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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Strömen, dann versiegte die Quelle allmählich und hinterließ große, rote Lachen auf dem Boden.
    Der Ochse leistete keinen Widerstand. Er hatte ihn mit einer Handvoll Futter angelockt und dann mit einem Seil festgebunden. Er wollte sein Vorhaben bewußt mitten auf der Straße durchführen. Früher oder später würde jemand vorbeikommen,
und dann – welch herrliche Überraschung! Und die Vögel würden, vom Geruch des Todes angezogen, über dem Kadaver kreisen.
    Vielleicht kamen sogar ein paar Wölfe dazu.
    Er hatte keine Vorstellung davon gehabt, wie sehr der Tod ihn in seinen Bann schlagen würde, bis er ihn das erste Mal verursacht hatte.
    Er lächelte und strich dem Ochsen, der sich an dem Futter gütlich tat, fast liebevoll über das schwarze Fell. Dann vergewisserte er sich, daß sein Regenmantel aus Plastik ihn vollkommen bedeckte, zückte sein Messer und schnitt dem Tier mit einer einzigen fließenden Bewegung die Kehle durch – er wurde von Mal zu Mal geschickter – und lachte entzückt, als ein Blutschwall aus der klaffenden Wunde quoll. Als der Ochse zusammenbrach und regungslos liegenblieb, begann er, ein fröhliches Lied zu pfeifen. Dann ging er zum interessanteren Teil über.
     
    Pickles schwelgte in Selbstmitleid. Während er die Zäune abfuhr, spielte er im Geiste verschiedene Gesprächssituationen durch. Er und Jim. Er und Willa. Genüßlich malte er sich aus, welche Worte er Ham gegenüber gebrauchen wollte, wenn er sich darüber beschwerte, wie Willa ihn vor allen Leuten niedergemacht und gedroht hatte, ihn zu entlassen. Wozu sie seiner Meinung nach überhaupt kein Recht hatte.
    Jack Mercy hatte ihn eingestellt, und nur er konnte ihn auch wieder feuern. Da Jack tot war – möge seine Seele in Frieden ruhen –, hatte sich die Angelegenheit somit erledigt.
    Vielleicht würde er ja auch selbst kündigen. Er hatte immer sparsam gelebt und sein Geld bei der Bank in Bozeman angelegt, wo es ihm einen hübschen Batzen an Zinsen einbrachte. Er könnte sich eine eigene Ranch kaufen, nur einen bescheidenen Besitz natürlich, und ihn im Laufe der Jahre in ein florierendes Unternehmen verwandeln.
    Nur zu gerne würde er sehen, wie das anmaßende Frauenzimmer ohne ihn zurechtkommen wollte. Sie würde schon den ersten Winter nicht überstehen, dachte er mürrisch, ganz zu schweigen von einem ganzen Jahr.
    Und vielleicht würde er Jim Brewster mitnehmen, wobei Pickles vergaß, daß er einen gepflegten Groll gegen den Burschen hegte. Der Junge war immerhin ein guter Cowboy und konnte hart arbeiten, auch wenn er sich seiner Meinung nach meistens wie ein Arschloch aufführte.
    Warum sollte er sich nicht im Norden ein Stück Land kaufen und darauf Herefords züchten? Er könnte ja auch noch Billy abwerben, nur aus reiner Bosheit. Und er würde seine Ranch sauberhalten. Keine Hühner, keine Schweine, keine Pferde außer denen, die für die Ranch unerläßlich waren. Auf eine Ranch gehörten Rinder und sonst gar nichts. Seiner Meinung nach hatte Jack Mercy in dieser Hinsicht einen gewaltigen Fehler gemacht.
    Wie hatte er zulassen können, daß dieser Indianerjunge Pferde auf Weideland züchtete?
    Im Grunde genommen hatte Pickles nichts gegen Adam Wolfchild. Der Mann verstand sein Geschäft, hielt sich meistens abseits und richtete hervorragende Reitpferde ab. Doch ihm ging es ums Prinzip. Wenn das Mädchen ihren Willen durchsetzte, würde sie gemeinsam mit dem Indianer die Leitung von Mercy übernehmen. Und Pickles war überzeugt, daß die beiden die Ranch geradewegs in den Ruin treiben würden.
    Weiber, dachte er, gehörten in die Küche. Auf einer Ranch hatten sie nichts verloren, und ganz bestimmt stand es ihnen nicht zu, gestandene Männer herumzukommandieren. Rausschmeißen wollte sie ihn, diese Hexe, grollte er in seinen Bart, ehe er links abbog, um zu sehen, ob Ham und Wood mit ihrer Arbeit fertig waren.
    Geistesabwesend nahm er wahr, daß ein Sturm aufzog, dann entdeckte er den Jeep, der verlassen mitten auf der Straße stand, und lächelte zufrieden in sich hinein.
    Falls der Jeep eine Panne hatte, befand sich ein Werkzeugkasten in seinem Kofferraum. Er würde jedem in Montana, der zumindest soviel Verstand hatte, um sich in der Nase bohren zu können, beweisen, daß er mehr von Motoren verstand als irgendwer sonst in Umkreis von hundert Meilen.
    Pickles hielt an, stieg aus und schlenderte, die Daumen in
die Taschen seiner Jeans gehakt, zu dem Fahrzeug hinüber. »Gibt’s hier ein Problem?«

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