Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

und sie brauchen Blut. Aufgrund der Genmutation können sie bestimmte essenzielle Aminosäuren nicht herstellen, weswegen sie die durch andere Mittel beschaffen müssen. Blut ist die einfachste Lieferquelle, obwohl blutreiche Organe wie Herz und Leber auch gehen.«
    »Und sie leben ewig? Wollen Sie das sagen?«
    Sugar zuckte mit den Achseln. »Anscheinend können sich ihre Zellen unendlich oft teilen. Wir wissen von einem, der über zweitausend Jahre alt ist. Das würde man ihm nie ansehen.Er ist kaum mehr als ein Junge. Selbst mit der C14-Methode ließ sich sein Alter nicht feststellen. Aber unter Hypnose sind wir mit ihm bis ins Alte Rom zurückgegangen.«
    Die Erwähnung der C14-Methode ließ mich aufhorchen. Ob sie wohl von meinem Besuch in der UCLA wussten und von meinen Nachforschungen dort gehört hatten? Ich hatte das ungute Gefühl, dass die Männer einer Organisation angehörten, deren Tentakel sich über die gesamte Welt der Wissenschaft ausstreckten. Nein, Tentakel waren keine gute Analogie. Eher ein Spinnennetz vielleicht, dünne Fäden, die zu ihren Hauptquartieren zurückführten und auf das leichte Zittern warteten, das Anzeichen dafür, dass irgendjemand irgendwo die Art von Fragen stellte, die man fragte, wenn man einem Vampir auf der Spur war.
    »Und die Werwölfe und – wie haben Sie die noch gleich genannt – Gestaltwandler?«, fragte ich.
    »Die sind komplizierter und sogar noch seltener als die Vampire«, sagte Sugar. »Ich habe noch nie einen leibhaftig gesehen, allerdings mal ein Video von einem der russischen Vertreter, der gerade seine Gestalt wandelte. Ganz schön starker Tobak, kann ich Ihnen versichern.«
    »Wie ist es denn?«
    »Ehrlich gesagt ist es nicht so beeindruckend wie die Spezialeffekte in Filmen wie
Das Tier
oder in diesem Michael-Jackson-Video, aber es ist eine ganz andere Geschichte, wenn es echt ist.«
    »Und wenn der Film eine Fälschung war?«
    Sugar schnaubte. »Die Leute, mit denen wir zusammenarbeiten, haben solche Spielchen nicht nötig, Dr. Beaverbrook. Man wählt sie nicht gerade wegen ihres Humors aus.«
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Vampire. Werwölfe. Die Mitternacht rückt’ näher schon. Halb erwartete ich, dass Canonico und seine Kollegen mit Pflock und Hämmerchen hereinplatzen und rufen würden: »
Verstehen Sie Spaß?
« Aber dafür waren die beiden Männer in den grauen Anzügen zu ernst. Das hier war kein geplanter lustiger Streich. Dies hier war echt. Es war echt und ich machte mir Sorgen um Terry.
    »So«, sagte Sugar und streckte den Arm über seinen Kopf. »Genug über uns. Inzwischen dürfte Ihnen doch klar sein, dass wir diese Terry Ferriman für eine dieser Mutantinnen halten.«
    »Das ist möglich«, sagte ich. »Denke ich mal.«
    Sugars Miene verfinsterte sich. Er ließ die Arme schwer auf den Schreibtisch niedersausen, mit solch einer Wucht, dass ich zusammenfuhr.
    Hooper zuckte mit keiner Wimper; er starrte mich nur unverwandt an mit seinen kalten Smaragdaugen.
    »Verarschen Sie uns bloß nicht, Beaverbrook«, sagte Sugar. »Bezüglich der Durchführungsbefugnis rangieren wir ganz hoch über den Vollzugsbehörden des Landes und der Terrorbekämpfung. Die CIA, das FBI – oder nehmen Sie jede beliebige Buchstaben kombination – überragen wir um Hauptes länge. Wir haben uns nur gegenüber einem Mann zu verantworten, und der untersteht unmittelbar dem Präsidenten. Wir können Sie von der Bildfläche verschwinden lassen, Beaverbrook. Wir können Sie an Orte verfrachten, die Ihnen in Ihren schlimmsten Albträumen noch nicht eingefallen sind, und da können wir dann mit Ihnen reden. Sollte das nötig sein, kommen Sie da nicht mehr weg. Nie wieder. Sie sind entweder für oder gegen uns. Und wenn Sie sich gegen uns entscheiden,geben Sie alle möglichen Rechte auf. Können Sie mir folgen, Beaverbrook?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Ich kann Sie nicht hören.«
    »Ja«, sagte ich, diesmal lauter.
    »Gut«, sagte Sugar. »Also, Sie haben doch Erkundigungen über Ms. Ferriman eingeholt. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?«
    »Sie ist nicht Terry Ferriman«, sagte ich gedehnt. »Die echte Terry Ferriman starb vor über zwanzig Jahren. Deren Identität hat sie angenommen. Und sie ist reich, sehr, sehr reich. Anscheinend hat sie Zugriff auf Zigmillionen Dollar auf einem Bankkonto, für deren Herkunft sie keinen Nachweis hat. Sie besitzt ein großes Mietshaus, gibt aber vor, dort nur ein winziges Apartment zu bewohnen.« Ich rechnete mir aus, dass