euch nicht zu Ohren gekommen,
     dass wir eine Hexe unter uns haben? Glaubt Ihr, mit Euren Waffen magische Kräfte abwehren zu können?»
    |261| Keiner seiner Männer rührte sich.
    «Ich habe Silber», sagte Haswold.
    «Silber brauche ich nicht», erwiderte ich. «Was ich brauche, sind eine Brücke und eine Festung.» Ich zeigte auf die Anhöhe
    

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