Der weite Himmel: Roman (German Edition)
ihre Aufgabe, dann seufzten sie beide erleichtert auf und schauten sich an. Ihre Gesichter waren totenbleich und schweißbedeckt. Adam lächelte als erster.
»Dafür, daß es für uns beide die erste Schußwunde ist, haben wir uns ganz gut gehalten, finde ich.«
»Du brauchst aber niemandem zu erzählen, daß ich geweint habe.«
»Und du brauchst niemandem zu erzählen, daß ich geschrien habe.«
Willa wischte sein feuchtes Gesicht ab, um sich dann auch trockenzureiben. »Abgemacht. Jetzt leg dich bitte hin, und ich werde …« Sie brach ab und lehnte den Kopf an sein Bein. »O Gott, Adam, wo bleibt denn bloß Ben? Wo steckt er nur? Er sollte längst hier sein.«
»Mach dir keine Sorgen.« Adam streichelte ihr beruhigend über das Haar, doch seine Augen waren auf die Tür gerichtet. »Er muß jeden Augenblick kommen. Wir funken jetzt die Ranch an und verständigen die Polizei.«
»Okay.« Leise schniefend hob sie den Kopf. »Ich mache das schon. Bleib du ruhig liegen und sieh zu, daß du wieder zu Kräften kommst.« Sie erhob sich, ging zum Funkgerät und schaltete es ein, doch weder das vertraute Summen ertönte, noch blinkten die Lämpchen auf. »Es funktioniert nicht«, sagte sie mit bedenklich schwankender Stimme. Ein flüchtiger Blick bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen. »Jemand hat die Kabel durchgeschnitten, Adam. Das Funkgerät ist tot.«
Sie ließ das Mikrofon fallen, lief quer durch den Raum und griff sich ihr Gewehr. »Nimm du das«, wies sie ihn an und legte ihm die Waffe über die Knie. »Ich benutze deins.«
»Was hast du vor?«
Willa stülpte sich ihren Hut auf den Kopf und legte sich den Schal wieder um den Hals. »Ich sehe nach Ben.«
»Das wirst du schön bleibenlassen.«
»Ich sehe nach Ben«, wiederholte sie entschieden. »Und du bist nicht in der Verfassung, mich daran zu hindern.«
Den Blick fest auf sie gerichtet, stand er auf, obwohl seine Beine unter ihm nachzugeben drohten. »O doch!«
Willa wollte ihm gerade eine passende Antwort geben, als sie draußen gedämpfte Pferdehufe hörte. Unbewaffnet rannte sie hinaus, Adam dicht hinter sich. Eine zentnerschwere Last fiel ihr vom Herzen, als Ben aus dem Sattel glitt.
»Wo, zum Teufel, bist du gewesen? Du solltest doch sofort nachkommen, und wir sind schon fast eine halbe Stunde hier.«
»Ich bin einmal im Kreis geritten. Hab’ ein paar Fährten entdeckt, aber – hey!« Er wich ihrer Faust aus, ehe sie mit seiner Nase kollidierte, aber den Schlag in die Magengrube sah er nicht kommen. »Sag mal, Will, bist du komplett verrückt geworden? Du …« Er brach ab, weil sie die Arme um ihn legte. »Frauen«, brummelte er, ihr Haar liebkosend. »Wie geht’s dir?« wollte er dann von Adam wissen.
»Ich hab’ mich auch schon besser gefühlt.«
»Ich mich auch. Jetzt werde ich mich erst einmal um die Pferde kümmern. Schaust du mal nach, ob du irgendwo noch Whiskey findest, ja?« Er klopfte Willa leicht auf den Rücken und schob sie zur Tür. »Ich brauche einen Drink.«
Kapitel 3
»Ein Stück weiter nördlich von der Stelle, wo wir angegriffen worden sind, hat jemand gelagert. Die Feuerstelle war kalt. Sieht so aus, als hätten sie Wild abgehäutet. Drei Reiter und ein Hund.« Ben tätschelte Charlies Kopf. »Ich schätze, das ist so zwei, drei Tage her. Sie haben keinen überflüssigen Müll hinterlassen, also gehe ich davon aus, daß sie wußten, was sie taten.«
Er probierte den Doseneintopf, den Willa rasch heißgemacht hatte. »Außerdem gab es noch eine frische Fährte. Ein Reiter, er bewegt sich Richtung Norden. Ich würde sagen, das ist unser Mann.«
»Du hast gesagt, du würdest sofort nachkommen«, beschwerte sich Willa erneut.
»Jetzt bin ich ja da, oder nicht? Charlie und ich wollten uns erst einmal umsehen.« Er stellte dem hoffnungsvoll zu ihm aufblickenden Hund den Rest seiner Mahlzeit hin und widerstand dem Drang, sich mit der Hand über die Magengegend zu reiben, dort, wo ihre Faust ihn getroffen hatte. »Meiner Meinung nach hat der Kerl ein paar Schüsse abgegeben und sich dann aus dem Staub gemacht. Ich glaube nicht, daß er abwartet und uns beobachtet.«
»Er könnte sich in der Hütte aufgehalten haben«, warf Adam ein. »Aber das erklärt nicht, warum er das Funkgerät außer Betrieb gesetzt hat.«
»Das erklärt auch nicht, warum er auf uns geschossen hat.« Ben zuckte die Achseln. »Der Mann, hinter dem wir seit ein paar Monaten her sind, benutzt ein Messer und kein Gewehr.«
»Wir waren zu
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