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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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üblichen Wollsachen, Kapuzen und Windjacken aus Armeebeständen; wärmende Felle trugen die Briten nur an Händen und Füßen. Wieder einmal gab es unverzeihliche Nachlässigkeiten, etwa in der Frage der Ponyschneeschuhe, die sich auf der Barriere als so brauchbar erwiesen hatten. Zwar trainierte Pferdefachmann Oates die verbliebenen Ponys laut Cherry-Garrard so, »als ob sie im Derby laufen sollten«. Jedoch lehnte er es ab, sich über die Schneeschuhe Gedanken zu machen, die er für eine Marotte seines Chefs hielt. Scott seinerseits tat nichts, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. So verlief die Sache im Sande.
    Abb 89
    Winter in Kap Evans: Mit dem Ausbessern ihrer Schlafsäcke versuchen Edgar Evans und Tom Crean die lange Polarnacht nutzbringend auszufüllen.

    Zudem verzettelten sich wichtige Mitglieder der Expedition in zwar heroischen, doch halsbrecherischen Einzelaktionen. So hatte es sich Wilson in den Kopf gesetzt, das Rätsel des Kaiserpinguins zu lösen, dessen Embryologie damals noch völlig unbekannt war. Mitten in der tiefsten Polarnacht brach er gemeinsam mit Bowers und Cherry-Garrard auf, der die Kamikazetour später als The Worst Journey of the World (»Die schlimmste Reise der Welt«) literarisch verewigte. Bei Temperaturen von bis zu minus 60 Grad Celsius zogen sie ihre Schlitten 170 Kilometer über zerklüftetes Eis und tiefe Gletscherspalten zur Pinguinkolonie am Kap Crozier und schafften es tatsächlich, sich in den Besitz von einigen Eiern zu bringen. Doch dann erhob sich ein fürchterlicher Sturm, der kurzsichtige Cherry-Garrard, der wegen der Kälte seine Brille nicht tragen konnte, stolperte, wobei er die Eier, die er mit seinen halb erfrorenen Händen umklammert gehalten hatte, zerbrach. Im darauf folgenden tobenden Inferno flog den Männern ihr Zelt weg, und sie waren nun schutzlos dem Orkan und der Kälte ausgesetzt. Doch wie durch ein Wunder flaute der Sturm ab, und ihr Zelt fand sich wenige hundert Meter weiter völlig intakt wieder ein. Unter entsetzlichen Qualen und mit zahlreichen Frostverletzungen schlug sich die Gruppe wieder nach Kap Evans durch. »Drei Subjekte in vereisten Kleidern kamen herein, rußig, mit strähnigen Haaren und in einen Panzer aus Eis gezwängt«, schrieb der Geologe Frank Debenham. Scott stimmte ihr Erscheinen nachdenklich: »Man macht sich Gedanken über die Möglichkeiten von Pelzkleidung, wie sie von den Eskimos hergestellt wird, und wird dabei das Gefühl nicht los, dass sie unsere zivilisierte Kleidung übertrifft. Für uns kann diese Frage aber nur spekulativ sein, weil es ganz unmöglich ist, solche Artikel zu erwerben.«
    Abb 97
    Nach der Rückkehr von der »schlimmsten Reise der Welt«: Wilson, Bowers und Cherry-Garrard stehen die überstandenen Strapazen ins Gesicht geschrieben.

    Abb 74
    Von »Framheim« waren bald nur noch Schornstein und Lüftungsrohre zu sehen.
    In Framheim hätte man über solche Sätze wahrscheinlich nur gelacht. Hier war die Ausstaffierung der Inuit Grundlage der Kleiderordnung. Amundsen hatte in Lappland 250 Rentierfelle gekauft und diese von einem Schneider in Kristiania zu Anoraks, Hosen und Strümpfen verarbeiten lassen. Die besten Felle waren von einem Kürschner aus Bergen in Schlafsäcke umgewandelt worden. Auch Unterwäsche, Handschuhe und Skistiefel waren Spezialanfertigungen. Und schon allein aus eigenem Interesse waren die erfahrenen norwegischen Polarforscher bei der Reise in den Süden gewissenhaft vorgegangen. »Unser Ziel war, den Pol zu erreichen, alles andere war Nebensache«, schrieb Amundsen später. »Ein Feldherr, der eine Schlacht gewinnen will, muss jederzeit wohlvorbereitet sein. Tut sein Gegner einen Zug, so muss er gleich den richtigen Gegenzug tun können; alles muss im Voraus genau berechnet sein, und nichts Unvorhergesehenes darf ihn verwirren. Wir befanden uns in der Lage eines solchen Feldherrn.« Wissenschaftliches Arbeiten war erlaubt, aber nur so weit, dass das Hauptziel nicht gefährdet wurde. Anders als bei den Engländern gab es deshalb zum Beispiel keine Nachtwache, die auch meteorologische Messungen hätte vornehmen können. Dass
die nach dem Prinzip »morgens – mittags – abends« gewonnenen Messergebnisse damit für die wissenschaftliche Auswertung nahezu wertlos waren, nahm Amundsen billigend in Kauf.
    Abb 90
    Abb 75
    Nichts wird dem Zufall überlassen: In der ins Eis gegrabenen Werkstatt schleift Olav Bjaaland sorgfältig die Schlittenkufen.
    Stattdessen bosselten die Männer

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