Der Widersacher
Farbe?«
»Hellgrau.«
»Hast du dich im Hotel erkundigt?«
»Wonach soll ich mich im Hotel erkundigt haben?«
In Solomons Stimme hatte sich wieder die gespielte Verwirrung geschlichen.
»Jetzt stell dich mal nicht dümmer, als du bist, Solomon. Hast du gefragt, ob es einen Grund gab, dass jemand aus dem Hotel oder jemand, der für das Hotel arbeitet, auf der Feuerleiter gewesen sein könnte? Hast du dich im Hotel erkundigt, welche Farbe die Arbeitskleidung ihrer Wartungstechniker hat?«
»Nein, habe ich nicht, Bosch. Wozu auch? Dieser Typ ist mindestens zwei bis vier Stunden, bevor unser Mann gesprungen ist, die Feuerleiter hinuntergeklettert. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Uns die ganzen Häuser in der Umgebung abklappern zu lassen war reine Zeitverschwendung. Das war idiotisch.«
Bosch wusste, wenn er jetzt bei Solomon die Beherrschung verlor, wäre der Detective im weiteren Verlauf der Ermittlungen komplett unbrauchbar für ihn. Er war noch nicht bereit, auf ihn zu verzichten. Wieder einmal ging er zum nächsten Punkt über. »Okay, dann zum anderen Bericht. Die Vernehmung dieses Drehbuchautors, Thomas Rapport. Warum genau ist er in L.A.?«
»Keine Ahnung. Er ist irgendein berühmter Drehbuchautor. Das Studio hat ihn in einem dieser Bungalows auf der Rückseite einquartiert, wo Belushi gestorben ist. Kostet bloß zwei Riesen die Nacht, und er hat gesagt, er ist die ganze Woche hier.«
Zumindest das beantwortete eine Frage, bevor Bosch sie stellen musste. Wie lange wäre Rapport vor Ort erreichbar, falls sie ihn noch einmal brauchten?
»Hat das Studio dann auch eine Limousine springen lassen? Oder wie ist er ins Hotel gekommen?«
»Äh … nein, er hat sich am Flughafen ein Taxi genommen. Seine Maschine ist früher gelandet, und der Studiowagen war noch nicht da, deshalb hat er sich für ein Taxi entschieden. Er hat gesagt, deshalb ist ihm Irving an der Rezeption beim Einchecken zuvorgekommen. Sie sind gleichzeitig eingetroffen, aber Rapport musste warten, bis der Taxifahrer die Quittung ausgestellt hatte, und das hat anscheinend ziemlich gedauert. Er war deswegen ziemlich angefressen. Er war noch auf die Ostküstenzeit gepolt und hundemüde. Er wollte nur noch in seinen Bungalow und schlafen.«
Bosch spürte, wie sich in seinem Bauch etwas regte. Es war eine Mischung aus Instinkt und der Gewissheit, dass es so etwas wie höhere Gerechtigkeit gab. Den Rechtschaffenen enthüllte sich die Wahrheit. Dieses Gefühl hatte er oft, wenn sich bei Ermittlungen zum ersten Mal ein konkretes Bild abzuzeichnen begann.
»Jerry«, fragte er, »hat Rapport gesagt, von welchem Unternehmen das Taxi war, mit dem er ins Hotel gekommen ist?«
»Wie?«
»Na, du weißt schon. Valley Cab? Yellow Cab? Welches Taxiunternehmen? Das steht doch auf der Tür jedes Taxis.«
»Das hat er nicht gesagt, und was soll das überhaupt hiermit zu tun haben?«
»Vielleicht nichts. Hast du die Handynummer dieses Typen?«
»Nein, aber er ist eine Woche lang im Hotel.«
»Ach ja, richtig. Weißt du was, Jerry? Du fährst jetzt mit deinem Partner noch mal zum Hotel rüber und erkundigst dich nach dem Mann auf der Feuerleiter. Findet raus, ob in dieser Nacht jemand gearbeitet hat, der dieser Mann auf der Feuerleiter gewesen sein könnte. Und findet raus, was sie für Arbeitskleidung tragen.«
»Jetzt mach aber mal einen Punkt, Bosch. Das war mindestens zwei Stunden, bevor Irving gesprungen ist. Wahrscheinlich war der zeitliche Abstand sogar noch größer.«
»Ist mir vollkommen egal. Selbst wenn es zwei Tage waren. Ich will, dass ihr das rausfindet. Schickt mir den Bericht, wenn ihr fertig seid. Bis heute Abend.«
Bosch beendete das Gespräch. Er wandte sich Chu zu.
»Gib mir mal die Akte von Irvings Taxilizenzkunden.«
Chu sah den Aktenstapel durch und reichte Bosch einen Ordner. »Wieso? Was ist?«, fragte er.
»Bisher noch nichts. Was machst du gerade?«
»Die Versicherungen. Bisher ist alles korrekt. Aber ich muss mal telefonieren.«
»Ich auch.«
Bosch nahm den Hörer seines Tischapparats ab und rief im Chateau Marmont an. Er hatte Glück. Als er zu Thomas Rapports Bungalow durchgestellt wurde, ging der Drehbuchautor ran.
»Mr. Rapport, hier spricht Detective Bosch vom LAPD . Ich hätte noch ein paar Fragen ergänzend zu dem Gespräch, das Sie mit zweien meiner Kollegen geführt haben. Hätten Sie kurz Zeit?«
»Äh, im Moment ist es ein bisschen ungünstig. Ich bin gerade mitten in einer Szene.«
»In einer
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