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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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ist bei bestem Willen nicht annehmbar, ebensowenig die Bilanzen, die Gott angeblich zieht, um sein Reich zu bevölkern. Gott ist alles und nichts, aber er ist kein Buchhalter.
     
     
     
    An diesem Abend ging der neue Mond über Mekka auf. Sie saßen nahe dem Fußabdruck des Urahns Abraham. Was fühlst du jetzt? fragte Mohammed. Und er antwortete, den Erwartungen gemäß: Dies ist der glücklichste Neumond meines Lebens. Er sprach es aus, dann wog er es ab und stellte fest, daß es so falsch nicht war. Under fügte hinzu, dem jungen Gewährsmann zu Ohren, der nicht aufgeben würde, auf Fehler seinerseits zu lauern: Möge Gott in all Seiner Kraft und Macht uns anregen, Dank zu sprechen für Seine Gunst, und uns bewußt machen, wie viele Privilegien Er uns zum Anteil gegeben hat, bis hin zu der Aufnahme im Paradies und der Belohnung durch die gewohnte Großzügigkeit Seiner wohltätigen Handlungen und der Hilfe und der Unterstützung, die Er uns gnädig gewährt. Amen, murmelte Mohammed kleinlaut. Und Sheikh Abdullah schlug das Buch der Fragen zu mit einem inbrünstigen Amen, das sich in die Lüfte erhob, als sei es eine der Tauben Mekkas.
    Später, als Mohammed sich entfernte, um etwas Zamzam-Wasser zu trinken, skizzierte er die Moschee, zerschnitt das Papier in viele kleine Streifen, die er durchnumerierte und in seinen Hamail legte.
     
     
     
    Im Monat von Shawwal des Jahres 1273
    Möge Gott uns seine Gunst und Gnade erfahren lassen
     
    GOUVERNEUR: Sind Sie bereit, uns bei der Suche nach der Wahrheit behilflich zu sein?
    SAAD: Ich kam in Frieden in Ihre Stadt. Um Handel zu treiben. Sie haben mich eingesperrt. Sie haben mich entehrt.
    SHARIF: Sie sind einige ehrliche Antworten von Ihrer Entlassung entfernt.
    SAAD: Womit habe ich diese Qual verdient?
    GOUVERNEUR: Sie haben sich geweigert, uns zu helfen.
    SAAD: Ich weigere mich nicht.
    GOUVERNEUR: Wir wollen Ihnen glauben, aber Sie müssen uns entgegenkommen.
    SAAD: Es gibt etwas, ich habe es zuvor nicht erwähnt.
    GOUVERNEUR: Sie haben es uns verheimlicht.
    SAAD: Ich wußte nicht, daß es wichtig ist. Er hat auf seinem Ihram gekritzelt.
    KADI: Auf dem Stoff selbst?
    SAAD: Ja.
    GOUVERNEUR: Was hat er aufgeschrieben?
    SAAD: Es war nicht zu lesen.
    GOUVERNEUR: Du konntest es nicht richtig sehen oder nicht entziffern?
    SAAD: Ich habe es nicht versucht.
    GOUVERNEUR: Und du hieltest diese Information nicht für bedeutsam genug, um sie uns mitzuteilen?
    SAAD: Er war manchmal seltsam. Wie jeder Derwisch. Ich dachte, ein Gebet vielleicht, ein Segensspruch, der ihm vor der Kaaba eingegeben worden ist.
    GOUVERNEUR: Hast du ihn nur in der Großen Moschee etwas notieren gesehen?
    SAAD: Ein anderes Mal auch.
    GOUVERNEUR: Wo?
    SAAD: Auf der Straße.
    GOUVERNEUR: Wo? Genauer?
    SAAD: Nahe der Kaserne.
    GOUVERNEUR: Was habt ihr dort getan?
    SAAD: Wir gingen spazieren.
    GOUVERNEUR: Wieso gerade dort?
    SAAD: Nicht nur dort.
    GOUVERNEUR: Was noch? Was hast du uns noch verheimlicht? Sprich.
    SAAD: Er hat einen Menschen umgebracht.
    KADI: Was?
    SAAD: Auf der Karawane von Medina nach Mekka. Ich sah, wie er seinen Dolch säuberte. Am nächsten Morgen wurde ein toter Pilger entdeckt, erstochen.
    KADI: Ein Mörder!
    GOUVERNEUR: Warst du ihm behilflich?
    SAAD: Nein!
    GOUVERNEUR: Aber du hast es niemandem erzählt?
    SAAD: Ich habe nur einen blutigen Dolch gesehen. Vielleicht wurde er angegriffen, vielleicht war es ein gerechter Kampf.
    SHARIF: Hast du ihn danach gefragt?
    SAAD: Das stand mir nicht zu.
    GOUVERNEUR: Wieviel hat er dir gezahlt?
    SAAD: Nichts. Wieso sollte er mir etwas zahlen?
    GOUVERNEUR: Für deine Dienste.
    SAAD: Ich habe ihn aus freien Stücken begleitet, einige Male.
    GOUVERNEUR: Um so schlimmer, ein Verräter aus Überzeugung.
    SAAD: Wen habe ich verraten?
    GOUVERNEUR: Den Kalifen und deinen Glauben.
    SAAD: Ich habe niemanden verraten.
    GOUVERNEUR: Du lügst.
    SAAD: Ich habe niemanden verraten.
    GOUVERNEUR: Wir werden dir die Lüge austreiben. Führt ihn ab.
     
     
     
    GOUVERNEUR: Sie sagen, du bist reumütig und willst uns alles gestehen.
    KADI: Bringen wir es hinter uns.
    SAAD: Ich habe ihm geholfen.
    GOUVERNEUR: Womit?
    SAAD: Er hat Fragen gestellt, ich habe sie beantwortet. Wenn ich die Antwort nicht wußte, habe ich versucht, sie herauszufinden.
    GOUVERNEUR: Fragen worüber?
    SAAD: Über alles. Er war sehr neugierig.
    GOUVERNEUR: Beispiele, gib uns Beispiele, bevor wir dir die Schmerzen zurückgeben.
    SAAD: Unsere Sitten, unsere Gewohnheiten, die Geheimnisse der

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