Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
seine Nummer durchgab, hörte er das Piepen eines eingehenden Anrufs. Sobald die Telefonistin die Nummer richtig wiederholt hatte, schaltete er auf den wartenden Anruf um. Es war Chu. Bosch verlor keine Zeit mit Nettigkeiten.
    »Warst du im Standard Hotel?«
    »Ja, McQuillen ist aus dem Schneider. Er war die ganze Nacht da, als ob er gewusst hätte, dass er sich unter diese Kamera setzen müsste. Aber das ist nicht der Grund, warum ich anrufe. Ich glaube, ich habe was gefunden.«
    »Was?«
    »Ich gehe gerade noch mal alles durch, und dabei bin ich auf was gestoßen, das keinen Sinn ergibt. Der Junge hatte bereits vor, runterzukommen.«
    »Kannst du dich vielleicht etwas verständlicher ausdrücken? Welcher Junge wollte wohin kommen?«
    »Irvings Sohn. Er hatte bereits vor, von San Francisco runterzufliegen. Geht jedenfalls aus den AmEx-Auszügen hervor. Ich hab’s heute Abend noch mal nachgeprüft. Der Junge – Chad Irving – hatte schon ein Ticket gebucht, um nach Hause zu fliegen, bevor sein Vater tot war.«
    »Warte mal kurz.«
    Bosch ging ins Haus zurück und zum Esstisch. Er suchte in den Unterlagen nach den Kontoauszügen von American Express. Es war ein Ausdruck aller Zahlungen, mit denen Irvings Kreditkarte in den letzten drei Jahren belastet worden war. Er hatte zweiundzwanzig Seiten, und Bosch hatte sich vor weniger als einer Stunde jede Seite noch einmal angesehen, ohne dass ihm etwas aufgefallen war.
    »Okay, jetzt habe ich die AmEx-Auszüge hier. Wie siehst du sie dir an?«
    »Ich habe sie online, Harry. Im Durchsuchungsbeschluss beantrage ich immer gedruckte Auszüge und einen Online-Banking-Zugang. Aber was ich hier habe, ist nicht in deinem Ausdruck. Diese Belastung wurde erst gestern von Irvings Konto abgebucht, und da war der Ausdruck bereits in der Post.«
    »Du hast den aktuellen Auszug online?«
    »Ja. Die letzte Belastung, die du auf dem Ausdruck hast, ist das Hotelzimmer im Chateau, oder?«
    »Ja, genau.«
    »Okay. Und gestern wurde das Konto noch einmal mit dreihundertneun Dollar an American Airlines belastet.«
    »Okay.«
    »Ich hab noch mal ganz von vorn angefangen und alles ein zweites Mal durchgesehen, und dann bin ich online gegangen, um noch mal in das AmEx-Konto reinzuschauen, solange ich online Zugang dazu habe. Und dabei bin ich auf diese dreihundertneun Dollar gestoßen, die gestern von American Airlines abgebucht wurden.«
    »Dann hat Chad eben die Kreditkarte seines Vaters benutzt. Oder er hatte eine Zweitkarte.«
    »Nein. Das dachte ich zuerst auch, aber so ist es nicht. Ich habe bei AmEx angerufen, ob sie das weiter nachverfolgen könnten. Es hat lediglich drei Tage gedauert, bis die Belastung in George Irvings AmEx-Auszug erschien, und gebucht hat er das Ticket bereits am Sonntagnachmittag – also etwa zwölf Stunden, bevor er gesprungen ist. Ich habe mir die Flugnummer geben lassen und bin auf die American-Airlines-Seite gegangen. Es war ein Rückflugticket, vom SFO zum LAX und zurück. Der Flug von San Francisco nach hier unten ging Montagnachmittag um vier. Rückflug heute vierzehn Uhr, bloß dass er inzwischen auf Sonntag umgebucht worden ist.«
    Chu hatte gute Arbeit geleistet, aber Bosch war noch nicht bereit, ihn zu loben.
    »Aber bekommt man bei Online-Buchungen keine Bestätigung gemailt? Wir haben uns Irvings Mails angesehen. Da war nichts von American Airlines.«
    »Ich fliege öfter American und buche immer online. Eine Bestätigung per Mail bekommst du nur, wenn du das entsprechende Feld anklickst. Man kann das Ticket auch an jemand anders schicken lassen. Möglicherweise hat Irving die Bestätigung und die Flugzeiten an seinen Sohn schicken lassen. Schließlich war er derjenige, der geflogen ist.«
    Darüber musste Bosch erst einmal nachdenken. Es war ein wichtiges neues Detail. Irving hatte für seinen Sohn noch vor seinem Tod ein Flugticket nach Los Angeles gebucht. Möglicherweise hatte er damit nur beabsichtigt, seinen Sohn zu einem Besuch bei seinen Eltern zu bewegen, aber es konnte auch heißen, dass Irving bereits wusste, was er tun würde, und sichergehen wollte, dass sein Sohn rechtzeitig zu seiner Familie nach Hause käme. Es war ein weiteres Detail, das zu McQuillens Geschichte passte. Und zu der von Robert Mason.
    »Wenn du mich fragst, heißt das, dass er Selbstmord begangen hat«, sagte Chu. »Er wusste, dass er in dieser Nacht springen würde, und deshalb hat er seinem Sohn ein Ticket gekauft, damit er zu seiner Mutter nach L.A. kommen

Weitere Kostenlose Bücher