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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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forderte.
    »Schießen können die Kerle ja, aber das ist auch schon fast alles«, grollte Houston, als wieder ein paar Soldaten meckerten.
    »Die Männer ärgern sich, weil wir nicht vorrücken und Alamo entsetzen«, wandte Walther ein.
    Houston stieß ein Schnauben aus. »Mit fünfhundert Mann gegen fünftausend? Ich heiße nicht Travis, um so vermessen zu sein, mich einem zehnfach überlegenen Gegner stellen zu wollen.«
    »Noch hält Travis das Alamo! Wer hätte das erwartet?«
    »Er hält es nicht, weil er so stark ist, sondern weil Santa Ana es nicht erwarten konnte, seine Soldaten gegen das Fort anrennen zu lassen«, antwortete Houston bissig. »Die Mexikaner waren von ihrem langen Marsch erschöpft und hätten sich vorher erholen müssen. Auch war Rudledge zufolge die Vorbereitung des Angriffs durch Santa Anas Artillerie erbärmlich schlecht. Ganz im Vertrauen: Ich begrüße jeden Tag, den Travis und die Verteidiger des Alamo uns Santa Ana vom Hals halten.«
    Walthers Gedanken galten ebenfalls den Männern, die auf den Mauern der alten Missionsstation den Mexikanern trotzten. »Laut Rudledge hat Santa Ana schon viele Männer verloren. Außerdem ist es Jim Bowie gelungen, bei einem nächtlichen Ausfall einen Teil der Kanonen zu zerstören. Das Alamo hat sich auf jeden Fall als härterer Brocken erwiesen, als Santa Ana sich das vorgestellt hat.«
    »Es ist trotzdem sinnloser Heldenmut, den die Unsrigen dort zeigen. Vielleicht ist das Alamo inzwischen schon gefallen. Dann rückt Santa Ana weiter vor, ist aber teufelswild wegen seiner Verluste. Ich möchte kein amerikanischer Siedler sein, der in seine Gewalt gerät.«
    Noch während Houston sprach, schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. »Wir werden Boten losschicken und die Bewohner der umliegenden Ortschaften und Farmen anweisen, ihre Häuser zu verlassen. Sie sollen alles mitnehmen, was sie auf ihre Wagen laden können, und den Rest vernichten. Santa Anas Armee darf auf ihrem Weg keine Kartoffel und kein Maiskorn finden, das sie in ihre Kochkessel stecken können. Wenn der Mexikaner seine Armee nicht mehr versorgen kann, muss er sie aufteilen, um in einem größeren Gebiet nach Nahrung zu suchen. Dann können wir uns die einzelnen Abteilungen nacheinander vornehmen und haben eine reelle Chance.«
    »Aber wir berauben uns damit der Möglichkeit, Santa Anas Truppen nach einem möglichen Sieg zu verfolgen. Er selbst kann sich nach Mexiko zurückziehen, sich neu ausrüsten und wiederkommen.«
    »Wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen, Fitchner, und nicht gleich an übermorgen denken«, erklärte Houston. »Wenn wir Santa Ana so weit bringen können, dass er sich über den Rio Grande zurückzieht, haben wir viel gewonnen. Die Vereinigten Staaten und auch die europäischen Mächte sehen dann, dass wir uns halten können. Vielleicht bekommen wir auf diesem Weg endlich die Unterstützung, die wir benötigen, um Texas von Mexiko zu befreien.«
    »Den Farmern wird es nicht gefallen, ihre Erzeugnisse zu verbrennen.«
    »Es wird ihnen noch weniger gefallen, wenn Santa Ana den Krieg gewinnt und sie alle zum Teufel jagt.« Damit war für Houston alles gesagt, und er überließ es seinem Colonel, die nötigen Schritte in die Wege zu leiten.
    Walther schickte etliche Reiter los, um die Farmer vor Santa Anas Armee zu warnen. Dabei bedauerte er die Menschen, die alles, was sie sich geschaffen hatten, auf unabsehbare Zeit aufgeben mussten, doch es geschah zu ihrer eigenen Sicherheit. Santa Ana hatte in jenen Bundesstaaten von Mexiko, die sich gegen ihn aufgelehnt hatten, gehaust wie ein Hunne. Zurückgeblieben waren unzählige Tote, weinende Kinder und geschändete Frauen. Dies durfte sich in Texas nicht wiederholen.
    Mit diesem Gedanken kehrte Walther zu seiner Kompanie zurück. Sein Trupp hatte sich in den letzten Tagen um zwei Dutzend junger Mexikaner vergrößert, die die Freiheit, die ihnen die Verfassung von 1824 gewährt hatte, gegen den Diktator verteidigen wollten. Ihm hatten sie sich angeschlossen, weil sie ihn und Diego Jemelin kannten. Auch wenn viele Nordamerikaner diesen Männern misstrauten, so wusste Walther, dass er sich auf sie verlassen konnte. Er winkte ihnen zu, nahm dann den Blechteller mit Bohnen und Speck entgegen, den Albert Poulain ihm reichte, und wunderte sich über die Tränenspuren in dessen Gesicht.
    »Was ist geschehen?«, fragte er.
    Poulain sah ihn traurig an. »Einer der Männer, die heute zu uns gestoßen sind, hat mir berichtet,

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