Der Widersacher
befreundet. Soviel ich gehört habe, waren sie sogar zusammen auf der Akademie.«
Bosch ordnete sich in die Abbiegerspur zum Lankershim Boulevard ein, um Chu auf dem Park-and-Ride-Parkplatz an der Metrolink-Station in Studio City abzuholen.
Damit Witcomb nicht hellhörig wurde, spielte Bosch die Sache herunter.
»Ja, habe ich auch gehört. Sie sollen sich schon von damals kennen.«
»Offensichtlich«, sagte Witcomb. »Aber mehr weiß ich auch nicht, Harry. Wie gesagt, Mason ist in der Spätschicht. Übrigens, ich bin gerade auf dem Sprung nach Hause. Hast du sonst noch Fragen?«
Damit gab ihm Witcomb zu verstehen, dass er sich auf keine weiteren Diskussionen über einen Kollegen einlassen wollte. Bosch konnte es ihm nicht wirklich verdenken.
»Ja. Weißt du, welche Zone Mason normalerweise hat?«
Das Revier der Hollywood Division war in acht Streifendienstzonen aufgeteilt.
»Ich kann es schnell mal nachsehen. Noch bin ich im Büro.«
Bosch wartete, und wenig später kam Witcomb ans Telefon zurück.
»Im aktuellen Einsatzzeitraum hat er sechs-Adam-fünfundsechzig. Deshalb würde ich sagen, dass er normalerweise dort unterwegs ist.«
Ein Einsatzzeitraum betrug achtundzwanzig Tage. Die »Sechs« stand für die Hollywood Division. »Adam« hieß Streife, und »fünfundsechzig« bezeichnete die Zone. Bosch konnte sich nicht mehr an die Zoneneinteilung der Hollywood Division erinnern, aber er sagte auf gut Glück:
»Fünfundsechzig, ist das der La-Brea-Korridor?«
»Genau, Harry.«
Bosch bat Witcomb, niemandem von dem Telefonat zu erzählen, bedankte sich für die Auskünfte und beendete das Gespräch.
Schon nach kurzem Überlegen wurde Bosch klar, dass Irvin Irving daraus kein Strick gedreht werden konnte. Wenn Mason gezielt B&W-Fahrer kontrolliert hatte, um Regent Taxis Aussichten auf die Lizenz zu erhöhen, konnte er das ausschließlich auf Veranlassung seines ehemaligen Freundes und Akademiekumpels George Irving getan haben. Es wäre schwer nachzuweisen, dass Stadtrat Irvin Irving etwas damit zu tun gehabt hatte.
Bosch bog auf den Park-and-Ride-Parkplatz und drehte eine Runde, um nach seinem Partner Ausschau zu halten. Als ihm klarwurde, dass er vor Chu angekommen war, suchte er sich einen Platz, an dem er einen Überblick hatte, und machte sich, mit den Fingern auf das Lenkrad trommelnd, ans Warten. Er merkte, er war enttäuscht darüber, dass Irvin Irvings Mauscheleien möglicherweise nicht der Auslöser für den Tod seines Sohns gewesen waren. Sollte dem Stadtrat jemals unterstellt werden, bei der Vergabe der Taxilizenz seinen Einfluss verkauft zu haben, hatte Bosch gerade die Voraussetzungen für einen berechtigten Zweifel gefunden. Irving konnte geltend machen, diese Machenschaft sei von seinem toten Sohn geplant und ausgeführt worden, und Bosch glaubte nicht, dass sich der Stadtrat dafür zu schade wäre.
Er öffnete das Autofenster, um frische Luft hereinzulassen. Um sein Unbehagen abzuschütteln, sprang er zu seinem anderen Fall und überlegte, wie sie bei Clayton Pell vorgehen sollten. Dann begann er, sich mit Chilton Hardy zu beschäftigen, und merkte, dass er keine Zeit verlieren wollte, einen Blick auf den Mann zu werfen, der der eigentliche Gegenstand der Lily-Price-Ermittlungen war.
Die Beifahrertür ging auf, und Chu stieg ein. Bosch war so in Gedanken versunken gewesen, dass er nicht mitbekommen hatte, wie sein Partner auf den Parkplatz gefahren war und seinen Mazda MX - 5 abgestellt hatte.
»Es kann losgehen, Harry.«
»Gut. Das mit unserem Ausflug nach Woodland Hills habe ich mir übrigens noch mal anders überlegt. Ich will vorher noch bei Hardys aktueller Wohnung vorbeischauen. Vielleicht haben wir Glück und bekommen ihn sogar zu sehen.«
»Wieso das auf einmal?«
»Ich möchte schon mal das Terrain sondieren, bevor wir richtig anrücken. Und danach fahren wir zu Pell. Ist das für dich okay?«
»Klar.«
Bosch fuhr vom Parkplatz auf den Freeway 101 zurück. In Richtung Westen, nach Woodland Hills, herrschte dichter Verkehr. Zwanzig Minuten später fuhr er am Topanga Canyon Boulevard vom Freeway ab und weiter nach Norden.
Die Adresse auf Chilton Hardys Führerschein war ein zweigeschossiges Mietshaus. Es lag einen knappen Kilometer nördlich des großen Einkaufszentrums, das den Kern des West Valley bildete. Das Mietshaus war riesig. Es nahm die gesamte Fläche zwischen dem Gehsteig und der Straße dahinter ein und hatte eine Tiefgarage.
Nachdem Bosch an seiner Vorder- und
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