Der weite Himmel: Roman (German Edition)
begann er, dann verstummte er mitten im Satz.
Der Ochse lag in einer riesengroßen Blutlache, und seine Eingeweide quollen aus dem aufgeschlitzten Leib. Der widerliche Gestank ließ Pickles’ Nasenflügel beben, als er näher trat und dem Mann einen flüchtigen Blick zuwarf, der neben dem Kadaver hockte.
»Schon wieder einer? Was, zum Teufel, geht hier eigentlich vor?« Er bückte sich tiefer. »Noch ganz frisch«, setzte er an, dann bemerkte er auf einmal das Messer mit der bluttriefenden Klinge – und sah in die Augen des Mannes, der es in der Hand hielt. »Großer Gott, du? Warum hast du das nur getan?«
»Weil ich dazu fähig bin und weil es mir Spaß macht.« Nicht ohne ein gewisses Bedauern nahm er sein Messer und trieb es tief in Pickles’ schwammigen Bauch. »Ich hab’ noch nie einen Menschen erledigt«, erzählte er im Plauderton, während er mit sicherer Hand einen sauberen Schnitt ausführte. »Aber es ist … interessant.«
Wirklich interessant, dachte er, als er beobachtete, wie der Schock in Pickles’ Augen dem Schmerz des Todeskampfes wich. Er zog das Messer zum Herzen hin, beugte sich mit hinunter, als der leblose Körper in sich zusammensank, und blieb dann breitbeinig geduckt über dem Leichnam stehen.
Der Ochse war vergessen. Dies hier verlieh ihm eine weit größere Befriedigung, erkannte er, als er sein Messer mit einem satten, schmatzenden Geräusch aus Pickles’ Körper riß. Ein Mensch verfügte über ein gewisses Maß an Intelligenz, was ein Rind vermissen ließ. Und eine Katze, wiewohl schlau und gerissen, war einfach zu klein.
Nachdenklich hielt er einen Moment in seinem Tun inne und sann darüber nach, wie er diese neue Erfahrung krönen, wie er dieser Tat seinen ganz besonderen Stempel aufdrükken konnte. Die Leute sollten noch eine lange, lange Zeit darüber reden.
Dann breitete sich langsam ein Grinsen auf seinem Gesicht aus und verzerrte es zu einer Fratze. Er begann, haltlos zu kichern,
bis er sich schließlich eine blutverklebte Hand vor den Mund pressen mußte. Er wußte jetzt, was er zu tun hatte.
Seine Hand schloß sich fester um den Messergriff, und er ging ans Werk.
Als Willa den Reiter bemerkte, der über ihr Weideland galoppierte, hielt sie den Jeep an. Sie erkannte den riesigen schwarzen Wallach, den Ben für gewöhnlich ritt, und den Collie Charlie, der sich wie ein Schatten an Spooks Seite hielt. Eine Welle der Erleichterung stieg in ihr auf; eine Reaktion, die ihr aber nicht unbedingt gefiel. Doch es lag etwas Unheilvolles in der Luft, und sie wäre sogar dankbar gewesen, dem Leibhaftigen höchstpersönlich zu begegnen, um nicht mehr hier allein sein zu müssen.
Verstimmt gestand sie sich ein, daß er einen imposanten Anblick bot, wie er da mühelos über den Zaun setzte, als wären Pferd und Reiter schwerelos.
»Hast du dich verirrt, McKinnon?«
»Nö.« Ben zügelte Spook und brachte ihn neben dem Jeep zum Stehen. Charlie hob zur Begrüßung unbekümmert ein Bein und benäßte den Vorderreifen des Wagens. »Ich sehe, du hast den Zaun reparieren lassen.« Als sie ihn nur verständnislos anstarrte, mußte er lächeln. »Zack hat gesehen, daß ein Stück der Umzäunung am Boden lag, als er heute morgen hier langritt. Die Elche sind dieses Jahr wirklich eine Plage.«
»Nicht nur dieses Jahr. Ich schätze, Ham ist mittlerweile mit allem fertig. Ich wollte gerade hinfahren und mich selbst überzeugen.«
Ben stieg vom Pferd und steckte den Kopf durch das Autofenster. »Sehe ich da ein Sandwich?«
Willa schielte zu dem Rest ihrer Mahlzeit. »Ganz recht. Und?«
»Ißt du das noch?«
Seufzend griff sie danach und reichte es ihm. »Hast du mich nur deshalb verfolgt, um dir einen kostenlosen Snack zu sichern?«
»Nein, das ist nur eine Annehmlichkeit am Rande. Ich
habe vor, einen Teil der Rinder zur Versteigerung nach Colorado zu schicken, und da dachte ich mir, ich frag’ dich vorher, ob du nicht ein paar gebrauchen kannst.« Gutmütig brach er ein Stück von seinem Sandwich ab und warf es dem erwartungsvoll hechelnden Hund zu. Willa beobachtete, wie Charlie Brot und Fleisch verschlang. »Willst du gleich an Ort und Stelle um den Preis feilschen?«
»Ich dachte, das erledigen wir lieber in einer etwas freundlicheren Umgebung. Vielleicht später bei einem Drink.« Er streckte eine Hand durchs Fenster, um mit den Haarsträhnen zu spielen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten. »Außerdem habe ich immer noch nicht deine ältere Schwester
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