Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
Vom Netzwerk:
sie sich dabei abgewechselt hatten, ihr ein Messer an die Kehle zu halten. Sie lag jetzt auf der Intensivstation, wie mir De’Ath mitteilte. Es würde einige Zeit dauern, bevor sie das Footballteam der Highschool wieder bejubeln konnte. Zum Schluss hatten sie ihr noch das Messer in den Unterleib gerammt, nur so zum Spaß. Der Chirurg glaubte, dass sie durchkommen würde, aber Kinder konnte sie keine mehr bekommen. Ist das nicht eine kranke Welt? Einer der schwarzen Jugendlichen verlangte doch tatsächlich nach irgendwelchen Computerspielen, und ich hätte ihm am liebsten eins in sein anzüglich grinsendes Gesicht geschlagen und ihm ein Messer dahin gerammt, wo er es bei dem Mädchen gemacht hatte. Ich verdrängte den Wunsch, ließ ihn und seinen widerlichen Kumpan durch das Programm laufen und teilte De’Athmit, dass keiner von beiden klinisch gestört sei. Jedenfalls nicht so, dass es sich nicht mittels einer Todesspritze kurieren ließe.
    Später saß ich an meinem Schreibtisch, den Kopf in den Händen vergraben und mit Tränen in den Augen. Ich trauerte um ein Mädchen, das ich nicht einmal kannte. Das Telefon klingelte; es war Terry, die sich erkundigte, wie es mir ging und warum ich so spät noch im Büro war. Mir ginge es gut, log ich, ich schriebe nur ein paar Gutachten. Sie fragte mich, ob ich noch einen späten Happen essen gehen wollte, und ich sah auf die Uhr und war überrascht, dass es schon ein Uhr morgens war. Die Jalousien waren heruntergezogen und ich hatte jedes Zeitgefühl verloren. Ich sagte okay, und sie fragte mich, ob ich meinen Wagen hätte, sagte, sie würde mich in einer halben Stunde draußen treffen.
    Ich schloss den Bericht über den alten Mann ab und ging zu De’Ath, um ihm mitzuteilen, dass ich Feierabend machen würde. Zusätzliche Hilfe war in Gestalt eines jüngeren Psychologen aus einem örtlichen Krankenhaus eingetroffen. Er hatte gerade eine Schicht und war gut in mein Programm eingearbeitet; ich wies De’Ath an, mich auf dem Handy anzurufen, falls die Kacke am Dampfen sein sollte.
    »Suchst wohl was zu beißen?«, fragte er. Er fletschte die Zähne und mimte einen Vampirbiss.
    »Du gibst wohl nie auf, Samuel?«, fragte ich entnervt.
    Zwei Streifenpolizisten gingen vorbei und einer von ihnen bekreuzigte sich lachend. Der andere klopfte ihm auf den Rücken.
    »Und noch was, Samuel. Sagst du deinen Leuten bitte, sie sollen mir keine Gummifledermäuse und Knoblauch mehr an den Wagen stecken? Das ist nicht witzig.«
    »Hey Mann, kein Problem, ich hänge einfach einen Zettel ans Schwarze Brett. ‹Vampirjäger fordert Waffenruhe.› Wie hört sich das an?«
    »Prima, Samuel. Tausend Dank.«
    Er lachte schallend, als ich durch den Flur ging.
    Terry wartete auf dem Parkplatz des Polizeipräsidiums auf mich. Sie lehnte an der Kühlerhaube meines Alpine. Sie kam auf mich zu, um mich zu umarmen, und küsste mich auf die Wange. »Wer war denn der Scherzkeks?«, fragte sie und nickte in Richtung Windschutzscheibe. Irgendwer hatte ein Plastikkruzifix unter den Scheibenwischer auf der Beifahrerseite geschoben. Ich packte es. Es war eine grausige Devotionalie, die Wange, die Seite und die Hände waren mit Blut bemalt, die Miene schmerzverzerrt. Schön war anders. Ich warf es in die Gosse.
    »Das gehört sich aber nicht. Nicht, äh, mit einem Kreuz«, tadelte sie mich.
    »Ich wusste gar nicht, dass du so fromm bist«, sagte ich und öffnete die Fahrertür.
    »Bin ich auch nicht«, sagte sie und stieg neben mir ein. »Isst du gern japanisch?«
    »Rohen Fisch? Und wie! Aber so früh am Morgen?«
    »In der Nacht«, sagte sie. »Es ist immer noch Nacht. Vertrau mir.«
    Sie führte mich in ein Lokal, das tatsächlich noch geöffnet hatte und das allem Anschein nach gut lief. Es lag in der Nähe vom Hollywood Boulevard und bediente anscheinend dieselbe Klientel wie der Club, in den mich Terry mitgenommen hatte. Es war eine Kombination aus Hightechlärm, Neonlicht undjapanischer Schlichtheit. Auf den TV-Monitoren an der Wand liefen japanische Gameshows mit abgedrehtem Ton, während ein japanischer DJ hinter einer weißen Metallkonsole ohrenbetäubende Popsongs auflegte und dabei ziemlich oft auf und ab sprang. Die Kellnerinnen waren offenbar alle Japanerinnen, aber sie trugen weiße T-Shirts und Jeans und keine Kimonos. Ein Mädchen mit Haar, das ihr bis zur Taille ging, und scharlachrotem Lippenstift geleitete uns zu einem Ecktisch und überreichte uns zwei Speisekarten. Terry fragte mich, was ich

Weitere Kostenlose Bücher