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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Decke gezogen werden konnte, stand allen zur Verfügung. Unter dem Schrägdach waren die Dinge untergebracht, die keine Kälte vertrugen, wie eingemachtes Gemüse, Arzneimittel oder Saftflaschen; außerdem die Bücher der Bibliothek, sorgsam durchnummeriert von 1 bis 80.
    Abb 69
    Ein Dampfbad war der ganze Stolz der Framheim-Bewohner.
    Rund um die Hütte wurden 14 Sechzehn-Mann-Zelte aus Armeebeständen aufgebaut, in denen die Hunde ausreichend vor Wind und Kälte geschützt waren. Im Laufe des Winters wurde die Hütte immer weiter vom Schnee zugeweht, sodass schließlich nur noch der Schornstein zu sehen war. In den folgenden Wochen gruben die Bewohner, die ihrer kleinen Siedlung den Namen »Framheim« gaben, dann noch zahlreiche miteinander verbundene Gänge in das Eis und richteten dort ausgedehnte Vorratslager, verschiedene Werkstätten und sogar ein Dampfbad ein. »Hier
auf der gleichen Eisbarriere, wo Shackleton Gott dafür dankte, dass er nicht an Land gegangen war, haben wir unser Haus aufgeschlagen, hier werden wir unser Heim haben«, trug Amundsen anlässlich des Einzugs in Framheim in sein Tagebuch ein. »Nicht einer von uns hält das für irgendwie gefährlich. Die Zukunft wird zeigen, ob wir recht haben.«
    Jedenfalls befand sich Framheim einen ganzen Breitengrad, also etwa 110 Kilometer, näher am Pol als Scotts Basis am Kap Evans und erwies sich dank seiner Lage auf dem Schelfeis als ideale Ausgangsbasis für den direkten Weg nach Süden. Scotts Männer dagegen mussten erst einmal nach Hut Point kommen und dann die Eisbarriere erklimmen. Immerhin hatten die Engländer den Vorteil, dass sie in den ausgetretenen Pfaden von Shackleton wandern konnten. Die Norweger dagegen betraten völliges Neuland. Sie wussten nicht, welche Hindernisse sich ihnen auf dem Weg zum Pol entgegenstellen würden.
    Die Depotreisen beginnen
    Die problematische Lage von Scotts Basis am Kap Evans sollte schon bald deutlich werden. Der kritische Punkt war das Meereis, das die Männer auf ihrem Weg zum Eisschild nutzen mussten. War schon der Verlust des dritten Motorschlittens ein Warnzeichen auf den zunehmend bedenklichen Zustand des Untergrunds gewesen, so spitzte sich die Lage in der dritten Woche nach der Landung immer mehr zu. Am 15. Januar war Scott mit einem Hundegespann zur alten Discovery -Hütte am Hut Point aufgebrochen, fand die Behausung jedoch in einem wenig einladenden Zustand: Die Tür war zugeweht, ein Fenster offen und die Hütte deshalb voller Schnee und Eis, überall lag Dreck herum. Im Stillen verfluchte Scott einmal mehr seinen Konkurrenten Shackleton, der die Hütte während seiner Polexpedition genutzt hatte: »Kisten voller Exkremente wurden in der Nähe der Vorräte gefunden, und Schmutz ähnlicher Art lag dick unter der Veranda«, trug er wütend in sein Tagebuch ein. »Es ist schon seltsam, wenn man sich vorstellt, dass Menschen so fürchterlich und mit einem solchen Mangel an Rücksicht auf andere, die nach ihnen kommen, gehaust haben können.« Zurückgekehrt nach Kap Evans, musste Scott
jedoch bald erkennen, dass die alte Hütte die beste Basis gewesen wäre, von der aus man die geplanten Depotfahrten auf das Schelfeis hätte bewerkstelligen können.
    Abb 85
    Unvorhergesehenes Chaos: Weil das Meereis in der Erebus-Bucht rapide schmolz, mussten viele Vorräte, die mühsam ins Scott-Lager geschafft worden waren, nun eiligst zurück auf die Terra Nova befördert werden (23. Januar 1911).
    Denn als er am Morgen des 23. Januar erwachte, wurde das Meereis in der Erebus-Bucht in großen Schollen aufs Meer hinausgetrieben. Der Weg nach Süden war damit nahezu abgeschnitten. »Als ich mir darüber klar geworden war, wurde Hand angelegt und alles ging mit Dampf. Das Futter, sämtliche Schlitten, unsere ganze Ausrüstung, selbst die Hunde und Ponygeschirre wurden auf das Schiff gebracht«, so Scott. Das hieß nichts weniger, als dass viele der Sachen, die in den Tagen zuvor so mühsam entladen und zur Hütte geschafft worden waren, nun in höchster Eile zurück auf die Terra Nova gehievt wurden – nur, um wenige Meilen nach Süden gefahren und dort erneut ausgeladen zu werden: eine wahre Sisyphosarbeit. Nur die Ponys wurden auf eine äußerst ungewisse Reise über Land und die letzten Reste des verbliebenen Eises geschickt. »Man flüstert ein Gebet, dass die Straße für die wenigen verbliebenen Stunden hält«, notierte Scott. In der Tat glich die ganze Aktion einem Himmelfahrtskommando. »Wir verließen das

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