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Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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haben wollte, und bestellte dann auf Japanisch.
    Die Kellnerin zeigte sich davon nicht überrascht, woraus ich schloss, dass Terry schon einmal hier gewesen war.
    »Wie viele Sprachen kannst du denn?«, fragte ich Terry, als die Kellnerin zur Sushibar ging.
    »Keine Ahnung, ich schnappe sie halt so auf«, sagte sie. »Das ist mir noch nie schwergefallen. Die fliegen mir einfach so zu. Also, wie war denn dein Tag?«
    »So wie immer. Ruhiger, nachdem der Vollmond vorbei ist.«
    »Du glaubst daran?«
    »Klar.« Wir plauderten über den Mond und ob er Menschen beeinflusst oder nicht, während wir auf unser Essen warteten. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie nicht nach Greig Turner fragte, aber ich wollte einen klaren Kopf haben, bevor ich das Thema anschnitt. Außerdem spürte ich, dass das einen Keil zwischen uns treiben würde, und ich wollte es nicht verderben. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was dieses »Es« sein mochte, ich wusste nur eins: Ich wollte, dass sich daraus mehr entwickelte, und wenn ich mir anmerken ließ, dass ich ihre Wohnung durchsucht hatte, verriet das wohl einen eklatantenMangel an Vertrauen. Und ohne Vertrauen ist halt alles nichts, wie es immer so schön heißt.
    Das Sushi kam zusammen mit einem japanischen Bier für mich. Sie mischte das grüne Senfzeug in einem Schälchen mit brauner Sojasoße und sah mir beim Essen zu. Auf ihrem eigenen Teller stocherte sie fast nur herum, aß bloß ein Stückchen gekochte Garnele, etwas fettigen Thunfisch und einen Streifen Gelbschwanzmakrele, und sie bestritt die Unterhaltung weitgehend allein. Worüber redeten wir also? Komisch, wirklich komisch, aber hinterher konnte ich mich nur mit Mühe entsinnen, was sie gesagt hatte. Ich weiß noch, wie sie es sagte, wie sie aussah, wie sie mich zum Lachen brachte, was ich fühlte, aber an die Gesprächsthemen kann ich mich nicht erinnern. Ich entsinne mich besser an das, was hinterher geschah, als ich sie zu mir nach Hause chauffiert und ausgezogen hatte und sie mich überall küsste, aber das bleibt besser unter uns. Nur so viel: Selig lächelnd wie ein satter Säugling schlief ich ein und sie lag in meine Armbeuge gekuschelt.
    Als ich aufwachte, war sie verschwunden. Ich duschte, zog mich an und kochte Kaffee. Gerade überlegte ich, ob ich ein paar alte Nummern von
Psychological Medicine
durchforsten sollte, als das Telefon klingelte. Es war Archie Hemmings.
    »Ich hab ihn, Jamie!«, jubelte er.
    »Was, du hast seinen Agenten gefunden?«
    »Noch besser, Jamie. Sehr viel besser. Den Mann selbst habe ich gefunden!«
    Ich konnte ihn mir lebhaft vorstellen in seinem Wohnzimmer mit den Kakteenwandgemälden, wie er mit seiner dicken Zigarre in der Luft herumfuchtelte.
    »Du hast Greig Turner gefunden? Aber der muss doch hundert Jahre alt sein!«
    »Aber er lebt noch, Jamie. Vielleicht nicht gerade gesund und munter wie ein Fisch im Wasser, aber er ist definitiv noch am Leben. Willst du seine Adresse?«
    »Gut gemacht, Archie!«, sagte ich. Scheiße, ich war ebenso erfreut wie er. Er erzählte mir, dass Greig Turner jetzt in einem Altenpflegeheim in Big Sur war, etwa sechs Stunden Autofahrt von Los Angeles auf dem Weg nach San Francisco.
    Sechs Stunden in einem 1966er Sunbeam Alpine ist nicht der angenehmste Zeitvertreib, aber sobald ich Archie von ganzem Herzen gedankt hatte, schnappte ich mir das Foto von Terry Ferriman und fuhr nach Big Sur.
    Ich musste anhalten, um nach dem Weg zu fragen, als ich den ersten Riesenmammutbaum sah, und um fünf Uhr nachmittags fuhr ich auf ein großes weißes Steinhaus zu, die Art Bau, den sehr betuchte Großstädter am Wochenende ansteuern, um zu jagen und zu angeln. Es bestand aus einem Hauptgebäude und zwei Seitenflügeln und dahinter lagen die zerklüfteten Felsen vom
Los Padres National Forest
. Ein guter Altersruhesitz, dachte ich, als ich aus dem Wagen stieg. Die Luft war frisch und sauber, der Ort verströmte so eine ruhige Atmosphäre. Allem Anschein nach würde es eine schöne Stange Geld kosten, sich hier einzukaufen.
    Ich betrat das Gebäude durch den Haupteingang und fand das Verwaltungsbüro. Dort stellte ich mich dem Klinikarzt vor, einem weißhaarigen Mann in den Fünfzigern namens Dr. Gerard Lyttelton. Er trug einen gestärkten weißen Kittel, in dessen Brusttasche säuberlich aufgereiht drei Stifte steckten. Seinzurückgekämmtes Haar erinnerte ein bisschen an Einstein. Ich befürchtete, ihn nur schwer dazu überreden zu können, mich mit Greig

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