Der widerspenstige Ritter (German Edition)
sie sich in der großen Wohnhalle der Burg erst einmal einen Weg durch die Anwesenden bahnen.
Das was Rebekka dabei gleich auffiel war die Abwesenheit von Frauen. Weder hatte sich ein Edelfräulein unter die Männer gemischt, noch saß eine in den breiten Fensternischen und beschäftigte sich mit einer Handarbeit. Dafür gab es ein Rudel Hunde, die sich vor und unter dem Tisch platziert hatten, auf den Aaron zusteuerte. Immer noch schenkte ihnen niemand besondere Aufmerksamkeit. Was vielleicht auch an dem Lärm liegen mochte, den die Männer hier machten.
Jedes Wort, jedes Argument, das einer dem anderen gegenüber äußerte, wurde lautstark kundgetan. Wahrscheinlich, um der eigenen Meinung Nachdruck zu verleihen, vermutete Rebekka. Sie versuchte aufzuschnappen, worüber sich die Männer hier ereiferten, konnte aber keinem der Worte lange genug folgen, um einen Sinn zu erkennen, da Aaron sie am Ellbogen gepackt hatte und durch die Tische zog, die hier einen Teil der Halle einnahmen.
Rebekka war gespannt, welcher dieser Herren wohl Aarons Vater war, dem sie eine potentielle Braut vorspielen sollte. Erste Hinweise auf ihr angestrebtes Ziel zeigten sich schon dadurch, dass sich der Ritter neben ihr mehr und mehr versteifte, je näher sie dem einstufigen Podium kamen, auf der der Burgherr seinen Platz hatte.
Der Mann, der dort oben saß war beeindrucken. Nicht unbedingt wegen seiner Größe oder seiner eleganten Erscheinung, sondern wegen seiner unritterlichen Manieren.
Im Grunde handelte es sich bei Aarons Vater um eine ältere Ausgabe seines Sohnes. Das gleiche schulterlange Haar, nur noch ein wenig heller, da sich bereits graue Strähnen darunter mischten. Ein durchtrainierter muskulöser Körper, und ganz offensichtlich auch eine beeindruckend große Gestalt. Was Rebekka allerdings noch nicht mit Sicherheit sagen konnte, da der Mann gerade beim Essen saß. Der einzige Unterschied zu seinem Sohn bestand darin, dass der Vater einen ziemlich struppigen Bart trug. Und natürlich nicht zu vergessen seine Manieren.
Denn das Stück Fleisch, das er sich gerade in den Mund geschoben hatte, als Aaron mit Rebekka vor ihn trat, wurde nicht der üblichen Behandlung des Kauens unterzogen, sondern einfach mit einem großen Schluck Met hinunter gewürgt. Da dieser große Schluck Flüssigkeit zusammen mit dem Fleischbrocken jedoch nicht genügend Platz im Mund seines Vertilgers fand, landete ein Teil davon in dem ungepflegten Bart. Kein Problem für den Lord, der dieses Malheur mit dem Ärmel seines Hemdes aus der Welt schaffte.
Rebekka störte sich an diesem Schauspiel kein bisschen. Sie war mehr fasziniert davon, wie wenig Gedanken sich dieser Edelmann darüber machte, was eine für ihn unbekannte Lady sich hier denken könnte. Eindruck wollte er mit diesem Verhalten ganz bestimmt nicht machen. Aber vielleicht war dieser Ansatz ihrer Überlegung auch verkehrt. Denn der Herr einer solch weitläufigen Burg, musste bei niemandem versuchen Eindruck zu schinden.
Aaron allerdings schien sich ganz gewaltig an dem Verhalten seines Erzeugers zu stören. Denn das einzige Wort, das er an den Burgherren richtete, klang steif und unterkühlt.
„Vater.“
Rebekka war neugierig, wie diese sparsame Begrüßung aufgenommen wurde. Um auszugleichen, was Aaron an Freundlichkeit fehlte, lächelte sie verbindlich in die Richtung des Lords.
Sie hätte auf diese Geste der Höflichkeit auch verzichten können, da sie hier scheinbar nicht von Bedeutung war. Denn Aarons Vater polterte ohne eine Begrüßung gleich einmal los.
„Du bist zu spät, und du hast Stroh im Haar!“, stellte er beide Tatsachen in einem Atemzug fest. Dann kniff er die Augen zusammen und blickte Rebekka kritisch an.
„Sie hat auch Stroh im Haar!“, machte er eine weitere wichtige Entdeckung, eher er sich von seinem Platz erhob, um den Tisch herum ging, und in dröhnendes Lachen ausbrach. Dann zog er Aaron in eine bärenstarke Umarmung und klopfte ihm nicht gerade zart auf die Schulter.
„Gut gemacht, Sohn!“
Rebekka wusste jetzt nicht so genau, ob sie sich wegen dieser Strohsache peinlich berührt fühlen sollte. Aber da Aaron sie nicht darauf hingewiesen hatte, dass sie nicht so ganz präsentabel war, wollte sie die Verantwortung dafür auch nicht übernehmen. Außerdem wurde sie zu Hause ständig dafür gescholten, nicht ganz so makellos von ihren Streifzügen zurückzukommen, wie sie aufgebrochen war. Darum fühlte sie sich anlässlich dieser berechtigten Rüge
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