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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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treten und ihn bitten, aufzuhören, Sie heimzusuchen. Vielleicht werden wir ihn auch dazu zwingen.«
    »Wer ist es?«, fragte Blaine. Doch Smith lächelte nur wieder geheimnisvoll und stieg weiter. Blaine kletterte hinter ihm her.

20
    Über dem Gang befand sich ein Luftschacht, der in einen weiteren Gang führte. Sie kamen schließlich an eine Tür und gingen hindurch.
    Ein großer, grell erleuchteter Raum empfing sie. An der gewölbten Decke befand sich ein Wandgemälde, das einen gut aussehenden Mann mit klaren Augen zeigte, der in Begleitung von Engeln in einen blauen, leicht verschleierten Himmel eintrat. Blaine wusste sofort, wer Modell für das Gemälde gestanden hatte.
    »Reilly!«
    Smith nickte. »Wir befinden uns in seinem Palast des Todes …«
    »Woher wussten Sie, dass es Reilly ist, der mich heimsucht?«
    »Sie hätten selbst daraufkommen können. Nur zwei Menschen, die mit Ihnen zu tun hatten, sind in letzter Zeit gestorben. Das Gespenst war gewiss nicht Ray Melhill. Es konnte nur Reilly sein.«
    »Aber warum?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Smith. »Vielleicht sagt Reilly es Ihnen ja selbst.«

    Blaine betrachtete die Wände. Man hatte darin Kreuze, Halbmonde, Sterne und Swastiken eingelassen sowie indische, arabische, chinesische und polynesische Glückszeichen. Auf Podesten rings im Raum befand sich eine Ansammlung von Statuen alter Gottheiten. Unter ihnen erkannte Blaine Zeus, Apollo, Dagon, Odion und Astarte. Vor jedem Podest stand ein Altar und auf jedem Altar ruhte ein geschliffener und polierter Edelstein.
    »Was bedeutet das?«, fragte Blaine.
    »Sühneopfer.«
    »Aber das Leben nach dem Tod ist doch wissenschaftlich erwiesen.«
    »Mr. Kean hat mir gesagt, dass wissenschaftliche Erkenntnis Aberglauben nicht ausschließt«, sagte Smith. »Reilly war sich ziemlich sicher, dass er nach dem Tode überleben würde, aber er sah keinen Grund darin, ein Risiko einzugehen. Außerdem, sagt Mr. Kean, würden die sehr Reichen, genau wie die sehr Frommen, nicht in ein Jenseits für jedermann eingehen wollen. Sie glauben, dass sie durch entsprechende Riten und Symbole in einen exklusiveren Teil des Jenseits kommen können.«
    »Gibt es denn einen exklusiveren Teil?«, fragte Blaine.
    »Das weiß niemand. Es ist nur so ein Glaube.«
    Smith führte ihn durch den Raum zu einer verzierten Tür, die mit ägyptischen Hieroglyphen und chinesischen Ideogrammen bedeckt war.
    »Reillys Leiche ist hier drin«, sagte Smith.
    »Gehen wir denn rein?«
    »Ja, das müssen wir.«
    Smith stieß die Tür auf. Blaine erblickte einen gewaltigen Raum mit Marmorsäulen. Genau in der Mitte stand ein Sarg aus Bronze und Gold, der mit Juwelen besetzt war. Um den Sarg herum befanden sich große Mengen von Gegenständen verwirrender Vielfalt: Gemälde und Skulpturen,
Musikinstrumente, Schnitzereien, Geräte wie Waschmaschinen, Herde, Kühlschränke und sogar ein richtiger Helikopter. Es gab Kleidungsstücke und Bücher und eine vollständig gedeckte Tafel mit üppigen Speisen.
    »Wofür ist denn das ganze Zeug?«, fragte Blaine.
    »Die Essenz dieser Dinge soll ihren Besitzer ins Jenseits begleiten. Ein alter Brauch.«
    Blaines erste Reaktion war Mitleid. Das wissenschaftliche Jenseits hatte den Menschen nicht von der Furcht vor dem Tod befreit, wie es der Fall hätte sein sollen. Im Gegenteil, es hatte seine Ungewissheit noch verstärkt und seinen Wettbewerbsgeist gefördert. Da er sich des Lebens nach dem Tode sicher war, wollte der Mensch es auch verbessert wissen, in einen schöneren Himmel gelangen als die anderen. Die Gleichheit war eine feine Sache, aber zunächst einmal kam die Eigeninitiative. Die vollkommene Gleichmacherei im Jenseits war eine ebenso unangenehme Vorstellung wie auf Erden. Der Wunsch, es einmal besonders gut zu haben, bewegte einen Mann wie Reilly dazu, sich ein Grabmal bauen zu lassen wie die Pharaonen Ägyptens, sein ganzes Leben lang über den Tod nachzugrübeln und immer nach Möglichkeiten zu suchen, seinen Besitz und seine Stellung in der grauen Ungewissheit zu erhalten.
    Eine Schande. Und doch, dachte Blaine, gründete sich sein Mitleid nicht vielleicht auf einen Mangel an Glauben daran, dass Reillys Handlungen wirkungsvoll waren? Angenommen, man konnte seine Stellung im Jenseits tatsächlich verbessern: Was sollte man auf der Erde denn dann anderes tun, als auf eine solche Möglichkeit hinzuarbeiten?
    Der Gedankengang schien einleuchtend, doch Blaine weigerte sich, daran zu glauben. Das konnte doch

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