Der weite Himmel: Roman (German Edition)
wieder gefaßt hatte, stand auf. »Du hast recht, Lily, du hast vollkommen recht. Ich habe mich ein wenig zu sehr dazu hinreißen lassen, die Dinge für dich zu organisieren. Entschuldige bitte. Ich würde mich auch nicht gerne so in den Hintergrund drängen lassen.«
»Schon gut. Es ist eine schlechte Angewohnheit von mir, mich herumschubsen zu lassen. Und eventuell brauche ich ja bei der Gartenarbeit doch noch deine Hilfe.«
»Ich denke daran, mir einen eigenen Garten anzulegen. Ich hätte nie gedacht, daß es mir soviel Spaß machen würde. Wenn du mich suchst, ich bin unten.« Sie wandte sich zur Tür und warf Willa einen vielsagenden Blick zu.
»Wenn du die Dinge wieder selbst in die Hand nehmen willst«, meinte diese, wobei sie die Papiere auf dem Boden leicht mit dem Fuß anstieß, »kannst du damit anfangen, den ganzen Kram hier aufzuheben und wegzuschaffen.« Sie lächelte. »Ich habe nämlich nicht die geringste Lust, mich von Tess dazu einteilen zu lassen, bedruckte Cocktailservietten aufzutreiben.«
Sie packte die Gelegenheit beim Schopf, indem sie Lily um die Schultern faßte, sich zu ihr beugte und ihr so leise, daß es kaum zu hören war, zuflüsterte: »Er wäre bis in den tiefsten Schlund der Hölle gekrochen, um dich zurückzubekommen. Bestraf ihn nicht dafür, daß er dich zu sehr liebt.«
Dann gab sie ihre Schwester frei und schaute Adam eindringlich an. »Nimm dir ein paar Stunden frei und bring dein Leben wieder in Ordnung.« Mit diesen Worten verließ sie den Raum und schloß die Tür hinter sich.
»Ich weiß, daß ich mich sehr undankbar verhalte«, begann Lily, doch da Adam nur schweigend den Kopf schüttelte, bückte sie sich und sammelte die Papiere auf. »Ich habe absichtlich eine Vase an die Wand geworfen. So etwas ist mir noch nie zuvor in den Sinn gekommen, ich wußte gar nicht, daß ich dazu überhaupt fähig bin. Aber für mich ist es sehr schwer, mich plötzlich wieder nutzlos und überflüssig zu fühlen.«
»Es tut mir leid, daß ich dir dieses Gefühl vermittelt habe.« Adam kam langsam auf sie zu und half ihr beim Aufräumen. Als ihm die Gästeliste in die Finger geriet, hob er den Blick und sah sie lange an. »Du bist das Wichtigste und Kostbarste in meinem Leben. Wenn du die Hochzeit absagen willst …« Nein, in diesem Punkt konnte er sich nicht vernünftig und verständnisvoll zeigen. Alles, was er sagte, war: »Tu das nicht!«
Und diese drei schlichten Worte brachten seine Liebe zu ihr stärker zum Ausdruck als jede lange Rede, erkannte Lily. »Nachdem Tess und Will sich solche Mühe gegeben haben? Das wäre wirklich nicht sehr nett.« Ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen, verschwand jedoch sofort, als er die Hände vor sein Gesicht schlug. Ihr war der Schmerz in seinen Augen nicht entgangen; ein Schmerz, den sie ihm zugefügt hatte.
»Ich habe zugelassen, daß er dich verschleppt.«
»Nein!«
»Ich dachte, er würde dich töten.«
»Adam, nicht!«
»Ich dachte, wenn ich dich berühre, würdest du an ihn denken und an das, was er mit dir gemacht hat.«
»Das ist nicht wahr, Adam. Niemals würde ich so etwas denken.« Diesmal mußte sie ihm Halt und Stütze sein. »Nie! Es tut mir ja so leid. Ich wollte dir nicht weh tun, ich war nur so wütend und so frustriert. Ich liebe dich, Adam, ich liebe
dich! Halt mich, halt mich ganz fest. Glaub mir, ich zerbreche nicht so leicht.«
Es war eher so, daß er zu zerbrechen drohte, dachte Adam verzweifelt. Als er die Arme um sie legte und sie an sich zog, schien tief in seinem Inneren etwas zu zerspringen. »Ich wollte ihn mit meinen eigenen Händen umbringen.« Seine Stimme klang gedämpft, während er seine Lippen gegen ihren Hals preßte. »Ich hätte es getan, Lily. Und es würde mir wesentlich leichter fallen, mit dem Wunsch zu leben, als mit der Tatsache, daß es mir nicht möglich war, eigenhändig Rache zu nehmen. Aber am schlimmsten ist es, mit dem Gedanken leben zu müssen, daß ich dich beinahe verloren hätte.«
»Ich lebe noch, Adam, ich bin hier, und jetzt ist alles vorüber.« Als sich ihre Lippen berührten, strich sie ihm mit den Händen sanft über den Rücken und tröstete ihn, so wie er sie immer getröstet hatte. »Ich brauche dich so sehr, Adam, und ich muß das Gefühl haben, daß du mich auch brauchst.«
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Das tue ich und werde es immer tun.«
»Ich möchte mit dir zusammen einen Garten anlegen, Pferde züchten und unser Haus einrichten.« Sie legte ihm
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