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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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Karawanen und des Handels.
    GOUVERNEUR: Waffen?
    SAAD: Ja, an Waffen war er sehr interessiert.
    GOUVERNEUR: Was für Waffen?
    SAAD: Goldverzierte Dolche.
    GOUVERNEUR: Du machst dich lustig über uns.
    SAAD: Nein, glauben Sie mir. Alte Dolche, meisterlich gearbeitet, die erregten seine Aufmerksamkeit.
    GOUVERNEUR: Wann hat er dich angesprochen?
    SAAD: Kurz bevor wir Medina erreichten. Er hatte Wache, ich war früh auf. Er begann ein Gespräch.
    GOUVERNEUR: Wieso hast du es getan?
    SAAD: Ich hatte keinen Grund.
    GOUVERNEUR: Wolltest du dich rächen?
    SAAD: An wem?
    GOUVERNEUR: An uns allen.
    SAAD: Was für eine Rache wäre das?
    GOUVERNEUR: Du mußt einen Grund gehabt haben, verfluchter Neger.
    SAAD: Für Geld?
    GOUVERNEUR: Ja, bestimmt war es Geld …
    SAAD: Meine Geschäfte, sie gingen schlecht.
    KADI: Ich hatte von Beginn an so ein Gefühl, daß du deine Treue und deine Ehre an den Meistbietenden verschacherst.
    GOUVERNEUR: Siehst du, was du uns alles verraten kannst, bei gutem Willen.
    SAAD: Ich habe guten Willen.
    GOUVERNEUR: Hat er erwähnt, wer ihn geschickt hat?
    SAAD: Er hat nie etwas gesagt. Er hat Moskau kein einziges Mal erwähnt.
    GOUVERNEUR: Moskau? Wieso denn Moskau?
    SAAD: Ich meine, von seinen Auftraggebern, er hat nichts erzählt von denen.
    GOUVERNEUR: Was! Hat er dir gegenüber angedeutet, er sei ein Russe?
    SAAD: Nein, er war doch Inder. Aber wenn er spioniert hat, dann doch …
    GOUVERNEUR: Für Moskau?
    SAAD: Nicht für Moskau?
    GOUVERNEUR: Sag uns die Wahrheit …
    SAAD: Ich sage doch, ich bestätige alles, er war ein Spion. Ich weiß nicht genau, was für ein Spion. Wenn nicht für Moskau, ich dachte, für den Vizekönig vielleicht?
    SHARIF: Er weiß nichts!
    GOUVERNEUR: Wie bitte?
    SHARIF: Es ist offensichtlich, daß er nichts weiß. Alles was er erzählt hat, entstammt seiner Phantasie.
    GOUVERNEUR: Stimmt das? Ich werde dich häuten lassen, du dreckiger Hund.
    SAAD: Die Schmerzen haben danach verlangt. Sie haben mich dazu gezwungen.
    GOUVERNEUR: Du hast uns zweimal belogen!
    SAAD: Was Sie sagen. Was Sie sagen.
    GOUVERNEUR: Ich will endlich die Wahrheit wissen.
    KADI: Sie ist nicht schwerhörig, Sheikh, die Wahrheit.
    GOUVERNEUR: Das befriedigt Sie, nicht wahr? Sie ergötzen sich an unseren Schwierigkeiten.
    KADI: Die Wahrheit zu finden, das ist unser aller Schwierigkeit, Sheikh. Niemand ausgenommen, und an dieser mißlichen Lage kann keiner von uns Gefallen finden.
    SHARIF: Sein Geständnis, es ist nutzlos.
    KADI: Es war gut erdichtet, wenn schon nicht gut erdacht. Eine wahrhaft Mekkanische Offenbarung.
    GOUVERNEUR: Was soll das bedeuten?
    KADI: Ach, ich hatte vergessen, daß die Kenntnis der Klassiker nicht mehr erforderlich ist für ein hohes Amt. Es bedeutet, sein Geständnis ist so einseitig, daß nur er selber und Gott es verstehen können.
    SHARIF: Es ist Zeit für das Zohar-Gebet.
    KADI: Und dieser Mann?
    GOUVERNEUR: Was ist mit ihm?
    KADI: Ich bestehe darauf, daß er gewaschen wird und anständige Kleidung erhält. Soll er so seine Gebete sprechen? Wir wollen keine Schuld auf uns laden!
    GOUVERNEUR: Ich bezweifele, daß er körperlich in der Lage ist, das Gebet auszuführen.
    KADI: Das wird er entscheiden müssen. Wir müssen nur sicherstellen, daß er beten könnte, wenn er wollte.
     
     
     
    Labbayk Allahumma Labbayk. Die Rufe wurden Tag und Nacht wiederholt, sie waren in aller Munde, sie erklangen zu jedem Anlaß und an jedem Ort. Mit ihnen näherten sich die Pilger der Großen Moschee, mit ihnen traten sie ein beim Barbier, mit ihnen begrüßten sie Bekannte auf der Straße – Labbayk war der Ton einer Fanfare, die zur kleinen und zur großen Pilgerreise ertönte, ein Ton, der selbst die Pausen dazwischen erhellte. Aber am achten Tag des Monats Zuul Hijjah erklangen die Rufe wie der Marschgesang einer Armee. Die vielen brachen auf aus Mekka, auf zum Berg Arafah, zum Gipfel der Pilgerreise, wo sie vor Gott stehen würden, um seine Gegenwart zu schauen, ungeachtet der Hitze und Schwäche.
    Sheikh Abdullah erwartete, daß auf den Aufenthalt in der Großen Moschee, daß nach der Sicht auf die Kaaba, auf den Hängen des Berges Arafah und im staubigen Weltdorf Mina weitere Höhepunkte folgen würden, Steigerungen des Erlebten, doch was in der Wüste außerhalb der heiligen Stadt geschah, ließ ihn bedauern, Mekka verlassen zu haben. Obwohl sie in einer komfortablen Sänfte aufbrachen, zu früher Stunde, der Empfehlung des jungen Mohammed folgend. Wer den Berg Arafah zu spät

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