Der weite Himmel: Roman (German Edition)
kennengelernt.«
Willa legte den Gang ein. »Sie ist nicht dein Typ, mein Bester, aber komm ruhig nachher vorbei.« Als er den letzten Bissen des Sandwiches herunterschluckte, kicherte sie leise. »Aber nach dem Essen.«
»Soll ich mir auch noch eine eigene Flasche Bier mitbringen?«
Sie lächelte nur und gab wortlos Gas. Nach kurzer Überlegung stieg Ben wieder auf sein Pferd und trabte ihr nach. Beiden war klar, daß sie langsam genug fahren würde, damit er Schritt halten konnte.
»Ist Adam auch da?« Ben sprach lauter, so daß sie ihn trotz des Motorengeräusches verstehen konnte. »Ich könnte ein paar neue Reitponies gebrauchen.«
»Frag ihn selber. Ich hab’ zuviel zu tun, um die aufmerksame Gastgeberin zu spielen.« Um ihn zu ärgern, trat sie das Gaspedal durch und wirbelte eine Staubwolke hinter sich auf. Trotzdem verspürte sie einen Anflug von Enttäuschung, als sie links abbog und er sein Pferd wendete und in die entgegengesetzte Richtung davonritt.
Insgeheim wünschte sie, sie hätte sich mit ihm über irgendeine belanglose Kleinigkeit in die Haare gekriegt und ihn dann dazu bringen können, sie noch einmal in die Arme zu nehmen. Tatsächlich hatte sie in der letzten Zeit häufiger über seine Umarmungen nachgedacht.
Normalerweise kreisten ihre Gedanken nur selten um das
andere Geschlecht, und wenn, dann nicht im Hinblick auf eine mögliche Beziehung. Doch sie mußte zugeben, daß es ausgesprochen reizvoll war, sich hinsichtlich dieser Frage mit Ben zu beschäftigen – auch wenn sie nicht beabsichtigte, ihn als Partner in Betracht zu ziehen.
Es sei denn, sie änderte irgendwann einmal ihre Meinung.
Willa grinste. Vielleicht würde sie ja wirklich ihre Meinung ändern, nur um der Erfahrung willen. Sie ahnte, daß Ben ihr in dieser Hinsicht mehr beibringen konnte, als ihr vielleicht lieb war.
Vielleicht würde sie ihn heute abend dazu bringen, sie zu küssen. Natürlich nur, wenn er nicht auf die kurvenreiche Tess und ihre französischen Duftwässerchen hereinfiel. Bei dem Gedanken trat sie wütend auf das Gaspedal, mußte jedoch gleich darauf hart bremsen, weil sie Pickles’ Jeep am Straßenrand entdeckte.
»Der hat mir gerade noch gefehlt!« Und nun würde sie ihm vermutlich auch noch Honig ums Maul schmieren müssen, bis er sich dazu herabließ, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Willa stieg aus und blickte sich suchend um. Pickles war nirgends zu sehen, und sie konnte sich auch nicht erklären, warum er seinen Jeep einfach so an der Straße hatte stehenlassen.
»Hat sich vermutlich in seinen Schmollwinkel zurückgezogen«, murmelte sie und ging auf den Jeep zu, um zu hupen.
Dann entdeckte sie ihn, ihn und den Ochsen. Beide lagen Seite an Seite vor dem Wagen ausgestreckt, umgeben von einer riesigen Blutlache. Eigentlich hätte sie ihn schon längst wahrnehmen müssen, den ekelerregenden, süßlichen Geruch des Todes, der die Luft verpestete. Der Gestank traf sie wie eine Faust, ihr Magen krampfte sich in schmerzhaften Stößen zusammen, und sie taumelte an den Straßenrand, um sich heftig zu übergeben.
Ihr Magen rebellierte immer noch, als sie mit unsicheren Schritten zu ihrem eigenen Jeep stolperte, die Hand auf die Hupe legte und den Kopf gegen die Windschutzscheibe lehnte, während sie nach Atem rang.
Sie wandte mühsam den Kopf und spuckte kräftig aus,
um den säuerlichen Geschmack im Mund loszuwerden, dann rieb sie sich mit beiden Händen über das schweißüberströmte Gesicht. Sie war einer Ohnmacht nahe, und es war ihr nicht möglich, einen zweiten Blick auf das, was da auf der Straße lag, zu werfen. So legte sie den Kopf auf die hochgezogenen Knie und blickte auch dann nicht auf, als sie das Donnern von Hufen und Charlies aufgeregtes Gebell hörte.
»Hey.« Ben sprang vom Pferd und warf sich seine Büchse über die Schulter. »Willa.«
Als Willa sich zu ihm umdrehte und ihr Gesicht an seiner Brust vergrub, sah er sie so verblüfft an, als habe sie sich vor seinen Augen in eine fauchende Wildkatze verwandelt. »Ben, o Gott!« Sie schlang die Arme um seinen Hals und klammerte sich an ihn. »O Gott!«
»Ist ja gut, Süße. Jetzt ist alles in Ordnung.«
»Nein.« Krampfhaft kniff sie die Augen zusammen. »Nein. Da vorne, vor dem Jeep, dem anderen Jeep. Da ist … o Gott, soviel Blut!«
»Okay, Baby, bleib ganz ruhig sitzen. Ich seh’ mal nach.« Mit grimmiger Miene drückte er sie wieder auf den Sitz und runzelte besorgt die Stirn, als sie den Kopf zwischen die Knie
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