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Der weite Weg nach Hause

Der weite Weg nach Hause

Titel: Der weite Weg nach Hause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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Queen sie trägt, verstehen Sie?«
    »Ja.«
    »Aber die Dinge ändern sich gerade, nicht? Die Frauen fangen an, mehr aus sich zu machen. Kommen die Hüte wieder?«
    Lev versuchte, sich eine Straße in Baryn oder Glic vorzustellen. Er sah Frauen mit billigen, klapprigen Schirmen oder einer Zeitschrift über dem Kopf durch den Regen eilen. Er konnte keinen einzigen Hut sehen oder sich ausmalen.
    »Nein«, sagte er.
    »Gut. Lohnt sich also nicht, eine Reise nach Jor oder sonst wohin zu machen?«
    »In Jor kann man schöne Kleider finden heute«, sagte Lev. »Ziemlich teuer ...«
    »Nein, ich meine nicht, um einzukaufen. Sondern um ethnischeKopfbedeckungen zu studieren. Wie sieht es denn mit Hochzeiten aus?«
    Lev wollte schon erzählen, Ina bewahre in einer Schublade die bestickte Haube auf, die sie 1959 bei ihrer Hochzeit mit Stefan getragen und die Maya einst entdeckt und anprobiert hatte. Das hatte Ina aus Gründen, die Lev nur erahnen konnte, verärgert, und sie hatte Maya die Haube aus der Hand gerissen. Doch als Lev den Mund öffnete, kehrte Sam ihm gerade den Rücken und umarmte einen jungen Mann mit wilder Mähne und dunkler Brille. »Andy«, sagte sie, » Süßer . Wie läuft’s?«
    »Gut«, sagte er und nahm die Brille ab, unter der schmale, schläfrige Augen zum Vorschein kamen, die auf Samanthas offenherzigem Dekolleté ruhten. »Und wie geht es dir, du Schöne?«
    »Zum Wahnsinnigwerden«, sagte Sam. »Modenschau in zwei Wochen. Sieh dir meine Finger an. Ganz wund vom Nähen.«
    »Super Kleid. Super Stiefel. Und das schnuckelige Oberteil gefällt mir sehr !«
    »Echt? Das beruhigt mich, Herzblatt. Aber erzähl mal von den Proben.«
    »Wir proben noch gar nicht. Sind erst beim Besetzen − oder genauer, wir bemühen uns ...«
    »Echt, wer denn? Komm schon, sag’s mir!«
    »Ach, lange Geschichte, Baby. Wir waren ziemlich scharf auf Sheridan Ponsonby, aber dann dämmerte uns, das blasierte Arschloch rafft das Stück überhaupt nicht.«
    »Scheiße, Andy, ich bete Ponsonby an!«
    »Echt? Früher mochte ich seine Arbeit ja. Aber jetzt finde ich, er ist ein eitler Saftarsch. Und im Vertrauen, Sam, der Hellste ist er auch nicht, obwohl er in scheiß Eton war. Dauernd hat er behauptet, das ganze Stück sei doch ›transgressiv‹, und ich musste ihm dauernd sagen: ›Darum geht es doch, verdammte Scheiße, Süßer, das ist eine total transgressive Geschichte. Wirtesten doch die Grenzen des guten Geschmacks, wir testen die Schockierbarkeit des Publikums. Wir sind doch längst über Talkshow-Niveau raus.‹«
    »Das weiß ich doch, Darling.«
    »Wieso sind Schauspieler bloß so bescheuert? Aber, drück mir den Daumen, vielleicht kriegen wir Oliver Scrope-Fenton. Wir verhandeln gerade mit seinem Agenten.«
    »Ollie Scrope-Fenton. Super! Ich liebe ihn! Es wird ein so absolut bahnbrechendes Stück Theater sein.«
    »Das hoffe ich. Aber wer weiß? Egal, wie geht es dir denn, mein Herz?«
    »Gut.« Sam wandte sich wieder Lev und Sophie zu. »Sophie kennst du ja, Darling. Und das ist Sophies Freund Lev, der auch bei GK arbeitet. Andy Portman, der extrem berühmte Dramatiker.«
    Lev streckte die Hand aus, und der berühmte Dramatiker Portman schüttelte sie heftig. »Hallo, Lev«, sagte er. »Wie behandelt GK Sie?«
    »Okay«, sagte Lev. »Er nennt mich ›Schwester‹.«
    »Ja? Was soll das denn?«
    »Ich halte alles sauber ...«
    »Ach so, gut. Gut.«
    »C’est le plongeur«, flüsterte Sam Andy zu, »mais il est assez beau.«
    »Gut«, sagte Andy wieder. »Zeit, was zu trinken. Alle einverstanden?«
    Andy Portman verschwand im Gewimmel an der Bar. Sam Diaz-Morant nahm eine Zigarettenspitze aus ihrer Handtasche, schaute sie sehnsüchtig an, streichelte sie kurz mit ihren Lippen und steckte sie wieder weg. »Ich sollte wohl erklären«, sagte sie zu Lev, »dass Andy ein brillantes Stück geschrieben hat, Peccadilloes , das sie im Court inszenieren, alias Royal Court Theatre. Neujahr ist Premiere. Und es wird anders sein als alles, was die britische Bühne je gesehen hat.«
    »Peccadilloes?«, sagte Lev. »Was ist das?«
    »Oh. Na ja. Erklär es ihm, Sophie.«
    »Nein. Du erklärst.«
    »Also, wenn man kleine verbotene Sachen macht ... Stimmt doch, Sophie?«
    »Glaub schon.«
    »Nicht gerade der eingängigste Titel der Welt«, sagte Sam. Hab ihn mit Piccalilli verwechselt, als Andy ihn zum ersten Mal erwähnte.«
    »Piccadilly?«, sagte Lev.
    »Nein. Piccalilli − Tafelsoße mit Gewürzgürkchen, die meine Mami mit

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