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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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einsam, das ist wahr, und er wurde einsamer, je länger unsere Reise andauerte. Bwana Burton fand mit fast jedem eine gemeinsame Sprache, mit den Sklavenhändlern sprach er Arabisch, mit den Soldaten, den Belutschen, sprach er Sindhi, nur gegenüber seinem Freund, gegenüber Bwana Speke, kam ihm die Sprache abhanden. Er lernte auch Kisuaheli, in langsamen Schritten, denn sie gefiel ihm nicht, unsere Sprache.
    – Was hatte er daran auszusetzen? Es ist die beste aller Sprachen.
    – Das behauptet jeder, der keine zweite Sprache kennt.
    – Arabisch ist die beste aller Sprachen.
    – Kisuaheli ist wie eine Welt, die aus lauter schönen Landschaften besteht.
    – Was willst du damit sagen, Baba Ilias? Stammen die Flüsse etwa aus Persien und die Berge aus Arabien und die Wälder aus Uluguru …
    – So ungefähr. Du beginnst zu verstehen.
    – Und der Sand aus Sansibar.
    – Und der Himmel?
    – Der Himmel ist nicht Teil der Landschaft.
    – Sähe sie nicht nackt aus, ohne Himmel?
    – Wie eine Kanga, um die Lenden der Erde geschwungen.
    – Bei Sonnenuntergang.
    – Was habe ich gesagt. Haben eure Ohren gehört, wie schön Kisuaheli klingen kann, selbst aus solchen Plappermäulern.
    – Wir reden nicht von eurem Geschmack, sondern von seinem. Er mochte es nicht, den Worten etwas voranzustellen, das sei wie ein Mundkorb, so sagte er, hinter dem die Wörter nicht mehr so sind, wie sie ursprünglich waren. Trotzdem, er hat gelernt, er hat einiges gelernt, und als wir zurückkehrten, sprach er soviel Kisuaheli, wie er benötigte.
    – Und der andere?
    – Kein Wort. Nicht einmal ›schnell‹ oder ›halt‹.
    – Zwei ungleiche Männer.
    – Sehr ungleich. Wer sollte verstehen, warum zwei so unterschiedliche Menschen sich gemeinsam auf eine Reise begaben, auf der sie ihr Leben in die Hand des anderen legen mußten. Schon ihr Aussehen war ungleich, der eine war kräftig gebaut und dunkel, der andere schlank, geschmeidig und hell wie der Bauch eines Fisches.
    – Nur mancher Fische.
    – Sie waren ungleich in ihrem Wesen, der eine laut, offen, stürmisch, der andere ruhig, zurückhaltend, verschlossen. Sie waren ungleich in ihrem Verhalten, der eine ausfallend und nachsichtig, der andere beherrscht und nachtragend. Der eine hatte Lust und Hunger auf alles, und er gab seiner Lust und seinem Hunger immer nach, der andere kannte auch Gelüste, aber er hatte sie angebunden, manchmal versuchten sie, sich loszureißen, dann wurden sie zurückgezerrt.
    – Wenn sie in der Lage waren, gemeinsam jahrelang durch das Land zu ziehen, dann muß ihnen auch etwas gemein gewesen sein?
    – Ehrgeiz und Eigensinn. Sie waren dickköpfiger als die dreißig Esel, mit denen wir Bagamoyo verließen. Und sie waren reich, unermeßlich reich. Mehr als hundert Männer waren nötig, um ihren Reichtum zu schleppen, Männer, die barfuß gingen, Männer, die nichts besaßen.
     
     
     
    Sie haben sich alle versammelt in Bagamoyo, wo unzählige Sklaven die Last ihres Herzens abgelegt haben, wie der Name dieses Ortes, Ausgangspunkt aller Karawanen ins Landesinnere, verkündet.Sie warten auf das Zeichen zum Abmarsch. Die Träger, barfuß, sind armselig gekleidet, selbst am Tag des Aufbruchs, geschmückt nur mit einigen Streifen aus Fell oder Federbündeln. Einige von ihnen haben sich Glocken an die Unterschenkel gebunden. Sie klimpern zur Belustigung der vielen Kinder, die ihr Versteckspiel hinter bauchigen Baumstämmen unterbrochen haben. Sie haben die Stoffe, mit denen sie handeln werden, zu Nackenrollen gewickelt, fünf Fuß lang, und mit Zweigen gestärkt, eine Last, die siebzig Pfund wiegt. Mehr kann ihnen nicht aufgebürdet werden, zumal sie noch einige eigene Habseligkeiten schleppen müssen. Kisten werden über zwei Stangen gehängt (die leichten am Ende, die schweren in der Mitte) und von zwei Männern getragen.
    Burton bespricht sich mit dem Kirangozi, Said bin Salim, der vorneweg marschieren wird, der Zeremonienmeister der Expedition. Ein redseliger Mann, dieser Vertreter des Sultans, dem es nicht im Traum einfallen würde, seine eigene Bedeutung zu unterschätzen. Befehle gehen durch ihn hindurch, aber er teilt sie aus, als stammten sie von ihm. Seine Treue ist einfach gestrickt, er achtet die Hand, die ihn satt macht. Er gibt einen Befehl, die Kesseltrommel wird zum ersten Mal geschlagen. Der Zug der Träger entwindet sich dem Schatten des Platzes und schleicht wie ein behäbiger Python auf die Allee zu, die ins Landesinnere führt. Die

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