Der Wettlauf zum Suedpol
weiter an ihrer Ausrüstung. So hatten sich die handelsüblichen Schlitten als zu schwer erwiesen – also wurde gefeilt und gehobelt und ihr Gewicht auf diese Weise von 75 Kilogramm auf gut 25 gedrückt. Ebenso verfuhr man mit den hölzernen Transportkisten. Für jeden Mann wurde ein zweites Paar Skier angefertigt. Auch mit der Bekleidung, den Schlafsäcken und Schneebrillen experimentierten die Norweger und arbeiteten diese Gegenstände individuell um, genauso wie die Skistiefel, die immer noch nicht den hohen Ansprüchen genügten. Zudem erprobten die Männer bessere Skibindungen. Nach den Erfahrungen der Depottour wurden auch neue, größere Zelte genäht. Bereits im Juni begann man damit, die Transportkisten zu packen; Mitte August standen die Schlitten fertig beladen in einem der Eiskeller von Framheim.
Die Ausrüstung von heute
Ein Jahrhundert nach Amundsens Tour de Force zum Pol per Hundeschlitten ist es unmöglich, dem Norweger in Sachen Transport nachzueifern: Hunde in die Antarktis mitzubringen ist gesetzlich verboten. Um deren einzigartige Tier- und Pflanzenwelt zu schützen, dürfen keine fremden Arten eingeführt werden, so regelt es das Umweltschutzprotokoll des Antarktisvertrags von 1991. Deshalb muss auch Alex Serdjukov, der Europa- und Vizeweltmeister im Hundeschlittenrennen aus dem österreichischen Team, seine Huskys zu Hause lassen und wie die anderen Wettkämpfer seinen Schlitten selbst ziehen.
Mit den schweren Holzkonstruktionen von Scott haben die modernen Schlitten jedoch nichts mehr gemein. Diese sogenannten Pulkas sind stabile »Plastikwannen« mit einer kufenartigen Ausprägung am Boden. Auf der Oberseite wird das das Gepäck mit einer Plastikplane geschützt und diese mit einer Kreuzschnürung aus stabilen Gummispannseilen zusammengehalten. Die Seile sind mit Karabinerhaken an einem Rucksack befestigt.
In den Pulkas führen die Teammitglieder alles mit sich, was sie während des Rennens benötigen, um in der Antarktis zu überleben. Sie sind somit völ-lig autark unterwegs, von den Begleitfahrzeugen beziehungsweise dem Filmteam erhalten sie nichts (außer natürlich in einem wirklichen Notfall) – auch das gehört zu den Spielregeln des Rennens. Im Schnitt wiegen die Pulkas 60 Kilogramm, aber innerhalb der Teams wird je nach Kraft regelmäßig neu aufgeteilt. So zieht Hermann Maier über weite Teile der Strecke 100 Kilogramm hinter sich her.
Abb 58
Dennis Lehnert legt seine Skier an (links).
Abb 59
Markus Lanz mit seiner Spezialkleidung (rechts).
Abb 60
Das Zelt der Österreicher und ihre Schlitten, die Pulkas.
Die Zelte sind aus Nylon und halten vor allem den Wind ab. Ansonsten ist es – zumindest nach dem Aufbau – drinnen so kalt wie draußen. Bei Sonnenschein wirkt das Zelt jedoch wie ein Treibhaus – zusammen mit der Körperwärme der Teams »heizt« es sich dann auch schon einmal bis plus 10 Grad auf – doch nur, solange man den Reißverschluss geschlossen lässt.
Zum Wärmen der Zelte dienen auch die Benzinkocher, der andere Hauptbestandteil der Ausrüstung. Das Funktionsprinzip hat sich dabei in 100 Jahren kaum geändert, die Kocher sind nur zuverlässiger geworden. In ein Stövchen ist eine Düse eingebaut. Das Benzin aus einer angeschlossenen Flasche wird in einer kleinen Heizschlaufe kurz vor der Düse verdampft, sodass es als Gas austritt, was hocheffizient eine sehr heiße, zischende blaue Flamme erzeugt.
Das dritte Kernelement ist der Schlafsack aus Daune oder Kunstfaser. Wenn draußen der Sturm tobt oder aus irgendeinem anderen Grund an ein Weiterkommen nicht zu denken ist, sind die Schlafsäcke überlebenswichtig. Sie sollen nicht in erster Linie wärmen, sondern die Temperatur im Inneren halten – dazu sie müssen gut isolieren. Das können sie bei Temperaturen von bis zu minus 45 Grad Celsius und sogar noch darunter. Deshalb bedürfen sie besonderer Aufmerksamkeit: Ein feuchter Schlafsack, in dem sich Eisklumpen bilden, könnte schnell zu einem echten Problem werden, auch das hat sich seit 100 Jahren nicht geändert.
Die Bedeutung von Isolierung und Wärme gilt natürlich auch für den Rest der Bekleidung. Das Prinzip ist dabei ähnlich wie für Wintersport in den Alpen: ein Zwiebelsystem mit einer Isolationsschicht, einer Wärmeschicht, einer Schutzhaut und so weiter. Für die Antarktis muss es dabei nur dicker, stabiler und gerne auch mindestens eine Schicht zusätzlich sein. Die Handschuhe behält man außerhalb des Zeltes eigentlich immer an:
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