Der widerspenstige Planet
Geld in die Zeit investieren, die er brauchen würde, um alles über Reduktionsgetriebe, abblätternde Lacke, Tanktests, Propellerumdrehungszahlen, Wärmeaustauschsysteme, synthetisches Segeltuch und so weiter zu lernen?
Keine Chance, entschied Blaine. Er konnte nicht einfach einhundertzweiundfünfzig Jahre hinter der Zeit herhinken und in einem Konstruktionsbüro nach einer Stelle fragen. Eine Stelle als was? Vielleicht konnte er pausenlos büffeln und sich auf den Stand von 2110 bringen, aber das würde er in seiner Freizeit tun müssen.
Im Augenblick würde er alles annehmen, was er bekommen konnte.
Er ging an einen Zeitungskiosk und kaufte eine mikroverfilmte New York Times und ein Lesegerät. Er ging weiter, bis er eine Bank gefunden hatte, setzte sich und sah sich die Stellenanzeigen an. Schnell ließ er die qualifizierten Angebote aus, für die er ja doch nicht geeignet war, und widmete sich den Jobs für ungelernte Kräfte. Er las:
»Auto-Cafeteria sucht Mann für Wartung. Lediglich Grundkenntnisse der Robotik erforderlich.«
»Hüllenreiniger für Mar-Coling-Raumschiff gesucht. Muss Rh positiv haben und verstärkter Antiklaustrophobiker sein.«
»Listenmann für hochtensilen Abfalltransporter gesucht. Bedingung: Grundkenntnisse in Jenkling. Verpflegung inklusive.«
Blaine merkte, dass selbst ungelernte Arbeit im Jahre 2110 ihn im Augenblick überfordern würde. Als er die Seite »Stellenangebote für junge Leute« aufschlug, las er:
»Junger Mann gesucht, der sich für Slic-Trug-Maschinen interessiert. Gute Aufstiegsmöglichkeiten. Grundkenntnisse in Integralrechnung und Erfahrung im Gebrauch der Hooteschen Formeln erforderlich.«
»Junger Mann für Außendienstarbeit auf Venus gesucht. Gehalt plus Verkaufsprovision. Grundkenntnisse in Französisch, Deutsch, Russisch und Ourescz erwünscht.«
»Zeitungsausträger: Die Eth-Col-Agentur sucht Zeitungsjungen. Müssen Spenning lenken können. Gute Stadtkenntnisse erforderlich.«
Er konnte also noch nicht einmal als Zeitungsjunge arbeiten! Es war ein deprimierender Gedanke. Es war offenbar doch schwieriger, eine Stelle zu finden, als er gedacht hatte. War denn niemand mehr in dieser Stadt, der Gräben aushob oder Pakete austrug? Machten die Roboter alle körperlichen Arbeiten oder brauchte man mittlerweile sogar schon einen Doktortitel, um eine Schubkarre zu schieben? Was war das nur für eine Welt!
Er blätterte zurück auf die erste Seite der New York Times und stellte sein Lesegerät schärfer ein, dann las er die Nachrichten des Tages:
In Oxa, Südmars, wurde ein neuer Raumhafen gebaut.
Ein Poltergeist war vermutlich die Ursache für mehrere Brände in Industrieanlagen in Chicago. Man hatte mit ersten Exorzismen begonnen.
Im Sektor Sigma-G des Asteroidengürtels waren reiche Kupfervorkommen entdeckt worden.
In Berlin waren zunehmende Doppelgängeraktivitäten zu verzeichnen.
In den Octopidörfern der Mindanao-Tiefe fanden weitere Forschungsarbeiten statt.
In Spenser, Alabama, hatte ein Mob zwei städtische Zombies gehenkt und verbrannt. Gegen die Rädelsführer waren rechtliche Schritte eingeleitet worden.
Ein führender Anthropologe vertrat die Auffassung, dass das Tuamoto-Archipel in Ozeanien die letzte Bastion des einfachen Lebens in der Art des zwanzigsten Jahrhunderts sei.
Die Atlantische Fischwächtergesellschaft hielt ihre Jahresversammlung im Waldorf-Astoria ab.
Im österreichischen Tirol hatte man ohne Erfolg einen Werwolf gejagt. Den Dorfbewohnern wurde angeraten, rund um die Uhr Wachtposten aufzustellen, um sich vor dem Tier zu schützen.
Dem Kongress war ein Gesetzesvorschlag unterbreitet worden, der Jagden und Gladiatorenkämpfe verbieten sollte. Der Antrag wurde abgelehnt.
In der Unterstadt von San Diego hatte ein Amokläufer vier Menschen getötet.
Die Zahl der Hubschrauberunfälle hatte dieses Jahr bereits die Ein-Millionen-Grenze überschritten.
Blaine legte die Zeitung beiseite, er war deprimierter denn je. Gespenster, Doppelgänger, Werwölfe, Poltergeister … Der Klang dieser vagen, grimmigen alten Worte gefiel ihm ganz und gar nicht; sie schienen heutzutage völlig reale Dinge zu bezeichnen. Er wollte keinem der gefährlicheren Nebeneffekte des Jenseits mehr begegnen.
Er stand auf und ging weiter. Er kam durch das Theaterviertel, spazierte an glitzernden Markisen vorbei, an Plakaten,
die Gladiatorenkämpfe im Madison Square Garden anpriesen, an Ankündigungen für Solido-Visionsprogramme und Senso-Shows, an
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